Rekorde im Wohlverhalten

„Otto bricht Rekorde“ so lautet das diesjährige Motto der städtischen Ottokampagne. Und manches Superlativ hat die Landeshauptstadt bereits für sich reklamieren können. Da war der Eintrag für die längste Linie an Vogelhäuschen ins Guinessbuch der Rekorde. Der 1. FC Magdeburg startet am 5. August erstmals in der 2. Bundesliga und vermeldete bereits Dauerkartenhöchstverkäufe. Auch in Sachen Bautätigkeit wird derzeit wohl keine deutsche City gemessen am Flächenverhältnis einer Innenstadt weiträumiger umgestaltet. Im Stadtgebiet behindern übrigens gerade elf Vollsperrungen den Verkehrsfluss an wichtigen Straßen (Stand: 23.07.). Das erscheint echt rekordverdächtig. Im Moment sinkt der Elbpegel in Richtung Rekordtief. Am 22.07.1934 wurden an der Messstelle Strombrücke 48 Zentimeter regis-triert. Aktuell sind es 55 Zentimeter. Die Schifffahrt ist eingestellt. Am letzten Juliwochenende wird ein Pegel von nur noch 45 Zentimeter erwartet. Nicht nur das Elbwasser fließt auf Sparflamme, auch die Badeseen Barleber und Neustädter See waren in dieser Saison so oft wie noch nie mit einem Badeverbot belegt. Während sich Blaualgenkulturen eines Rekordwachstums erfreuen, bleiben trotz anhaltender Sommerhitze die Badegäste aus. Keine noch so große Magdeburger Rekordanstrengung holt auch nur einen Tropfen Regen vom Himmel. Zu allem Glück bricht am 27. Juli über uns eine Totalmondfinsternis aus. Das wird mit 103 Minuten übrigens die längste Finsternis des 21. Jahrhunderts sein. Um 22:21 Uhr ist der Höhepunkt erreicht, wenn sich die Erde komplett zwischen Mond und Sonne schiebt. Allerdings wird die Lichtstreuung den Mond nicht ganz verfinstern, sondern als einen roten Ball erscheinen lassen. Deshalb heißt die Finsternis „Blutmond“. Einen Negativrekord fahren derzeit manche Mobilitätskonzeptanbieter ein. Der Fahrradverleiher „Nextbike“ hat im Juli seine Räder aus Magdeburg abgezogen. Zu selten wurden die Zweiräder des Leipziger Anbieters ausgeliehen. Dass sich Mobilitätsfortschritt nicht so einstellt, wie erhofft, damit steht die Ottostadt nicht allein da. Kürzlich scheiterte in Paris der Versuch, Miet-E-Autos als Alternative zum Privat-Pkw anzubieten. Das Aufladen klappte nicht, wenn es nötig war, die Wagen wurden beschädigt und schmutzig hinterlassen oder es stand einfach kein Fahrzeug bereit, wenn man es brauchte. Kollektives Wohlverhalten ist ein prima Wunsch, erfüllt sich aber nicht so einfach wie erwartet. Was das mit Magdeburger Rekorden zu tun hat? Wenn hier der OB ein Hüpfverbot im Stadtion erlässt, halten sich alle dran. Da sind FCM-Fans im Wohlverhalten viel besser als manche Franzosen. Thomas Wischnewski

Zurück