Deutschland im Angstschweiß
Weltuntergangsprophezeiungen gibt es seit Menschen über die Welt nachdenken. Was die Apokalypse auslöst, wandelte sich mit der Zeit. Nur die Angst vorm Untergang ist nicht unterzukriegen.
Der Wittenberger Pfarrer Michael Stifel war ein Mathematikgenie. Seine „Arithmetica integra“ (Nürnberg, 1544) kann als Vorläufer späterer Logarithmentafeln angesehen werden. Seine wissenschaftliche Großtat vollbrachte er aber erst, nachdem er eine traurige Berühmtheit erreicht hatte. Letztere begründet sich in der Berechnung eines Termins für den Weltuntergang. Stifel war ein guter Prediger und großer Denker, aber auch ein Phantast. Als er in seinem Pfarramt in Lochau Zahlenreihen aus der Bibel zusammenstellte und mit Apokalypseprophezeiungen kombinierte, kam er zu dem Ergebnis: Die Welt wird am 19. Oktober 1533, um 8 Uhr, untergehen! In Lochau, dem späteren Annaburg, verkündete Stifel diese Botschaft am Neujahrsabend 1532. Die Prophezeiung verbreitete sich schnell. Martin Luther versuchte, ihm den Unsinn auszureden. Verärgert ging der Prophet wieder zurück nach Lochau und predigte seine Endzeitprognose weiter.
Lochau entwickelte sich zu einem Wallfahrtsort, um sich auf das Jüngste Gericht vorzubereiten. Man arbeitete nur noch für den sofortigen Bedarf. Bettler erhielten von einer Bevölkerung, die für die Zukunft nicht mehr materiell sorgen wollte, reichlich Spenden. „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.“ heißt es ja in Matthäus 19, 24. Also verschenkte man seinen Reichtum und manche zündeten gar ihre Häuser an, um sich von all dem Seelenheil hinderlichen Besitz loszusagen und nur noch Buße zu tun. Die beiden Wirtshäuser des Städtchens waren überfüllt von Menschen, die in der Arbeit keinen Sinn mehr sahen und die Wirte rechneten keine Zeche mehr an. Die Stadt war im Ausnahmezustand. Bis zum 19. Oktober 1533 konnten sich alle Gläubigen mit dem „Rechenbüchlein vom End Christ. Apocalypsis in Apocalypsim“ versorgen und sich so für den Weltuntergang wappnen. Aber trotz des veranlassten Geläuts der Kirchenglocken ereignete sich am 19. Oktober kein Weltuntergang. Stifel war plötzlich nur noch ein Scharlatan. Nur eine Eingreiftruppe des Wittenberger Amtsmannes konnte ihn vor einer Lynchjustiz retten. Wie gut, wenn man in solchen Zeiten einen mächtigen Freund hat! Martin Luther erwirkte, dass der Schaden zumindest teilweise aus der kurfürstlichen Amtskasse gedeckt wurde und er führte Stifel in Holzdorf bei Herzberg schon Ende 1534 wieder in ein Pfarramt ein. Was von ihm blieb, sind seine geniale „Arithmetica integra“ und das Spottlied der Wittenberger Studenten „Stifel muss sterben, ist noch so jung“. Es findet sich in den Kommersbüchern, die bis heute von konservativen Studenten genutzt werden.
Es gibt noch mehr Geschichten, in denen Menschen sich ins Unglück gestürzt haben, weil sie kruden Weissagungen vertraut haben. Traurig ist das Schicksal der südafrikanischen Xhosa, ein Volk, das sowohl von den Engländern als auch von den Buren ausgebeutet wurde. Es formierte sich Widerstand. Im Jahr 1856 begann sich eine Prophezeiung zu verbreiten. In der Auseinandersetzung mit den Weißen würden die Xhosa Verstärkung von ihren Toten bekommen. Diese würden, gewissermaßen als apokalyptische Reiter, dann in den Kampf eintreten, wenn die Xhosa als Vorbedingung alles Vieh schlachten und alle Vorräte vernichten. Die Propheten verlangten also nicht weniger, als dass sich das Volk um seine existenziellen Grundlagen bringt. Es gab auch kritische Stimmen, doch diese wurden nicht gehört. Missionare und Regierungsvertreter versuchten, die Xhosa von ihrem Tun abzubringen, aber nach dem Mehrheitswillen folgte man der Empfehlung der Propheten. Als die Tiere geschlachtet und das Korn vernichtet war, kam das Geisterheer trotzdem nicht! Während des Jahres 1857 sank die Bevölkerung des britischen Teils des Xhosa-Landes auf 35 Prozent. 68.000 Menschen verhungerten. Dabei war das Leben von Tausenden durch Getreidevorräte gerettet worden, die die Regierung hier angelegt hatte. Viele von uns lächeln über solche irrationalen Szenarien. Aber wir haben keinen Grund zur Überheblichkeit. Schaut man sich unser Verhalten an, zeigt sich, dass unsere Art, Demokratie zu leben, von den Xhosa übernommen sein könnte.
Thomas R. Malthus (1766-1834) sagte der Menschheit ein exponentielles Wachstum voraus, woran die Welt zu Grunde gehen würde. Aber heute sterben in den hochentwickelten Ländern mehr Menschen als geboren werden. Schulen müssen schließen, weil die Mindestzahlen von Schülern nicht mehr erreicht werden. In den Entwicklungsländern, insbesondere in den afrikanischen, gibt es tatsächlich ein problematisches Bevölkerungswachstum. Aber allen Erfahrungen nach kommt das dann zum Stehen, wenn ein zumindest bescheidener Wohlstand erreicht werden kann. Zu Malthus‘ Zeiten lebten 94% der Menschen in bitterer Armut! Heute beträgt die Weltbevölkerung ein Zehnfaches, aber weniger als 10 Prozent der Menschen sind bitterarm. Es liegt auch an uns, ob die Armut weiter reduziert wird oder nicht!
In den 1980er Jahren versetzte der Begriff „Waldsterben“ Deutschland in Schrecken. Man beobachtete, dass in den Hochlagen der Mittelgebirge in der Nähe schmutziger Kohlekraftwerke Fichten abstarben. Die Ankündigung des Sterbens all unserer Wälder hatte erhebliche politische Auswirkungen. Die Partei der Grünen wurde damit stark. Es gab einen breiten Konsens dazu, dass man Wissenschaftler, die von diesen Apokalypseprognosen nichts hielten, mit den Holocaustleugnern in einen Topf werfen müsse. Nachdem man eine konsequente Rauchgasentschwefelung durchgesetzt hatte, löste sich das Problem in sauberer Luft auf. Man sieht das bedrohliche Phänomen nicht mehr, aber das Wort „Waldsterben“ hat Einzug in viele Sprachen gehalten, ebenso wie der Begriff „Deutsche Angst“.
Die Horrorvision „Waldsterben“ ist vom „Bienensterben“ abgelöst worden. Um uns zu ängstigen, wird die Botschaft mit einer „stifelschen“ Prognose kombiniert: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben!“ Damit niemand an der Richtigkeit dieser Aussage zweifeln kann, wurde flugs Albert Einstein als Autor erfunden. Wer wollte diesem Genie widersprechen? Aber Einstein war weder töricht genug noch hatte er Anlass so etwas zu sagen. Bienensterben war zu seiner Zeit kein Thema. Die Hauptnahrungsmittel der Menschheit sind Getreide (Reis, Mais, Weizen, Roggen, Hirse usw.), Kartoffeln und Maniok. Das alles sind Kulturen, die keine Insekten benötigen. Es stimmt aber, dass der Rückgang der Insekten in unserer Landschaft ernst genommen werden muss, und dies nicht nur deshalb, weil er zu Ertragseinbußen im Obst-und Gemüseanbau führen kann. Dennoch ist das Bienensterben ein Mythos. Nach Statis-tiken des Deutschen Imkerbundes hat sich die Honigproduktion von 1996 bis 2017 von 14.000 Tonnen auf 27.000 Tonnen fast verdoppelt. Das ginge mit toten Bienen nicht!
Der „Club of Rome“ hat 1972 mit dem Buch „Die Grenzen des Wachstums“. die Mutter aller apokalyptischen Prognosen der Neuzeit veröffentlicht. Die Menschheit mache die Erde unbewohnbar, die weltweiten Bestände von Aluminium, Kupfer, Gold, Blei, Quecksilber, Molybdän, Silber, Zinn, Wolfram und Zink sollten danach vor 2013 erschöpft sein, Öl und Erdgas sogar schon ab 1992. Aber die Prognosen waren spektakulär falsch. Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es richtig, mit den Ressourcen sparsam umzugehen, weil die Vorräte begrenzt sind. Was befremdet ist aber, dass die Schlüsse, die man aus den Prophezeiungen zieht, so absurd sind, wie die Prognosen selbst. Seit der „Club of Rome“ aktiv ist, beschwören viele Politiker, sogenannte „Umweltorganisationen“ und Pastor*innen aus der Gefolgschaft von Katrin Göring-Eckardt den Weltuntergang und geraten in Rage, wenn liberale Politiker Wachstum anstreben. Es geht aber nicht darum, dass unsere Steaks künftig 300 g anstatt 150 g wiegen und dass wir jeden Modetrend auf dem Bekleidungsmarkt bedienen usw. Nein. Qualitatives Wachstum ist, wenn wir die Digitalisierung der Wirtschaft hinbekommen, um damit Produktionsprozesse zu automatisieren und Ressourcen sparsamer zu nutzen. Wachstum ist auch, wenn in Pflegeheimen siebzig Pflegebedürftige im Nachtdienst nicht mehr von einer, sondern von drei Kräften betreut werden. In Afrika wäre segenbringendes Wachstum schon erreicht, wenn die Kleinbauern nicht mehr nur 10 Prozent der möglichen Erträge von ihren Feldern holen, sondern ein Vielfaches, wenn eine Elektrifizierung bis in die kleinste Hütte gelänge, wenn Eltern durch Modernisierung der Landwirtschaft und durch Industrialisierung des Landes so viel Geld verdienen, dass sie ihre Kinder gesund ernähren und sie in die Schulen schicken können anstatt auf die Felder oder in die Kobaltgruben, wo sie die Rohstoffe für den europäischen Traum der Elektromobilisierung erarbeiten müssen. 40.000 Kinder werden so ausgebeutet!
Was den Club of Rome so auf den Holzweg führt, ist, dass er die Kreativität der Menschen geringschätzt. Ein Beispiel mag dies zeigen: In Israel stammen durch Wasserentsalzung mehr als 70 Prozent des Trinkwassers aus dem Meer, mehr als drei Viertel aller Abwässer werden gesäubert und für die Landwirtschaft verwendet. Im Jahr 2015 erhielten Palästinenser im Westjordanland von den Israelis 124 m³ Wasser pro Kopf. Das sind 3 Mal mehr als die von der WHO geforderten 50 bis 100 Liter pro Person und Tag. Das wäre auch in weiten Teilen Afrikas möglich! Die enormen Energiemengen, die man dazu braucht, wären dort durch Solaranlagen zu gewinnen. Hinzu kommt, dass die Afrikaner jetzt mittels Gentechnik Kulturpflanzen züchten, die weniger Wasser benötigen als bisherige. Im Gegensatz zu Europa, wo sich eine übersättigte Bevölkerung mit absurden Risikoprognosen verunsichern lässt, packen es die Afrikaner an! Aus europäischer Sicht gäbe es die Pflicht zu helfen. Das würde auch die Flüchtlingsströme mindern. Eigentlich wäre das Geld für Hilfe vorhanden, aber Weltuntergangsszenarien veranlassen uns, dieses anders auszugeben, z. B. für die „Energiewende“.
Nach den Berechnungen des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomik werden die Kosten bis zum Jahr 2025 allein im Strombereich über 520 Milliarden Euro betragen. Aufgekommen ist die Idee zur Energiewende durch den Klimawandel. Als Ursache gelten die „Treibhausgase“, an erster Stelle Kohlendioxid. Da CO2 bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht, sei der Klimawandel menschengemacht. Die Mehrheit der Wissenschaftler und der Politiker vertritt diese These. Forscher, die darauf hinweisen, dass die CO2-Anstiege den Temperaturanstiegen stets nachgefolgt sind, werden als Klimaketzer bezeichnet. Ebenso werden solche, die den Zusammenhang zwischen CO2 und Temperaturanstieg mit den Gesetzen der Thermodynamik nicht in Einklang bringen können, mit den Holocaustleugnern gleichgesetzt. Das hatten wir auch schon beim Thema Waldsterben! Der Hinweis, dass die gegenwärtig stattfindende Änderungen des Erdmagnetfeldes den Einfall der kosmischen Strahlung und somit die klimawirksame Wolkenbildung beeinflusst, mag man nicht hören. Als Laie kann man eh nicht wissen, was richtig und was falsch ist. Um nicht anzuecken, schließt man sich der Mehrheitsmeinung an. Allerdings ist auch klar, dass sich wissenschaftliche Wahrheiten nicht unbedingt an Mehrheitsvoten ablesen lassen. Befremdlich ist, dass eine ergebnisoffene Diskussion verhindert wird, aber Ergebnisoffenheit ist das Kriterium, das Wissenschaftlichkeit von Ideologie unterscheidet. Abseits von den Erkenntnissen und Vermutungen ist erkennbar, dass nur Deutschland und die durch uns angetriebene EU angesichts der angekündigten Klimaapokalypse in einer Weise reagieren, wie es sonst nirgends in der Welt geschieht. Da wurden Glühbirnen hastig verboten und Leistungsbegrenzungen für Haushaltsgeräte verordnet! Obwohl die Entwicklung von effektiven LEDs schon auf gutem Wege war, musste die Industrie umweltschädliche Quecksilberdampflampen entwickeln! Im U.K. waren das die Tropfen in ein Fass der EU- Verdrossenheit, die dieses zum Überlaufen brachte und den Brexit ermöglichte. Für Treibstoffe unserer Autos wird völlig kontraproduktiv Erdöl durch Ethanol und Palmöl substituiert, für deren Produktion man wertvolles Getreide verbraucht bzw. Regenwälder abfackelt. 28.000 Windenergieanlagen versorgen Deutschland mit Strom, der aber häufig gerade dann fließt, wenn er nicht gebraucht wird. Eine Milliarde € musste man 2017 aufwenden, um den „Zappelstrom“ zu bändigen und den Zusammenbruch des Stromnetzes zu verhindern. Das wird 2018 mehr werden, denn nun hat man auch noch das AKW in Gundremmingen abgeschaltet! 250.000 tote Fledermäuse und 100.000 Vögel werden jährlich unter den Windrädern gefunden, aber seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass man maximal 10 Prozent der verendeten Tiere sieht.
Der Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger ist angesichts der Begrenztheit der Ressourcen unumgänglich. Andere Länder bewerkstelligen die „Dekarbonisierung“ durch den Ausbau der Atomkraft. In Kanada baut man jetzt das erste Flüssigsalz-AKW. Deren Reaktoren würden im Havariefall einfach nur erkalten und vorübergehend keinen Strom mehr liefern, aber keinen Schaden anrichten. Setzte in Deutschland jemand den Bau neuartiger AKWs auf die Tagesordnung, verfielen die meisten Abgeordneten in unseren Parlamenten in Schnappatmung. Bei uns schaltet man auch moderne AKWs ab. Man könnte an eine Reinkarnation der Xhosa glauben, also jenes Stammes der seine Lebensgrundlagen zerstörte, um Weissagungen zu folgen. Aber vielleicht bedarf die Erklärung dessen, was gerade passiert, gar keiner Esoterik. Näherliegend ist es, zu erkennen, dass die Achtundsechziger und deren Jünger den angekündigten langen Marsch durch die Institutionen (Rudi Dutschke, 1967) geschafft haben und nun Schlüsselpositionen der Macht besetzt haben, um die Gesellschaft nach ihren Prophezeiungen zu gestalten. Prof. Dr. Reinhard Szibor.