Plattenbau kontra Altbausanierung
Das Jahr 1971: Die Führungspartei der DDR zelebriert ihren VIII. Parteitag. Durch den Beschluss zur „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ will die SED das materielle und kulturelle Lebensniveau in der DDR erhöhen. Damit zieht die Parteispitze Konsequenzen aus den wirtschaftlichen Fehlschlägen der Vergangenheit und will von früheren, überzogenen Plänen Abstand nehmen. Das Fatale: Dieses erklärte Ziel der neuen Wirtschaftspolitik soll „das Glück des Volkes“ sein, es stürzt die Volkswirtschaft der DDR jedoch in den Ruin. Insider sprechen heute vom Beginn des Sterbens der DDR nach dem „richtungsweisenden“ Parteitag.
Als Folge der SED-Parteibeschlüsse steigen die Arbeiterlöhne und Renten, die Arbeitszeit verkürzt sich und als erklärtes Ziel hat der Wohnungsbau Vorrang. Rasant wachsen in Magdeburg Plattenbausiedlungen – Reform, Nord, Neustädter Feld und Neu-Olvenstedt sollen von der Stärke der sozialistischen Idee künden und „billigen Wohnraum für alle“ schaffen. Altbestände an historischen Gründerzeithäusern verkommen oder fallen rigoros der Abrissbirne zum Opfer: der Neubau auf der grünen Wiese hat politisch gewollt Priorität.
Fehlendes Material und unzureichende Bilanzen machten es schwer, vor allem bei den Altbauten den Bestand in Ordnung zu halten. Neubauten mit industriell gefertigten Montageelementen sind schneller zu errichten – die „Hauptaufgabe“ war anders kaum zu lösen. Allerdings ließen die Grundrisse kaum Individualität zu. Wohnungen des „Typ P2“ oder „WBS 70“ (die mit mehr als 40 Prozent meistgebaute Neubau-Wohneinheit) hatten sogar Auswirkungen auf die Möbelindustrie. Hier stellte man sich auf die genormten Wohnungsmaße ein und fertigte „Schrankwände“ und Sitzmöbel in passenden Größen.
Die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) in Magdeburg war zu DDR-Zeiten der größte Vermieter in der Elbestadt. Rund 60.000 Wohnungen betreute das Unternehmen. Nach dem Mauerfall ging daraus die Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg (Wobau) hervor, die sich den neuen Herausforderungen der Zeit stellen musste.
„Vor der Wende wurde der Bestand zentralistisch und dirigistisch verwaltet, oder einfacher: Die KWV hat bestimmt, wer welche Wohnung bekommt. Es war ein reiner Vermietermarkt“, verdeutlicht Wobau-Geschäftsführer Peter Lackner die damalige Situation. „Heute ist daraus glücklicherweise ein Mietermarkt geworden. Interessenten können selbst auswählen, welche Wohnung sie beziehen möchten.“
Der Bestand an Wohnungen ist zukunftssicher
Individueller Wohnraum war in der DDR Mangelware, Plattenbauten prägten allerorten, so auch in Magdeburg, das Bild der Städte. „Die grauen Klötze standen überall. Die soziale Frage des Wohnens sollte durch diese Großbausiedlungen gelöst werden“, erklärt Wobau-Chef Peter Lackner. „Auch heute machen Plattenbauten 70 Prozent unseres Bestandes aus. Diese Tatsache stellt unser Unternehmen vor große Herausforderungen.“ Denn die Individualisierung von Ansprüchen führt zu einer Abkehr von uniformen Wohnmöglichkeiten, wie sie in den Plattensiedlungen an der Tagesordnung waren. „Die Menschen haben heute große Erwartungen an ihre Wohnung, an deren Grundriss, die Lage, die Qualität. Darauf müssen wir mit neuen Wohnkonzepten und hoher Flexibilität reagieren“. Umbau, Sanierung und Modernisierung sind darum an der Tagesordnung für die Wobau. Doch auch der Rückbau durch gezieltes Abreißen ist nötig. Oberstes Anliegen des städtischen Unternehmens ist es, die veränderten Bedürfnisse seiner Kunden zu erkennen und zu reagieren.
Mit mehr als 20.000 Wohn- und Gewerbeobjekten ist die Wobau als Marktführer in Magdeburg und in den meisten Stadtgebieten vertreten. Die Angebote und Leistungen zeichnen sich durch besondere Vielfalt aus: Innerstädtisches Wohnen, Siedlungen und moderne Wohnviertel stehen den Mietinteressenten ebenso zur Verfügung wie Gewerbeobjekte oder Gärten.
„Neben der Umgestaltung der Plattenbauten erweitern wir ständig unser Portfolio. So zählen heute beispielsweise auch Reihenhäuser zu unserem Angebot“, sagt Peter Lackner. In den vergangenen Jahren floss mehr als eine Milliarde Euro als Investitionen in die Wohnungsbestände. Damit verbesserten sich die Wohn- und Lebensverhältnisse für mehr als 50.000 Magdeburgerinnen und Magdeburger. Auch sicherten die bisherigen Investitionen rund 2.000 Arbeitsplätze im Baugewerbe der Region. In 500 Gewerbeeinheiten bietet die Wobau das Ambiente, in dem Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Ideen und Ziele unbeschwert verwirklichen können. „Doch trotz oder gerade wegen unserer großen Vielfalt werden wir eins immer bleiben: Ein sicherer Vermieter mit ansprechendem Wohnraum für jedermann“, so Peter Lackner.