Auf Abschwung eingestellt

Sie fehlen noch immer an allen Enden: Die Lehrer in den Schulen. Mittlerweile wird die Lage in Sachsen-Anhalt seit Jahren diskutiert. Bildungsminister Marco Tullner von der CDU holt sich regelmäßig Watschen seiner politischen Gegner ab, dass er nicht ausreichend für pädagogischen Nachwuchs sorgen würde. Nun ist er am 25. April 2016 als zuständiger Minister ins Haseloff-Kabinett berufen worden. Die Zeit reicht bei Weitem nicht, um im Backofen ausreichend Lehrkräfte zu erzeugen. Der Mangel hat weiter zurückreichende Tradition. Und die hat wohl eher damit zu tun, dass die Weichen in Sachsen-Anhalt schon vor zehn Jahren vorrangig in Richtung Abschwung als für einen Aufschwung gestellt wurden. Wichtige Entwicklungsdaten, allen voran die Demografie, sagten einen dynamischen Bevölkerungsrückgang voraus. In deren Folge wurden Schulen geschlossen, Standorte zusammengelegt, Wege verlängert und eben Nachwuchsförderung minimiert. Zwar gibt es das Finanzierungsprogramm Stark mit dreistelligen Millionenbeträgen, um bestehende Bildungseinrichtungen auf einen modernen Stand zu bringen, aber für Neubauten stellen Landtag und Landesregierung aktuell keine Fördermittel zur Verfügung. Das trifft insbesondere die kreisfreien Städte im Land. Und so klagte kürzlich Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper, dass die Geburtenraten seit einigen Jahren erfreulich stiegen, aber die Klassenzimmer, die dereinst gebraucht würden, noch nicht zur Verfügung stünden. Auf Landesebene, so sein Eindruck, sei alles auf Abschwung eingestellt. Anstatt sich mit Fragen für künftige Bildungsgrundlagen zu beschäftigen, bleiben zu oft  Schelte und Gegenschelte im Parteienstreit in der Öffentlichkeit hängen. Folgt man dem nicht nachlassenden Wehklagen über einen Fachkräftemangel, der aus allen Bereichen tönt, verwundert es manchmal, dass überhaupt noch irgendwo gearbeitet werden kann. Doch selbst dieser Trend ist nicht vom Himmel gefallen. Indes wird das Regelzaumzeug mit  neuen Gesetzen angezogen. Datenschutz, Arbeitszeiten, Gleichstellung, Nachweisbefähigungen, Genehmigungen schaffen die normative Kraft des Faktischen, in dem sich eine Gesellschaft selbst fesselt. Oder sich ein Land eben ab- statt aufschwingt. Dabei gäbe es viele Chancen für noch mehr positive Entwicklung. Nach dem die Polizei geschrumpft wurde, wird sie seit zwei Jahren wegen des Sicherheitsgefühls der Bürger wieder aufgerüstet, trotz sinkender Kriminalität. Die Anzahl künftiger Schüler ist aber kein Gefühl, sondern Tatsache. Politik ist jedoch keine Gefühlssache, eher sachliches Steuern von vorliegenden Gegebenheiten. Und die zeigen nicht auf Abschwung. Thomas Wischnewski

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