Auf Augenhöhe mit bedeutenden Amtskollegen
Über Dr. Wilhelm Poltes Amtszeit als Magdeburger Oberbürgermeister von 1990 bis 2001 ist bereits eine Generation junger Menschen gewachsen, die dessen Wirken nur noch aus Geschichten kennen. Und sein Nachfolger, Dr. Lutz Trümper, überstrahlt mit fast 17 Jahren als Stadtoberhaupt Poltes Zeit maßgeblich. Am 11. Januar begeht Willi Polte seinen 80. Geburtstag (geb. 11. Januar 1938 in Niegripp). Am Tag danach gibt es ihm zu Ehren im Rathaus einen Festempfang. Menschen an der politischen und Verwaltungsspitze der Landeshauptstadt hinterlassen tiefere Spuren in der öffentlichen Wahrnehmung als der gemeine Bürger. Schließlich sind sie mit jeder wichtigen Entscheidung verknüpft und irgendwie für alles mitverantwortlich. So ist der Ausgangspunkt Magdeburgs zur Deutschen Einheit eng mit dem Namen Poltes verbunden. Unter seiner Ägide wurden Weichen gestellt, z. B. solche für Bebauungspläne, Sanierungsvorhaben und eigentlich jedes Vorhaben, das seither mit einem Wandel des Stadtbildes zu tun hatte.
Doch die damalige Aufbruchsstimmung zeigte auch manche Schattenseite: Eine zentralistische Verwaltung wurde niedergerissen und hin zu einer kommunalen Selbstverwaltung verändert. Überall musste Willi Polte hineinwirken und ebenso seinen Kopf hinhalten. Manche schmerzliche Entscheidung, weil sie mit Entlassungen oder Schließungen verbunden war, haben ihn ähnlich bewegt wie Betroffene. Man muss schon von einer außergewöhnlichen Energie getragen sein, um zahlreiche Vorwürfe und massive Kritik einstecken und gleichsam andere für Visionen und Ideen begeistern zu können. Willi Polte konnte das. Eine gesunde Ungeduld mag zu seiner Wesensart gehören. Mit ihr ließ er an vielen Stellen nicht locker, drängte Mitarbeiter in der Verwaltung zur Eile und ehrenamtliche Stadträte zu maßgeblichen Abstimmungen. Sicher bauten viele Entwicklungen auf ein Mitwirken kompetenter Berater und engagierter Wegbegleiter im Verwaltungs- und kommunal-politischen Umfeld. Sein und Werden einer Stadt ist nie von einem Menschen abhängig.
Dennoch erscheint Willi Polte aus der Nachbetrachtung heraus wie der rechte Mann zur rechten Zeit. Sein unermüdliches Werben für ein Anpacken und für den Mut zum Umbau können als wichtiger Treibriemen im damaligen Magdeburger Räderwerk gesehen werden. Ob die Buga 1999 und die damit verbundene Sanierung der kontaminierten Militärflächen am Herrenkrug ohne ihn denkbar gewesen wäre? Wäre es nach Polte gegangen, würde die Otto-Dependance heute nicht in Haldensleben stehen, sondern in Magdeburg. Die Mehrheit im Stadtrat wollte es damals anders.
Magdeburg ist im 28. Jahr zur Deutschen Einheit eine andere Stadt als vor 1990. Dr. Willi Polte hat dafür manchen Grundstein gelegt. Das ist weniger wörtlich zu nehmen als es geschrieben steht – obwohl ihm in den 1990er Jahren oft das Etikett „Party-Willi“ anhaftete, weil eben so viel Neues entstand und er als Oberbürgermeister jedem Anfang seinen Respekt zollte. Worin er wirklich einzigartig ist, das ist seine Fähigkeit für Magdeburg emotional zu brennen. Noch heute führt er Besucher als Stadtführer zu sehenswerten und denkwürdigen Orten, erklärt historische Wurzeln und versetzt die Gäste ins Staunen.
So wie sich Otto von Guericke als Wissenschaftler einen Namen machte oder August Wilhelm Francke 1823 die bis heute bestehende Stadtsparkasse Magdeburg gründete und die Gestaltung von Parkanlagen durch Peter Joseph Lenné initiierte, wird Willi Polte seinen Namen für einen gestalterischen Neuanfang der Stadt ins Geschichtsbuch einschreiben. Diesbezüglich kann man sein Wirken als ebenbürtig mit seinen großen Amtsvorgängern sehen. Zum 80. Geburtstag sei ihm Gesundheit und weiterhin jede Menge Enthusiasmus gewünscht. Thomas Wischnewski