Licht und Schatten
Fußball-Drittligist 1. FC Magdeburg beendet die Saison mit Platz 4 und dem Gewinn des Landespokals. Lange lag der Aufstieg zum Greifen nah.
Als die FCM-Kicker an Christi Himmelfahrt den Landespokal in den Händen hielten, meinte ein Journalisten-Kollege jovial: „Ende gut, alles gut.“ Wirklich? Wohl kaum! Hinter dem Drittligisten liegt eine Saison, in der neben viel Licht auch Schatten nicht zu übersehen war. Und in der das durchaus mögliche Ziel, nämlich der heißersehnte Aufstieg in die zweite Liga, erneut nicht erreicht wurde. Magdeburg Kompakt lässt die abgelaufene Spielzeit anhand einiger Kriterien noch einmal Revue passieren.
ERFOLGE: Nach dem Aufstieg 2015 in den bezahlten Fußball landeten die Blau-Weißen erneut auf einem sehr guten vierten Platz. Damit steht fest: Das Team ist kein Newcomer mehr, sondern hat sich bereits im zweiten Jahr zu einer Spitzenmannschaft der dritten Liga gemausert. Daran wird man künftig gemessen, ob man will oder nicht. Zur Erfolgsbilanz zählen ebenso der Sieg im Landespokal und die Qualifikation für den DFB-Pokal. Den Wettlauf mit dem Halleschen FC um die Nummer eins in Sachsen-Anhalt hat der FCM (vorerst) klar für sich entschieden. Alle bekanntgewordenen Zahlen lassen zudem den Schluss zu, dass der Verein, der im Frühjahr seine Profiabteilung ausgliederte, wirtschaftlich auf sicheren Füßen steht.
NICHT-ERREICHTES: So gut der vierte Rang auch klingen mag, da war eindeutig mehr drin. Lange Zeit lagen die Blau-Weißen auf einem Kurs, der sogar den direkten Aufstieg versprach. Dabei, und das ist das Traurige an der Geschichte, war es wahrscheinlich noch nie so leicht aufzusteigen wie 2017 – weil sich sämtliche Spitzenteams immer wieder Aussetzer leisteten. Viele Experten bescheinigen der Liga zwar eine unglaubliche Ausgeglichenheit und viel Spannung, bemängeln aber im selben Atemzug gerade im oberen Tabellendrittel einen unübersehbaren spielerischen Niveauabfall. Dass es letztlich für den FCM nicht reichte, dürfte vor allem zwei Ursachen haben: Die Magdeburger hatten ausgerechnet in der Rückserie wenig zuzusetzen (nur Rang acht). Manager Mario Kallnik: „Uns fehlte die Mentalität zum Aufstieg.“ Und das Team gab zu Hause einfach zu viele Punkte ab (Platz sieben in der Rückrundentabelle). Letzteres verwundert bei der fantastischen Fanunterstützung umso mehr.
TAKTIK: Dass die Stärken des FCM unter Trainer Jens Härtel vor allem in einer hohen Laufbereitschaft liegen, gepaart mit einem ausgeprägten Abwehrverhalten und ganz viel Kampfkraft, dürfte niemandem mehr verborgen geblieben sein. Hingegen gelang es in der zweiten Drittliga-Saison nicht, die Offensive weiter auszuprägen. Zum einen, weil die dafür erforderlichen Akteure fehlten (und wohl auch nicht intensiv genug nach ihnen gesucht worden ist), zum anderen weil es oft an Mut zu beherzten Aktionen nach vorn mangelte. Vermisst wird schmerzlich ein Mann (oder gar zwei?), der, möglicherweise auf der Sechser-Position, das Spiel an sich reißt, ihm Struktur und Richtung verleiht.
TRAINER: Cheftrainer Jens Härtel gilt zu Recht als Vater des Magdeburger Fußball-Wunders. Das Spiel gegen den Ball ist für den ausgewiesenen Taktik-Fuchs, der auch weiterhin gern und viel rotieren lässt, Grundlage aller weiteren Überlegungen. Ihn als Freund eines voll auf Offensive setzenden, begeisternden Hurra-Fußballs zu sehen, ginge wohl ein wenig an der Realität vorbei. Sein monatelanges Zögern bei der Vertragsverlängerung war in weiten Teilen der Anhängerschar kaum nachvollziehbar und ließ in den ersten Monaten des Jahres diverse Spekulationen ins Kraut schießen. Mitte März verlängerte Härtel den Kontrakt um ein Jahr.
ZUSCHAUER: Für seine fantastischen Fans wird der FCM seit seiner Drittliga-Zugehörigkeit mit Lob überschüttet – selbst von der ärgsten Konkurrenz. Zu Recht. Mit seiner Kulisse ist der Verein längst zweitligareif. Mit über 17.000 Besuchern pro Spiel steht er an der Spitze der dritten Liga; wenngleich die Zahl gegenüber 2015/16 leicht zurückgegangen ist. Doch seinerzeit war es die Premierensaison im Profifußball nach einem schier unendlichen Vierteljahrhundert im Amateurbereich.
STADION: Es klang zunächst wie eine schlechte Posse, als im Spätherbst 2016 die Nachricht die Runde machte: Rhythmisches Hüpfen gefährdet die Sicherheit in der MDCC-Arena. Dabei stand das Stadion gerade einmal zehn Jahre. Zur gedeihlichen Stimmung rund um den Klub hat die Hüpfburg-Story, die Magdeburg bundesweit in die Schlagzeilen brachte, gewiss nicht beigetragen. Schließlich einigten sich Fans, Klub und die Stadt als Eigentümer auf ein Hüpf-Verzicht, bis die baulichen Mängel behoben sind. Die Kosten dafür werden mittlerweile auf vier bis sechs Millionen Euro beziffert. Dennoch: Ein Kompliment an die Fans, die sich bis heute an die Vereinbarung gehalten haben. Leichtgefallen ist ihnen das gewiss nicht. Rudi Bartlitz