Von Fußball bis Tauziehen

In Deutschland messen fast 1.500 Vereine in 81 Sportarten in Bundesligen ihre Kräfte.

Der Spätsommer ist alljährlich jene Zeit, in der die im Sport so beliebten Bundesligen in eine neue Saison starten und so Woche für Woche wieder in den Blickpunkt der Fans rücken. In Magdeburg und Umgebung sind es, das liegt nahe, besonders die höchsten Spielklassen im Fußball und Handball. Was die meisten nicht wissen: In sage und schreibe 81 Sportarten wird in Deutschland auf höchstem nationalen Niveau um Punkte, Zeiten oder Noten gekämpft. Daran beteiligen sich, wie aus einer jetzt in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ veröffentlichten Statistik hervorgeht, fast 1.500 Mannschaften.

Zu Hause sind sie in Großstädten ebenso wie auf dem flachen Land. Die Ligen reichen vom unbestrittenen Nationalsport Nummer eins, dem Fußball, bis hin zu Segelfliegen und dem Brettspiel Go. Vielfältiger geht es fast nicht mehr. Da sage noch einer, das Sportland Deutschland trockne aus, befinde sich auf dem Rückzug! Anderen Übersichten zufolge werden im Land von Turnvater Jahn sogar etwa 200 Sportarten ausgeübt. Wobei das Wort Sportarten dabei nicht zu wörtlich genommen werden sollte, werden darunter doch auch so obskure Bewegungsabläufe wie beim „Extrembügeln“ oder „Gummistiefel-Weitwurf“ subsummiert.

Zurück zu den Ligen. Von Glücks­burg im hohen Nor­den bis Lin­dau am Bodensee, von Aa­chen im Wes­ten bis Gör­litz im Os­ten sind in ihnen laut „FAZ“ Orte in den unterschiedlichen Klassen vertreten. In sie­ben Fäl­len geht es sogar über die Bun­des­gren­zen hin­aus, dort bilden deutsche Klubs Spielgemeinschaften mit Vertretungen aus Nachbarländern wie Österreich, Schweiz oder Belgien. Sogar Liechtenstein gehört dazu. So ver­schie­den die Sport­ar­ten, so un­ter­schied­lich auch das Sys­tem ih­rer Bun­des­li­gen. Wäh­rend die ers­te Spiel­klas­se im Roll­schuh­sport Rol­ler Der­by nur in den Groß­städ­ten des Lan­des auf­tritt, be­schränkt sich die Tau­zieh-Bun­des­li­ga fast aus­schließ­lich auf Dör­fer in Ba­den-Würt­tem­berg. Im Un­ter­was­ser­ho­ckey bil­den sechs Teams aus fünf Ver­ei­nen die Bun­des­li­ga und im Se­gel­flie­gen wer­den nicht ein­mal di­rek­te Be­geg­nun­gen aus­ge­tra­gen: Je­des Team fliegt an den Wo­chen­en­den für sich al­lein und trägt die Zei­ten on­line ein.

Bei einem Blick auf eine imaginäre Deutschlandkarte mit den Standorten der 1.500 Bundesligisten fällt sofort eine Konzentration in drei Regionen ins Auge: im Ruhrgebiet, in Baden-Württemberg und im hessischen Großraum um Frankfurt/Main. Hinzu kommen die Millionenstädte wie Berlin, München und Hamburg. In Zahlen stellt sich das so dar:  in Nordrhein-Westfalen sind 317 Bundesligisten beheimatet, in Baden-Württemberg 239, in Bayern 195. Im Vergleich dazu weist die FAZ-Übersicht für Sachsen-Anhalt 23 Vereine aus, die in den jeweils höchs-ten Klassen ihrer Sportarten mitmachen. Dahinter rangieren nur noch Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen (je 16). Ähnlich ist das Bild bei der Zahl der Einwohner pro Bundesligist. Hier dominieren eindeutig die Stadtstaaten (Bremen/20.800 Einwohner pro Klub) vor Berlin und Hamburg. Sachsen-Anhalt (gut 95.000 pro Klub) belegt erneut den drittletzten Platz, es folgen Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

Es ist wenig überraschend, dass der Osten in diesem Gebilde an gewohnter Position erscheint: nämlich ganz weit hinten. Wer jetzt wieder hämisch das Bild von der roten Laterne hervorkramt – das nach der Wende immer dann gern die Runde machte, wenn wieder einmal die neuesten  Arbeitslosen-Statistiken veröffentlicht wurden –, liegt einfach falsch. Vier Jahrzehnte Sportpolitik in der DDR brachten zwar Hunderte olympische Medaillengewinner und Weltmeister hervor, sie sorgten andererseits aber dafür, dass sogenannte Randsportarten oder noch kleinere, die auf das Prädikat Randsportart sogar noch stolz gewesen wären, ein für allemal in der Versenkung verschwanden. Sie wollte (oder durfte) keine Betriebssportgemeinschaft aufnehmen, von den staatlich besonders gehätschelten Vorzeige-Großklubs ganz zu schweigen.

Wo nichts war, da konnte nach 1990 eben auch nichts in die gesamtdeutschen Leibesübungen hinübergeführt werden. So beherrschen also wieder einmal die Vereine aus den alten Ländern sämtliche Statistiken. Und nicht nur das: Die Zahl der organisierten Sportler – ob aktiv oder nur passiv und fördernd tätig, spielt dabei keine Rolle – ist westlich der Elbe immer noch prozentual fast doppelt so hoch wie östlich des einstigen Grenzflusses. Rudi Bartlitz

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