Der Traum vom Klimaschutz

Der Wissenschaft geht es um Sachverhalte und Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft, der Technik um funktionierende Konstrukte, der Kunst um Kunst und der Politik – um Wählerstimmen. Letzteres klingt zynisch, doch muss jeder diesen Eindruck haben, wer zuhört oder liest, was da von den Politikern ständig so abgesondert wird. Die Probleme im Lande wie auch die außenpolitischen nehmen zu, sie scheinen kaum noch lösbar zu sein. Um sie der Öffentlichkeit, namentlich dem Wahlvolk, gegenüber zu kaschieren, wurde ein massentaugliches Scheinproblem installiert: die durch menschgemachtes CO2 drohende Klimakatastrophe. Zur Scheinbewältigung des Scheinproblems setzt man auf ein Zaubermittel, sein Name: „Klimaschutz“. Weltweit findet die These „menschgemachte Klimakatastrophe“ Anwendung. Nicht nur, dass sie trefflich von den eigentlichen Problemen abzulenken vermag, nein – und das ist das Schlimme – sie schafft massenweise neue. Um von der Wissenschaftlichkeit der These zu überzeugen, fanden sich in aller Welt leitende Klima-Wissenschaftler bereit, und diese haben dann die ihnen Unterstellten überzeugt. In diesem Fall sind es die Forschungsmittel, mit denen gezaubert wird.

Zaubermittel „Klimaschutz“

Nach der Wahlschlappe der bislang dominierenden Parteien nun der Katzenjammer: Hätten wir uns doch noch entschiedener auf Klimakatastrophe und Klimaschutz eingelassen! Die Grünen haben das gemacht und für das Zaubermittel sagenhafte Verkaufszahlen erzielt. Wie beim Roulette geht es zu, nachdem die Kugel gerollt ist: Nicht auf dieses Feld hätte man setzen sollen und auch nicht auf jenes, sondern auf das links oben. Ohne rot zu werden, dafür eher grün, lassen unsere Politiker durchschimmern, dass es ihnen eigentlich gar nicht um die Klimafragen geht, sondern um das mit ihnen verbundene taktische Kalkül. Selbst die AfD wiegt vorsichtig ihre Häupter, ob man der Sache mit dem menschgemachten Klimawandel besser nicht ganz so schroff gegenüberstehen sollte – wenngleich und überhaupt. Allemal jetzt, nach den EU-Wahlen, da die Grünen noch weitere Landgewinne verbuchen.

Künftige Zeitgeschichtler werden noch lange über das Konstrukt „Klimapolitik und Klimaschutz“ nachzudenken haben. Vor allem darüber, wie es überhaupt gelingen konnte, gleichsam mit nichts in der Hand eine solche politische Wucht zu entfachen. In der Mainstream-Öffentlichkeit werden Sachdebatten zu Klimafragen ängstlich vermieden. Denn zu befürchten ist, dass die Wissenschaft Argumente beibringt, wonach sich die Klima-Bedenken als irrelevant erweisen. Nicht wenige Klimatologen bezeichnen sie ohnehin als ausgemachten Blödsinn, vornan den Klimaschutz. Würden sie sich mit ihren Ansichten durchsetzen, wandelte sich die vermeintliche Klimakatastrophe zu einer handfesten politischen Katastrophe.

Wie auch immer, es ist eine staatsbürgerliche Pflicht, solcherart Bedenken sorgfältig zu prüfen. Allzumal dann, wenn es ein Irrtum von größter politischer und ökonomischer Tragweite wäre. Die Milliarden-, ja Billionen-Euro-Frage nun: Wie lässt sich die Forderung nach einer wissenschaftsbasierten Diskussion durchsetzen, wie sich das Zaubermittel „Klimaschutz“ entzaubert?

Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und spiele mein Lieblingsspiel: Privatdemokrat mit unbegrenzten Vollmachten. Die Angelegenheit muss vor den Bundestag, entscheide ich. Vor meinen Augen nimmt das Parlament die Gestalt an, wie ich es von der Tagesschau her kenne. Die Abgeordneten, sofern überhaupt anwesend, lehnen entspannt in ihren Sitzen. Die meisten blicken stumpf vor sich hin oder in sich hinein, manche tippen auf ihren Handys herum. Dasselbe auf der Regierungsbank. Ganz anders als im Parlament der Briten also. Eine Politikerin steht am Pult, nimmt einen Schluck Wasser und fährt fort: „Wir alle, nicht wahr, und keiner von unseren Menschen da draußen, wir alle müssen, ja wir wollen …“ – dröhnende Langeweile.

Das Szenario entwickelt sich zu einem Tagtraum. Nicht viele Menschen haben das Talent für Tag- oder Wachträume. So etwas lässt sich auch trainieren.  Typisch für Tagträume ist, dass man weiß, dass man träumt. Die Inhalte lassen sich sogar steuern. Plötzlich, mich selbst überrascht es, hämmert der Bundestagspräsident eins, zwei, drei auf eine Metallplatte. Schäuble ist es nicht, nein, irgendein anderer.

„Genug geschwätzt!“, verkündet der Präsident mit schneidender Stimme. „Ab heute keine Behauptungen mehr ohne überzeugende Belege. Diskussionen bitte nur noch in der Sache, hohle Polemiken haben unser Land an den Rand der Existenzfähigkeit gebracht, sie sind in diesem Hohen Hause nicht länger zugelassen. Nicht um links geht es, nicht um rechts oder um die Mitte, nur noch um klug oder dumm!“

Diese Idee schreckt mich auf. Voll wach wieder, sage ich mir, da muss etwas geschehen! Angefangen dort, wo ich gerade gewesen bin: im Bundestag. Ich denke mir aus, regelmäßige Examina einzuführen, um die fachliche Kompetenz der Abgeordneten zu trainieren.  Fahrlässige oder gar willentliche Missachtung entscheidungswichtiger Fakten muss zum Straftatbestand werden. Politiker mit Fach- und Hochschulabschlüssen sind anhand ihrer Graduierungsarbeiten auf Kreativität und Authentizität zu überprüfen.

Nicht links, nicht rechts  – nur klug oder dumm

Wieder dämmere ich vor mich hin und in diesem Zustand ordne ich an, „Klimaschutz“ wird zu einem ersten Exempel gemacht. Als Berater sind Wissenschaftler einzuladen, die einen heiligen Eid auf Unabhängigkeit schwören müssen. Nichts anderem dürfen sie verpflichtet sein als ihrer Wissenschaft und der Wahrheit. Damit die Abgeordneten diese Experten überhaupt verstehen können, heißt es, Lehrbücher über Physik und physikalische Chemie zu wälzen und natürlich auch über Klimatologie und Meteorologie. Ebenso zur Statistik. Hernach ab ins Examen!

Vor meinem halbwachen Auge sehe ich mich selbst in der Prüfung, schwitzend. Dann wendet sich das Blatt, ich bin der Prüfer, und die Prüflinge sind es, die schwitzen. Kurzer Anflug von Mitgefühl. Das aber verfliegt, wenn ich an die Verantwortung denke, die die Politiker bei einem sehr, sehr guten Salär für ihr Volk zu tragen haben. Wie seinerzeit bei den Prüfungen von Medizinstudenten in Anbetracht ihrer künftigen Verantwortung als gut verdienende Ärztinnen und Ärzte.

Hellwach wieder, überlege ich, wie denn das Match der Experten auszusehen hat. Sie sollen sich – was sonst? – vor den Augen und Ohren der Abgeordneten Pros und Contras an den Kopf knallen. Unterstützt durch Abbildungen per PowerPoint. Am Ende haben die Abgeordneten darüber hart, aber sachlich zu debattieren, um schließlich, bitteschön, daraus ihre Politik zu machen. In geheimer Abstimmung. Fraktionszwang ist, weil undemokratisch, ein für alle Mal aus.

Was mir zu möglichen Themen einfällt, notiere ich stichwortartig auf einen Zettel: Temperaturdaten der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte; Fehleranfälligkeit von Temperaturmessung; Beliebigkeiten von Klimamodellen; Temperaturkurven Erdoberfläche, Meer, Stratosphäre; CO2 – wieviel vom Menschen gemacht, wieviel von Deutschland; Anstieg CO2 – Folge oder Ursache einer Temperaturerhöhung; Infrarot-Absorptionsspektrum von CO2 und Sättigungsverhalten; Wasserdampf/Wolken und andere Klimafaktoren.

Zunehmend steigen in mir Zweifel auf, ob sich überhaupt Klima-Wissenschaftler finden lassen, die unabhängig und trotzdem bereit sind, die offizielle Klimapolitik zu vertreten. Ich notiere weiter: Körpereigene Stickoxidproduktion durch Stickoxidsynthasen und politisch vorgegebene Grenzwerte; Zustandekommen von Grenzwerten; Sonnenaktivität und Temperaturentwicklung auf der Erde und den Planeten; Polkappenverhalten auf dem Mars; Gletscher-Geschichte, Grönland/Grünland; Obamas 97-Prozent-Fake (aus einer Umfrage unter Klimatologen wurden im Wesentlichen solche herausgepickt, die der These „menschgemachter Klimawandel“ entsprachen); Schule, Hochschule und Ideologie.

Wieder stocke ich beim Schreiben. Zu befürchten ist, dass die Wirkung rationaler Argumente grundsätzlich gegen Null tendiert. Zumal bei naturwissenschaftlichen Sachverhalten. Die Abgeordneten sind damit völlig überfordert und pflegen stattdessen wie bisher einfach ihre politischen Argumentationsblasen. Wie dem begegnen? Jetzt komme ich nur noch stockend voran, der Schwung ist raus: Klimabezogene Trendrechnungen; „Klimaziele“; Vorteile/ Nachteile einer Erderwärmung/-abkühlung; Plattentektonik und lokale Meeresspiegelanstiege; Extremwetterlagen gestern und heute; Ökologie und Ökonomie regenerierbarer „Energien“ (gemeint sind Energiequellen!); Monokulturen von Energiepflanzen; Machbarkeit/Verantwortbarkeit Kohle- und Kernkraftausstieg, zumal bei gesteigerter E-Mobilität; Energiepreise und Wettbewerbsschäden …

Was, wenn die Abgeordneten einfach streiken? Dann das Parlament auflösen und Neuwahlen anordnen? Was ändert das? Schon wollte ich aufgeben, da sehe ich, in meinen Traum zurückfindend, dass der Diskurs der Wissenschaftler voll im Gange ist. Noch besser: Bei den Abgeordneten sind keinerlei Anzeichen von Langeweile zu entdecken, im Gegenteil, hochrote Gesichter oder auffallend blasse. In ihnen spiegeln sich Wut, Zweifel und Verzweiflung. Eifrigst werden Notizen gemacht. Andere blicken sich ratsuchend um. Lustvoll drehe ich in meinem Tagtraum noch ein bisschen weiter am Rad des Geschehens. Geschrei jetzt, Tumult in den Bänken. Ein Notarztteam trifft ein. Alles redet durcheinander, immer wieder der Ruf „Klimaschutz“. Überall jetzt. Die Rufe verschmelzen zu einer einheitlichen Blase. Diese bläht sich, wird größer und größer. Im Inneren entstehen Schlieren, grüne, rote und gelbe. Dazu jetzt ein schwärzlicher Rauch. Und dann:

P E N G !

Die Klimaschutzblase ist geplatzt. „Die Folgen für die Parteien-, Medien- und Bildungslandschaft sind bis auf Weiteres nicht absehbar“, höre ich die Nachrichtensprecherin sagen. Immenser Mitgliederschwund bei den großen Parteien, heißt es. Um Klimaschutz-Hysterie geht es dann und darum, dass Deutschland, wenn es nicht endlich zur Sachlichkeit findet, in den Selbstmord treibe. Ich wache auf. Nur ein Traum war es. Wieso eigentlich? Gerald Wolf

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