Sponsern, wo man zuhause ist
Die Altenpflege-GmbH Humanas gehört inzwischen zu den Top-Förderern des 1. FC Magdeburg. Geschäftsführer Jörg Biastoch nennt Beweggründe und Motive, warum sein Unternehmen nicht nur den Fußball-Zweitligisten unterstützt.
Wenn unten auf dem Grün der Anpfiff ertönt, löst sich in der MDCC-Arena die zuvor mit Händen zu greifende Anspannung ein wenig. Zumindest vorerst; auf den Traversen ebenso wie im Fanblock U oder auf den Business-Sitzen. Das ist bei Jörg Biastoch nicht anders. Und doch, seit einigen Monaten sieht der Unternehmer aus Colbitz, der seit Jahr und Tag seinen Stammplatz in Loge drei hat, das Geschehen auf dem Rasen und das Drumherum mit etwas anderen Augen. Denn aus dem „Football Fellow“, wie die Engländer jene nennen, die nur aus Spaß und reiner Freude ins Stadion tingeln, ist ein „Official“ geworden, ein Funktionär also. Einer, der Mitverantwortung trägt für das große Ganze, einer, der nach dem Rechten schaut. Einer, der sich einbringt. Für das, wofür eine Region Woche für Woche fiebert und bangt.
Seit den Wahlen im November vergangenen Jahres gehört der geschäftsführende Gesellschafter der Humanas-Pflege-GmbH dem Aufsichtsrat des 1. FC Magdeburg an, dem nach der Mitgliederversammlung höchsten Gremium der Blau-Weißen. „Es war eigentlich eine logische Folge des Engagements meiner Firma beim Club“, meint Biastoch. 2015 stieg die in den zurückliegenden Jahren boomende Gesellschaft, die Altenpflege-Heime in Sachsen-Anhalt betreibt, als Wirtschaftspartner beim FCM ein. Seit dieser Saison ist das Unternehmen mit Sitz im Colbitzer Ortsteil Lindhorst sogenannter Platinpartner des Zweitligisten.
Selbst für den Außenstehenden war es in den letzten Jahren nicht mehr zu übersehen: Der Name Humanas tauchte bei diversen FCM-Aktivitäten immer öfter auf, man unterstützte den Verein in vielfältiger Weise. Ein Beispiel nur: Als der einstige Keeper Jan Glinker, ein begnadeter Hobby-Fotograf, jemanden suchte, der seine Bilder von verschollenen Orten und deren morbider Schönheit in einem Kalender herausgab, griff ihm der Unternehmer unter die Arme. Es blieb nicht aus, dass der promovierte Mediziner Biastoch – der als Firmenlenker zudem ein gerüttelt Maß an wirtschaftlichem Sachverstand mitbringt – irgendwann von Vereins-Granden gefragt wurde, ob er sich vorstellen könne, für den Aufsichtsrat zu kandidieren. Er konnte.
„Ich habe gern ja gesagt“, erzählt der 55-Jährige, als ihn MAGDEBURG KOMPAKT in Lindhorst besucht. „Nicht nur, weil ich als Unternehmer soziales Engagement generell als wichtig ansehe, sondern weil ich den FCM seit Jahrzehnten auf seinem Weg begleite.“ Vom Zeitaufwand her lasse sich die Tätigkeit im Aufsichtsrat durchaus mit den Aufgaben als Geschäftsführer koordinieren. „Das ist überschaubar.“ Zugute kommt Biastoch seine, wie er selbst sagt, „gute Vernetzung im Klub“. Dazu gehören nicht nur Kontakte zu Spielern und Wirtschaftspartnern, “das reicht bis in den Block U hinein.“
Angefangen hat alles am 24. April 1974. An jenen Tag kann sich Biastoch, der mit seinen Eltern erst ein Jahr zuvor nach Magdeburg gezogen war, noch erinnern, als wäre es heute. Der Vater nahm den Zehnjährigen erstmals mit ins Grube-Stadion. Und das auch noch zu einem besonders geschichtsträchtigen Spiel: der Halbfinal-Partie im Europapokal der Pokalsieger gegen Sporting Lissabon. Der FCM siegte nicht nur 2:1 und zog ins legendäre Finale von Rotterdam ein, er hatte von diesem Tag an einen glühenden Fan mehr („Es war einfach ein tolles Erlebnis, unter den 35.000 Zuschauern zu sein.“).
Zehn Jahre pilgerte er regelmäßig ins Stadion. Einen kleinen Bruch gab es erst nach 1985, als der inzwischen junge Medizinstudent an der Magdeburger Hochschule „partout niemanden mehr in meinem Bekanntenkreis fand, der mich ins Stadion begleiten wollte“. Erloschen war das Fußballfeuer dennoch nicht. So richtig entfacht wurde es dann wieder Mitte dieses Jahrzehnts – mit dem glorreichen Aufstieg des FCM in den bezahlten Fußball. Beim reinen Dabeisein und Jubeln auf der Tribüne, das zeigte sich schnell, sollte es jedoch nicht lange bleiben. Da die 2006 gegründete Firma kräftig aufgeblüht war, entschloss sich Biastoch, den FCM auch finanziell zu fördern. Profan gesagt: Sponsor zu werden. Einer, der genau ins Portfolio der Blau-Weißen passt: mittelständisch, in der Region verankert. Angetan hat es Humanas allerdings nicht nur der Fußball, sondern der Sport im Allgemeinen.
„Sport fördert den regionalen Zusammenhalt“, sagt der Geschäftsführer, „schafft einen guten Ausgleich nach Feierabend, führt Menschen unterschiedlichen Alters zusammen und bringt Emotionen sowie Leidenschaft in die Region. Zudem fördern Sportangebote die Attraktivität ländlicher Regionen als Arbeits- und Wohnort.“ Deshalb haben es ihm lokale Sportvereine und Veranstaltungen angetan. So ist Humanas langjähriger Unterstützer und Teilnehmer des Elbdeich-Marathons in Tangermünde und hilft ebenso dem Heidesportverein Colbitz, Germania Meisdorf oder Germania Halberstadt. Die SCMKanuten profitieren von einem Kleinbus, den der Partner zur Verfügung stellt.
Mittlerweile sind es sage und schreibe 47 Projekte, die Humanas unterstützt. Dazu gehören Dorf- und Stadtfeste ebenso wie Spenden für und Kooperationen mit Heimat- und Seniorenvereinen, Tanzgruppen, und Singekreisen sowie Kindertagesstätten und der Jugendfeuerwehr. Biastoch: „Wir sind da sehr breit aufgestellt. Unser besonderes Augenmerk gilt den Kindern. Auf diesem Gebiet soll auch unsere 2018 gegründete Stiftung verstärkt tätig werden. Wir versuchen generell jenen zu helfen, die sich für das alltägliche Leben vor Ort engagieren. Wir wollen dort tätig werden, wo es Schwierigkeiten gibt, das nötige Geld für Projekte aufzubringen, damit die Vereine arbeiten können.“
Natürlich hat die Sache Sponsoring zwei Seiten. Das weiß auch Biastoch. Sponsoring zählt heute zu den etablierten Instrumenten im Kommunikationsmix von Unternehmen. Was Firmen wie seine motiviert, in, wie er es nennt „Charity-Projekte zu investieren“, hat nur noch wenig mit dem zu tun, was erste Sponsoring-Engagements in den 1960er-Jahren als Form der Schleichwerbung bei Sportveranstaltungen sowie in den 1970er-Jahren als Form der Sportwerbung ausmachte. Seit den 1980er-Jahren wird von einem professionellen Sponsoring gesprochen. Seitdem hat es sich kontinuierlich weiterentwickelt und es sind immer neue Formen hinzugekommen. „Für uns ist es gut“, unterstreicht Biastoch, „um unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Wir sehen im FCM einen echten Multiplikator.“
Selbst wenn deutschlandweit der Bedarf ständig wächst, will ein Unternehmen, das in einem in unserer Zeit oft und heiß diskutierten Sektor der deutschen Wirtschaft angesiedelt ist, nämlich der Altenpflege, nicht darauf verzichten, seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. 2009 eröffnete Humanas (Firmenmotto: „Leben, wo man Zuhause ist“) seinen ersten Wohnpark. Zwölf Standorte sind es mittlerweile. In diesem Jahr sollen weitere drei hinzukommen. Die Philosophie seiner Firma, die derzeit etwa 350 Mitarbeiter beschäftigt, umschreibt der Chef so: „Wir wollen die Menschen dort pflegen, wo sie zu Hause sind. Das heißt dezentral, wohnortnah, vernetzt und in den Sozialraum integriert.“
Es ist zwar keine Gretchenfrage, an der sich Sponsoren grundsätzlich scheiden, aber die Antwort vermag schon einiges über eine Person auszusagen: Wie hältst du es eigentlich selbst mit dem Sport? Das erste, was auffällt, betritt man Biastochs Büros im Kellergeschoss seines Hauses im Lindhorst (mögliches Motto: Kurze Wege, kurze Entscheidungen), ist ein riesiger, in der Ecke abgestellter Golf-Bag. Dominierende Farben: natürlich Blau und Weiß. „Nein, ich bin kein fanatischer Golfer“, wiegelt er ab. „Golfen und Tennis, das mache ich nur nebenbei. Eigentlich bin ich Läufer.“
Bei diesem Thema gerät er regelrecht ins Schwärmen. Strecken, Zeiten, gelaufene Kilometer, es sprudelt aus dem kräftigen, großgewachsenen Mann nur so heraus. Egal ob es der Berliner Halbmarathon oder die Piste auf dem Elbdeich in Tangermünde ist. „Die Krönung war bisher der New York Marathon“, bekennt er stolz. „2018 habe ich mir zusammen mit FCM-Ex-Präsident Volker Rehboldt diesen Traum erfüllt.“ Die Zeit? „5 Stunden, 29 Minuten. Ich hätte sicher noch zehn bis 15 Minuten schneller sein können. Aber das war nicht entscheidend, sondern das Erlebnis.“ Gelaufen ist er übrigens, typisch Sponsor, in einem blau-weißen FCM-Trikot. Werbung für den Club in den USA also. „Das Trikot hatte ich von Abwehrspieler Steffen Schäfer bekommen, später wurde es versteigert.“
Und da ist noch die Geschichte vom Trip auf dem berühmten Jakobsweg. Im Juni 2017 machte sich Biastoch, mutterseelenallein, auf die Reise nach Nordspanien, wo seit über 1.000 Jahren Pilger zum Grab des Apostels Jakobus in der Stadt Santiago de Compostela marschieren. Wo sich bei den Menschen, so ihre Hoffnung, auf dem „Camino“, wie der Pilgerweg genannt wird, wieder die Sehnsucht nach dem Einfachen, dem Ursprünglichen einstellen möge. „Ich spürte“, schrieb der Mann aus Colbitz in einem Blog über seine 170 Kilometer lange achttägige Wanderung, „wie der Weg mir meine Kraft zurückgibt, mich durchatmen lässt.“ Kraft und neuer Atem, von denen, so hofft man am Magdeburger Krügel-Platz, auch der FCM noch lange profitiert. Rudi Bartlitz
Weltweit nehmen Sponsorleistungen zu
Im Gegensatz zum Mäzenatentum ist Sponsoring ein eindeutig definiertes Gegengeschäft: Die gesponserte Person oder Institution erhält vom Sponsor Geld beziehungsweise Sachleistungen – dafür erbringt sie bestimmte Werbeleistungen. Der Sponsor profitiert vom Image und der Reputation des Gesponserten und kann sich im Idealfall so neue Zielgruppen erschließen.
Von einem professionellen Sponsoring im Sport wird hierzulande seit Mitte der achtziger Jahre gesprochen. 1985 wurden von Unternehmen in Deutschland etwa 120 Mio. Euro aufgewendet, im Jahr 2008 lagen die Aufwendungen schon bei zirka. 4,6 Milliarden Euro. Aufgrund der Wirtschaftskrise zeigte sich von 2009 bis 2011 ein Ausgabenrückgang auf 4,2 Mio. Euro. Danach begannen die Ausgaben wieder kontinuierlich zu steigen und betrugen im Jahr 2016 bereits 5,5 Mrd. Euro.
Dieser Trend zeigt sich auch in den weltweiten Sponsoring-Ausgaben. Im Jahr 2014 beliefen sie sich auf 55,3 Mrd. US-Dollar, wobei davon allein 20,6 Mrd. US-Dollar in den USA aufgewendet wurden. Mit 60,2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 setzte sich das markante Wachstum weiter fort.