Miteinander nicht für alle
Demokratie ist ein großes und weites Wort. Es gilt, sich für sie einzusetzen, um Meinungsvielfalt und -toleranz zu bewahren. Die Geschichte kennt genügend Beispiele, bei der Einheitsmeinungen zu Ausgrenzung, Autokratie und Diktatur führten. Solche hehren Ansätze stecken in der Idee für die „Meile der Demokratie“ auf dem Breiten Weg in Magdeburg. Am 20. Januar 2018 wird zum 10. Mal der Aufruf für Vielfalt und Menschenwürde proklamiert. Doch das Miteinander, das Einstehen für demokratische Grundsätze gilt offenbar nicht für alle. Die AfD will an der kommenden Meile teilnehmen und dies ist manchem ein Dorn im Auge, allen voran dem Verein mit dem schönen Namen „Miteinander e.V.“. „Ziel der vom Bündnis gegen Rechts Magdeburg initiierten ,Meile der Demokratie’ war die Ausweitung der Proteste gegen den jährlichen Naziaufmarsch anlässlich des 16. Januars. Die ,Meile der Demokratie’ war und ist damit eine parteiische Veranstaltung. … Sie versteht sich als politische Kundgebung für eine plurale und offene Gesellschaft.“ So heißt es in einer Erklärung von „Miteinander“. Pluralismus und Offenheit gelten also als Maßstäbe des Vereins, nur eben nicht für alle. Wegen der AfD-Teilnahme sagen die Miteinander-Verantwortlichen das Miteinander ab. Miteinander, aber nicht mit allen, heißt also das Credo. Wofür man eintritt und Zeichen setzt, löst sich auf, wenn andere sich dieselbe Symbolik zu eigen machen wollen. Nun kann man über AfD-Programmatik trefflich streiten und muss keineswegs mit deren politischen Maßstäben übereinkommen. Sich damit auseinanderzusetzen, Fakten und Argumente zusammenzutragen, warum man eine konträre Meinung einnimmt – das wäre ein demokratischer Prozess. Also genau das, was Demokratie im Kern ausmachen sollte. Doch das Mitmachen der AfD und der Versuch, sie von der Meile fernzuhalten, offenbart etwas anderes. Nämlich, dass der Charakter der Meile durch symbolische AfD-Beteiligung selbst nur ein Symbol ist. 1. Mai Demonstrationen zu DDR-Zeiten waren symbolische Floskeln für einen angeblichen Kampf für eine bessere Gesellschaft. Die Nichtteilnahme ein Affront gegen die Politik der Herrschenden. Über das Verständnis von Offenheit und Pluralismus muss in unseren Zeiten miteinander diskutiert werden, auch unter der Reibung gegensätzlicher Meinungen. Das wäre nicht nur ein Zeichen für Demokratie, sondern die Lebendigkeit selbiger. Wenn alle in eine Richtung marschierten, bildete das nicht die Meinungsvielfalt innerhalb einer Gesellschaft ab. Das zu erkennen, bleibt ein echter Miteinander-Prozess. Thomas Wischnewski