Digital ist teuer, Parteien teurer
Demokratie ist nicht billig zu haben. Um das Bürgerrecht auf freie und unabhängige Wahlen zu sichern und zu verteidigen, muss man auch bereit sein, viel Geld in die Hand zu nehmen. Dass den Regierungsparteien die Demokratie wirklich teuer ist, demonstrierten CDU/CSU und SPD jüngst bei einer Bundestagsdebatte zur Änderung der Parteienfinanzierung. Rund 25 Millionen Euro zusätzlich könnten an die Parteien künftig aus dem Füllhorn der Steuerzahler ausgeschüttet werden. Die Koalition will die Obergrenze für staatliche Zuschüsse von derzeit rund 165 auf 190 Millionen Euro anheben. Die Begründung für die Selbstverordnung künftiger Finanzspritzen liegt auch für jeden Bürger auf der Hand. „Durch die Digitalisierung der Kommunikation und die sozialen Medien haben sich eine Vielzahl neuer Foren entwickelt, auf denen die Parteien präsent sein müssen und die hohe Einstiegs- und Betriebsinvestitionen fordern“, so begründete Stefan Harbarth von der CDU die Initiative für frisches Parteiengeld. Unternehmen, vor allem kleine haben keine anzapfbare Quelle, aus der sie zusätzliche Mittel beziehen könnten, um die Herausforderungen der digitalen Welt meistern zu können, in die sie mit großen Losungen wie „die Zukunft ist digital“ von der Politik getrieben werden.
Aber Bürger sind schlauer, als manche Politiker das für möglich halten. Natürlich wissen viele, dass Stimmenverluste bei der Bundestagswahl die Wahlkostenrefinanzierung in einst gekannter Höhe nicht mehr gewährleis-ten. Außerdem schrumpft bei mancher Partei die Anzahl der Mitglieder. Da ist es gut, wenn es Wege gibt, um gegenzusteuern. Und weil das Geld ja für digitale Kommunikation und für soziale Medien gebraucht würde, fließt also ein Teil der Steuerbeträge in die Leitungen der großen US-Internetfirmen wie Google oder Facebook. Dort kann man sich darüber ins Fäustchen lachen, mit welcher Naivität Parteien an die Informationsverbreitung gehen. Gestern schimpften sie noch über russische Trolle bei einer Wahlkampfbeeinflussung. Und glaubten sie wirklich, mit Geld ließe sich das künftig verhindern? Vom Kuchen gewachsener Steuereinnahmen dürfen sich die Koalitionäre ruhig Mal ein größeres Stückchen gönnen. In manchen Köpfen wächst die Wut. Doch die wird sicher bald durch besonnene Kommunikationsspezialisten mit hohlen Phrasen digital abgekühlt. Anders gesagt: Gegen Trolle im Internet helfen Trolle im Internet. In einem muss man dem Regierungsansinnen zustimmen: Sollte die Selbstbedienung durchgewunken werden, wird dies das demokratische Wählerverhalten fördern – nämlich, andere Parteien zu wählen. Thomas Wischnewski