Unsichere Sicherheit

Wie wenig doch Sicherheit mit Fakten zu tun hat. Die Magdeburger Kriminalstatistik hat 86 Fälle weniger erfasst als ein Jahr zuvor. Diebstähle gingen insgesamt zurück, bei Wohnungseinbrüchen gab es eine Steigerung von 147 auf 155. Auch bei Ladendiebstählen zählte man in der Polizei weniger Delikte, nämlich 2.106 (zuvor 2.509). Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gingen von 234 auf 207 zurück. Eine Zeitung titelt jedoch mit der Überschrift „Anstieg von Sex-Überfällen in Magdeburg“. In der Textdarstellung heißt es dann, es gab 42 überfallartige Vergewaltigungen, also 20 mehr als im Jahr zuvor. Jede Tat ist unentschuldbar und schrecklich. Wie muss man sich nun eine Sexualstraftat vorstellen, die keine überfallartige Vergewaltung war? Heißt dass, Täter hätten sich erst liebevoll angekuschelt und sind später zu weit gegangen? Erfolgte eine unsittliche Berührung einer Frau durch einen Mann mit vorheriger freundlicher Ankündigung? Sind Opfer eines hinterhältigen Überfalls weniger getroffen als solche, die durch einen gewaltsamen Übergriff nach einem Flirt missbraucht wurden? Ich weiß nicht, wie man an dieser Stelle die Verschlimmerung des Schlimmsten herausstellen will? Ein Rückschluss wäre, ein Opfer müsste in dessen Beeinträchtigung mit zweierlei Maß gemessen werden. 207 Sexualdelikte sind 207 zuviel, aber es sind weniger als 234. Zurück zur Sicherheit. Beruhigen uns die statistischen Angaben mit teilweise sinkenden Zahlen? Offensichtlich nicht. Es gibt gar Zeitgenossen, die halten Kriminalstatistiken für geschönt. Natürlich gibt es Tricks und Kniffe, wie man beispielsweise an der Aufklärungsquote drehen kann. Verkehrskontrollen sind ein beliebtes Mittel, um eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu registrieren. Der Vorteil: Der Täter fährt der Polizei gleich mit ins Aufklärungsnetz. Ich empfehle Unterstellern, die meinen, in der Polizei würden Zahlen gefälscht, eine Anzeige gegen Unbekannt im nächsten Revier. Es läge ja Betrug vor oder zumindest eine Täuschung der Öffentlichkeit. Beamte ermitteln übrigens gern gegen höhere Vorgesetzte, sollten dort Fälscher anzutreffen sein. Auch der mögliche Täterkreis wäre wahrscheinlich übersichtlich. Ich glaube, es wird zu oft zu schnell viel behauptet. ein großer Aufschrei schafft keine Sicherheit. Auch wenn bei Facebook eine Polizeimeldung noch so oft geteilt wird, wurde weder die Tat dadurch verhindert oder gar abscheulicher als sie ohnehin ist, noch erführe ein Opfer dadurch irgendeine Genugtuung. Vielleicht spühlt der Frühling endlich wieder mehr Menschen auf Straßen und Plätze. Das würde ein wundervolles Gefühl von Sicherheit vermitteln. Eine tausendfache Verbreitung einer Tatsache oder übertriebenes Lamentieren über Schandtaten schafft das Gegenteil. Thomas Wischnewski

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