Die haben doch einen Vogel …
Die haben doch einen Vogel, höre ich schon die Unkenrufe mancher Kritiker. Magdeburg will einen Rekord mit über 4.000 Vogelhäusern brechen. Als hätte man nichts besseres zu tun, als eine lange Nistkastenreihe aufzubauen? Na klar, man könnte unheimlich viel tun. Die Frage ist dabei stets, wer hat die Idee und wer setzt sie um. Apropos Idee: Vor dem TV-Gerät sitzen auch jede Menge Nörgler, die sich über das laufende Fernsehprogramm beschweren. „Da läuft doch nur noch Mist“, lautet ein oft strapaziertes Pauschalurteil. Was der eine oder andere Querulant bei seiner Wertung ausblendet, ist die Tatsache, dass Fernsehmacher gar nichts dafür können, dass ein Zuschauer im Moment seines Mäkelns selbst keinen besseren Einfall für die Nutzung seiner Freizeit hat. Am Fernsehapparat gibt es immer noch einen Ausschalter oder sogar einen „Gar-nicht-erst-Einschalter“. Mit Sachen, die einem nicht passen, muss sich niemand beschäftigen. Seine Meinung darf man natürlich trotzdem sagen. Und ich mache das an dieser Stelle damit, dass ich den Mut von Magdeburg anerkenne. Rückblickend hat sich die Stadt oft sehr zurückhaltend verkauft und manch Bewohner pflegte seine Bescheidenheit mit dem typischen Ausspruch: „Da kannste nicht meckern.“ Wer aufgrund seines Lebensalters noch über einen lebendigen Blick auf die 1980er Jahre verfügt, erinnert sich an die zahlreichen Wunden, die grau-schwarzen Fassaden und ein allgegenwärtiges Flickwerk an Häusern und Straßen. Sogar die angeblich heute so schlechte Luft ist im Gegensatz zu damals das reinste Frischluftparadies. Die Landeshauptstadt darf also ruhig mal etwas auftrumpfen. Und gegen den von Moskau gehaltenen Vogelhaus-Rekord anzutreten – das hat doch wirklich was. Möglicherweise horchen da sogar die Herrscher im Kremel auf. Außerdem bauen die Piepmatz-Häuschen auf ein paar schöne wirtschaftliche Kennziffern, mit denen sich die Ottostadt inzwischen schmücken kann. Den Vögeln dieser Stadt kommen die vielen künftigen Behausungen ebenso zugute. Schließlich fehlt es mancher Art wie beispielsweise den Mauerseglern mittlerweile an geeigneten Nistplätzen. Ein weiteres Agument dafür, dass man gern mal einen Vogel bzw. ein Vogelhäuschen haben darf, ist, dass viele Schulkinder die Holzhäuser zusammenbauen und farbig gestalten werden. Mit den eigenen Händen etwas schaffen – darauf kommt es im Leben an. Magdeburg hat in den vergangenen 27 Jahren richtig viel geschafft, mit der Hilfe Tausender Hände. Dafür darf man sogar mehr als einen Vogel haben, um ihn den ewigen Nörglern unter die Nase zu reiben. Thomas Wischnewski