Neue Bauprojekte haben es in Magdeburg schwer

Der von der Jury bevorzugte Entwurf der Magdeburg Steinblock Architekten zur Stadtmarsch-Bebauung.

Neue Bauprojekte haben es in Magdeburg offenbar nicht leicht. Das gemeinsame Vorhaben der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) und der Wohnungsgenossenschaft Magdeburg (MWG), an der Schleusenstraße ein Wohnquartier zu entwickeln, stößt auf manchen Gegenwind. Sogar eine Bürgerinitiative unter dem Namen „Rettet den Stadtpark Rotehorn“ hat sich gegründet. Oberste Verhinderungsargumente begründen sich aus Umweltschutzaspekten. Grünzerstörung, Kohlendioxid, Hochwasserschutz und mögliche Grundwasserabsenkungen werden angeführt. Außerdem schürt man die Angst, dass durch die Bebauung des Areals nur die Tür für weitere neue Gebäude im sich anschließenden eigentlichen Stadtparkgelände aufgestoßen würde.

Ein Blick in die jüngere Magdeburger Entwicklungsgeschichte zeigt eigentlich, dass die Stadt bei negativen Entscheidungen im Stadtrat eher das Nachsehen hatte. Erinnert sei da an die Ansiedlung des Otto-Versandes, der schließlich in Haldensleben für wirtschaftliche Impulse sorgte. Auch der Bau des Hundertwasserhauses am Breiten Weg war zunächst auf reichlich Ablehnung gestoßen. Heute ist es neben dem Dom die meistbesuchte touristische Attraktion der Landeshauptstadt. Die  entstandene architektonische Triologie zwischen Grüner Zitadelle, avantgardistischem Nord-LB-Block und gotischem Dom bildet ein einmaliges Ensemble.

Vision für das Quartier Schleusenstraße.

Dass der einstige  Grün- derzeitcharme durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nicht mehr vorhanden ist, bleibt eine tiefe Wunde in der Magdeburger Seele. Daraus resultiert auch, dass sich viele Fassaden wünschen, die sich an die bauliche Historie anlehnen. In Frankfurt am Main ist mit dem Bau der neuen Altstadt so ein Areal entstanden. Natürlich hätte dem neuen Magdeburger Domviertel ein ähnliches Flair gut zu Gesicht gestanden. Man muss jedoch bedenken, dass in Frankfurt der Preis für eine Wohnungskaltmiete im neuen Altstadt-Quartier zwischen 18 und 22 Euro liegt. Wollte man bei uns so bauen, müsste man ähnliche Mieten verlangen. Gerade, weil vielfach preiswerte Mieten als Trumpfkarte ausgespielt werden, ist es von Vorteil, dass potente Magdeburger Wohnungsunternehmen selbst das Zepter für den Bau neuer Wohnungen in der Hand halten. Im Übrigen tragen zusätzliche Wohnflächen dazu bei, dass Mieten eher stabil bleiben, als dass sie bei Verknappung steigen würden. Langfristig gesehen würde die Stadt einer möglichen künftigen Wohnungsnot vorbeugen. Fehler, die in Berlin, München, Hamburg oder Frankfurt durch zu wenig sozialen Wohnungsbau gemacht wurden, könnten aufgrund eines vielfältigen Angebots bei uns gar nicht erst entstehen.

Weil das Projekt kontrovers diskutiert wird, ist es zunächst in den Bauausschuss des Stadtrates verwiesen worden. Der Ausschuss soll eine Empfehlung für die Entscheidung im Stadtparlament erarbeiten. Bau-  ausschussvorsitzender Mirko Stage von der Fraktion „Bündnis 90/ Die Grünen – future!“ bezieht eher eine Kontra-Position zum Vorhaben. Sicher müssen positive und negative Aspekte für das Projekt besprochen werden. Es ist aber auch eine Magdeburger Erfahrung, dass zähe Auseinandersetzungen später schnell vergessen sind und sich dann Kritik am Fortschritt von Bauvorhaben regt. Aber selbst bei der Termintreue sind Wobau und MWG gegenüber Rathaus-Projekten eher beispielgebend. (tw)

Zurück