Dann wird durchregiert
Man lernt in der Tat nie aus im Leben. Der Fraktionsvorsitzende der AfD, André Poggenburg stellte sich am 3. Februar ans Rednerpult im Landtag und sagte: „Linksextreme Lumpen sollen und müssen von deutschen Hochschulen verbannt und statt einem Studiumsplatz lieber praktischer Arbeit zugeführt werden.“ Originaltext Poggenburg weiter: „Nehmen Sie diese linksextreme Bedrohung ernst und beteiligen Sie sich an allen möglichen Maßnahmen, um diese Wucherungen am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden.“ Die Grammatik von „einem Studiumsplatz“ ist kein hilfreicher Lehrinhalt. Doch was lerne ich wirklich? 1. Links ist gleichzusetzen mit faul oder arbeitsscheu. Abgeleitet davon müsste man 2. bei Rechten das Gegenteil vermuten. Über diese Sicht könnte man noch lachen, wenn dahinter keine ernstzunehmende Überzeugung steckte. Es geht also nicht nur um Zuwanderungskritik, sondern um eine Unterscheidung von besseren und schlechteren Deutschen (Wucherungen). Selbst ein biologisch definierter „Volkskörper“ reichte nicht mehr aus, um selbigem anzugehören. Bei Wucherungen kommt also der Gärtner Poggenburg und schneidet solche im Volksgarten ab. Man muss jedoch aufmerksamer auf das Nichtgesagte in seinen Sätzen schauen. „…beteiligen Sie sich an allen möglichen Maßnahmen…“ Welche sind alle möglichen? Herr Poggenburg hat da sicher schon einen Plan in der Tasche. Diese Leute sollten „zugeführt werden“. Zuführung ist ein polizei-rechtlicher Begriff, unter dem man die Überstellung einer Person durch die Polizei an die Staatsanwaltschaft versteht. Das Vokabular eines André Poggenburgs ist kein Zufall. Er nutzt dieselbe Methode, wie sie im Genderforschungsverständnis vorherrscht. Begriffe bestimmen das Verständnis von Rollenbildern. Seine Begriffe initieren neue Feindbilder. Über konkrete Maßnahmen kann man später reden und wie man weiß, verschärfen sich solche mit der Zeit. Als die Aufregung über die Dresdner Höcke-Rede groß war, empörte sich alles über das „Denkmal der Schande“, aber nicht über den Ausspruch, dass die AfD „Bewegungspartei“ bleiben solle, bis sie 51 Prozent hat. Nicht in den kurzfristigen Losungen steckt die Gefahr, sondern in der langfristigen Strategie. Es geht um die absolute Macht, um die Deutungshoheit in der Gesellschaft und damit um die Vorschreibung, was besser sei oder zum „Volkskörper“ gehörte. Bei 51 Prozent müsste nichts mit niemandem ausgehandelt werden. Dann wird durchregiert. Wenn einige Wenige wissen wollen, was angeblich vielen gut täte, muss man sich mit Grausen abwenden. Aber das wusste ich bereits. Thomas Wischnewski