Verordnete Identifikation
Identifikation mit der Heimat ist eine komplizierte Sache. Einige mögen sogleich mit dem Kopf schütteln und behaupten, die Liebe zur Heimat sei ganz einfach. Fast jeder wisse doch, wo die eigenen Wurzeln liegen. Mit dem Heimatboden gäbe es stets eine tiefere Verbundenheit. So weit, so klar. Hört die Heimatliebe an der Orts- oder an der Landesgrenze auf? Wie ist das überhaupt mit den Linien und dem Verständnis über regionale Verbundenheit? Politiker möchten Möglichkeiten schaffen, damit Menschen sich tiefer mit ihrer Region identifizieren können. Das „Kaiser-Otto-Fest“ in Magdeburg könnte als eine symbolische Veranstaltung verstanden werden, die einen Bezug zur historischen Bedeutung der Stadt herstellt. Wie man weiß, wurde die geschichtliche Integrationsleistung im Stadtrat programmatisch zusammengestrichen, also das Geld für das Programm. In der Staatskanzlei tritt man nun, ähnlich dem Magdeburger Rathaus-Weg den Rückzug in Raten beim Sachsen-Anhalt-Tag an. Seit 1996 wurde das Landesfest in 21 Städten ausgerichtet. Die Gesamtbesucherzahl mit geschätzten 5.255.000 Gästen angegeben. Statistisch war also jeder Sachsen-Anhalter schon zweimal bei diesem Fest. Künftig soll es jedoch nur noch alle zwei Jahre ausgerichtet werden. Es mangele am Ausrichter-Interesse. „Es werde immer schwieriger, größere Städte als Ausrichter zu gewinnen und kleine Städte hätten es wiederum prinzipiell schwerer, das Landesfest zu stemmen“, erklärte Vize-Regierungssprecher Rainer Metke. Vielleicht ist es auch mit der Identifikation zum Land nicht so weit her? Würde der Stolz auf Sachsen-Anhalt den Menschen aus den Poren quellen, müssten Fragen einer Selbstbefeierung sicher nicht gestellt werden. Möglicherweise erzeugt die Idee, mit einem Wanderzirkus der Regionen durchs Land zu ziehen, keine besondere Verbundenheitseuphorie zu einem Land, dessen Kunstname einst in konstruierte Grenzen gedrückt wurde. Offensichtlich ist Identifikation keine einseitige Angelegenheit, die man mit bunten Musik- und Sportauftritten, mit Mal- oder Bastelstraßen bzw. langen Schlemmermeilen erzeugen könnte. Landauf, landab tief zu graben, um tief in die Geschichte, tief in die Seele von Orten und Menschen eintauchen zu können, darf man die Geschicke für eine Identifikation nicht am Strategietisch einer Regierung abarbeiten. Wenn Feste wie der Sachsen-Anhalt-Tag von oben institutionalisiert werden, wird Begeisterungsmangel zur logischen Folge. Das ist ähnlich, wenn Ratsherren meinen, sie wüssten, wie man Kaiser Otto in die Herzen pflanzt, anstatt Identifikation zu begießen und die Pflanze wachsen zu lassen. Thomas Wischnewski