Der Ärger des Herrn Reuter
Wie sich die Bilder doch gleichen: Vor drei Jahren stand Stefan Reuter, deutscher Fußball-Weltmeister 1990 und inzwischen der starke Mann beim Bundesligisten FC Augsburg, in den Katakomben der MDCC-Arena und verstand die Welt nicht mehr. Gerade hatte sein Klub im DFB-Pokal beim Underdog FCM eine peinliche 0:1-Schlappe erlitten. Raus ohne Applaus. Und das bei einem Ost-Klub, der sich in den Niederungen der vierten Amateur-Liga quälte. Fast auf den Tag genau drei Jahre später nun stand jener Stefan Reuter am Sonntagabend wieder unten in der Mixed-Zone des Magdeburger Stadions. Wieder im dunkelblauen Sakko. Mit erstarrter Miene und fast geflüsterten, dürren Worten versuchte er zu ergründen, warum der Erstligist erneut an diesem FCM gescheitert war – nun sogar mit 0:2. Ein Resultat, das den Elite-Ligisten nicht nur Renommee, sondern auch eine Stange Geld kostet. „Ausgerechnet wieder in Magdeburg. Ärgerlich, ärgerlich“, mehr wollte Reuter nicht sagen, bevor er in die Kabine schritt, um seinen mit Millionen bezahlten Profis die Leviten zu lesen. Was die „verzückten“ 22.000 Zuschauer, wie die „FAZ“ notierte, zuvor zu sehen bekommen hatten – ja, das war er wieder, jener einst gefürchtete Magdeburger Pokalgeist. Der die Blau-Weißen zu DDR-Zeiten zu sieben nationalen Erfolgen und zum Europacup geführt hatte. Zum ers-ten Mal wieder stimmten die Fans übermütig jenes symbolische Lied an, das in Sachsen-Anhalt seit Urzeiten nicht mehr zu hören war: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“ Die Fans, die heute eine einmalige, inzwischen deutschlandweit bewunderte Atmosphäre in die Arena zaubern, schwebten auf Wolke sieben. „Der Spiegel“ sprach von „der nächsten Sensation“ des FCM. An den Bierständen rund um die Arena wurde bis in die Nacht in Erinnerungen geschwelgt. Immer wieder gingen die Gedanken zurück an jene bitterkalte Nacht des 1. November 2000, als die großen Bayern nach Elfmeterschießen mit 5:3 rausgeworfen worden waren. Die Freude könnte grenzenlos sein, wären da nicht wieder die Taten einiger unverbesserlicher Krawallos. Sie hatten den Gästebus mit Schmähaufrufen versehen wie „Wessis jagen!“ und „Ganz Deutschland steht in deinem Schatten FCM“. Mal abgesehen vom fehlenden Komma hinter dem Wort Schatten, die Schmierereien und die blau-weiße Pyro-Show im Stadion werden dem FCM, zumal als Wiederholungstäter eingestuft, bitter aufstoßen. Darüber vermögen (leider) selbst die 310.000 Euro nicht hinwegtäuschen, die dem Klub fürs Erreichen der zweiten Pokalrunde überwiesen werden. Rudi Bartlitz