Kraftstoff in den Adern
Zehn Autohäuser, ein eigenes Rennteam und Sport-Sponsoring – wie der Magdeburger Unternehmer Torsten Schubert den Spagat zwischen diesen drei Polen schafft.
Warum steht denn das Ding ausgerechnet in Oschersleben, mag so mancher fragen, wenn er am dortigen Motopark vorbeifährt oder Bilder von der Rennstrecke im Fernsehen sieht. Die Antwort ist für den, der Torsten Schubert kennt, verblüffend einfach: Weil Schubert ein Auto-Freak durch und durch ist und ein Oschersleber mit Herz und Seele obendrein. Was lag also näher, als dass er, als in den Nachwende-Jahren die Diskussion um den Bau einer dritten permanenten Test- und Rennstrecke in Deutschland nach Nürburgring und Hockenheimring aufkam, für seine Heimatstadt vehement den Hut in der Ring warf. „Ja“, sagt er, „die ersten Ideen haben wir zusammen mit anderen Motosport-Enthusiasten im Keller meines Hauses geschmiedet. Und ich habe später meine wirtschaftlichen Kontakte genutzt, um einen Investor ins Boot zu holen.“
Diese kleine Episode lässt erahnen, wie der heutige Gesellschafter und Geschäftsführer des Unternehmens Schubert Motors GmbH tickt. Mit Formulierungen wie „Ein Leben fürs Auto“ oder „Benzin im Blut“ – mögen sie noch so landläufig sein – läge man bei ihm ganz sicher nicht falsch. Der 55-Jährige ist nicht nur Chef von mittlerweile zehn Autohäusern in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, eines Motorrad-Shops und von zwei Abschleppdiensten, sondern unterhält – gar nicht nebenbei – sogar einen eigenen Motorsport-Rennstall. Den einzigen in Sachsen-Anhalt. Mit Sitz natürlich in Oschersleben.
25 Festangestellte schrauben dort an den Rennern. Sie bauen allerdings nicht nur Wagen zusammen, sondern entwickeln selbst schnelle Flitzer, vor allem für BMW und Privatfahrer. Die Bayern sind seit Jahren Vertragspartner der Rennmanufaktur. Jedes Jahr werden bis zu 20 Boliden gefertigt. Mechaniker und Ingenieure setzen die Fahrzeuge aus mehreren Hundert Einzelteilen zusammen. „Fahrzeugneuaufbau“ nennt sich das in der Sprache der Branche. „Der Export von Rennfahrzeugen“, heißt es stolz in der Werbebroschüre des Unternehmens, „nach Brasilien, Japan und Norwegen trägt unsere Leidenschaft einmal um den Globus“.
Als MAGDEBURG KOMPAKT den Unternehmer dieser Tage am neuen Firmensitz am Damaschkeplatz der Landeshauptstadt besuchte, steckte er schon wieder mitten drin in den Vorbereitungen für die im März beginnende neue Saison. „Die ers-ten Tests haben wir in Portugal schon hinter uns.“ Bei den Rennen in der Saison ist Schubert, wenn es irgendwie geht, immer vor Ort dabei, egal ob eben an der Südwestspitze Europas oder irgendwo auf einer anderen Strecke des Kontinents. Selbst wenn sein Team Mammutdistanzen wie nach Macao oder Dubai in Angriff nimmt, Schubert, der sich 2001 aus dem aktiven Geschehen zurückzog, steht als oft aufmerksamer Beobachter des Geschehens am Rand der Piste.
Spezialisiert hat sich das 1999 gegründete Team Schubert seit Langem auf den Tourenwagensport und Langstrecken-Rennen. In den Klassen, in denen die in Zusammenarbeit mit BMW entwickelten Boliden antreten, zählen sie zu den erfolgreichsten deutschen Motorsportteams. Gefeiert wurden vor allem Siege auf dem Nürburgring in Langstreckenrennen. Einmal wäre das Schubert-Team beinahe sogar in den überregionalen Schlagzeilen gelandet: Der junge Sebastian Vettel, später viermaliger Formel-1-Weltmeister, hätte fast bei den Oscherslebern angeheuert. Nur der schwere Unfall des polnischen Piloten Robert Kubica 2007 beim Großen Preis von Kanada – für den Vettel bei Sauber-BMW anschließend einspringen durfte - verhinderte, dass der spätere Weltstar in einen Boliden aus Sachsen-Anhalt kletterte.
Doch zurück in die Realität. Die Oschersleber Renningenieure und Fahrer profitieren durchaus vom Know-how ihres Chefs. Ihm macht in den schnellen Kisten bis heute so schnell keiner etwas vor. Denn als einstiger Rennfahrer war er am Steuer ähnlich erfolgreich wie er es heute als Wirtschafts-Kapitän ist; 2016 zeichnete ihn der Ostdeutsche Sparkassenverband als „Unternehmer des Jahres“ aus. Der größte sportliche Triumph gelang dem „Chef“ im Jahr 1999, als er es im Autocross bis zum Europameister brachte. „In die Wiege gelegt hat mir das keiner. Dahinter stecken viel Begeisterung und harte Arbeit“, sagt er. „Meine Eltern waren einfache Leute, meine Mutter Verkäuferin, mein Vater arbeitete im Schwermaschinenbau. Da war für einen jungen Mann nicht einfach mal so nebenbei ein eigenes Auto drin.“
Vormachen, das wird schnell deutlich, kann Schubert in der Firma tatsächlich keiner etwas. Er hat das Auto-Gewerbe nämlich von der Pike auf gelernt. „Schon als Kind habe ich meinem Vater über die Schulterm geschaut, als der die Autos unserer Nachbarn reparierte. Das Moped meines Lehrers war das erste Fahrzeug, an dem ich mich mit 13 Jahren selbst versucht habe. Mit 15 oder 16 habe ich dann zu Hause unserem späteren Landrat dessen Škoda Octavia wieder in Schuss gebracht.“
Seine ersten Schritte zum Automobilsport machte Schubert bei der damaligen Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Dort entstand auch seine spätere Liebe zum Geländesport. Zu Off-Road-Rennen hat es ihn immer wieder hingezogen – siehe den späteren EM-Titel im Cross. Unfälle waren bei der Jagd über Stock, Stein und Schotter natürlich nicht ganz zu vermeiden. „Zwei, drei schwere Unfälle, verbunden mit Krankenhausaufenthalten, hatte ich schon, aber alles in allem bin ich einigermaßen glimpflich davongekommen. Nur eine ganze Reihe Helme mussten im Laufe der Jahre dran glauben. Denn gerade Off-Road sind Überschläge kaum zu vermeiden. Da scheppert es ganz schön.“
Je besser das Unternehmen Fuß fasste und ein Autohaus nach dem anderen hinzukam, umso selbstverständlicher wurde für den Unternehmer, jenen unter die Arme zu greifen, die wirtschaftliche Hilfe gebrauchen konnten. Dafür gibt es ein Zauberwort: Sponsoring. Und da kamen für den sportinteressierten Oschersleber zuallererst Vereine in Frage, die sich eben den Leibesübungen verschrieben haben; aber auch die Kultur profitiert von Schubertscher Unterstützung. Der Geschäftsführer sieht da so etwas wie „soziale Verantwortung der Region gegenüber, in der ich mit meinen Häusern tätig bin“. Im gleichen Atemzug macht er deutlich, dass es ihm natürlich nicht ausschließlich um philanthropische Motive geht: „Für mich bedeutet Sponsoring auch Kontaktpflege zu Kunden und solche, die es werden sollen. Sport ist eine gute Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu gelangen. Wir versuchen, den Sport vor allem dort zu unterstützen, wo Kunden und Mitarbeiter von uns leben. Akzeptanz in der Region, das ist uns wichtig.“ Heimatliebe ist etwas, was er ganz hoch schätzt: „Wenn ich den Oschersleber Kirchturm lange Zeit nicht sehe, werde ich krank.“
Es gehört zu den besonderen Eigenschaften Schuberts, das Sponsoring nicht Mitarbeitern einer unteren Leitungsebene zu überlassen. „Es ist richtig, da läuft sehr viel über mich. Aber für mich sind diese Termine und Gespräche, so aufwendig sie zuweilen auch sein mögen, keine zusätzliche oder gar lästige Arbeit, sondern ganz einfach Kontaktpflege“, bekräftigt er. Und nennt damit, sicher ungewollt, ein Argument für das erfolgreiche Agieren seiner Firma am Markt.
So richtig eingestiegen ins Sponsoring ist Schubert 2005 bei den SCM-Handballern. Und gleich beim Auftakt gab es eine, wenn man die Autofahrersprache bemühen will, kleine Panne. Schubert schmunzelt im Rückblick: „Der damalige polnische Neuzugang Karol Bielecki war der erste, dem wir stolz einen Wagen übergaben. Wie der Teufel es will – bei seinem darauffolgenden Besuch in der Heimat wurde das Auto gleich gestohlen …“
Inzwischen fahren Magdeburger Spitzensportler aus den unterschiedlichsten Milieus BMW-Limousinen mit dem weiß-blauen Logo aus dem Hause Schubert. „Welt- und Europameister wie der Kanute Yul Oeltze oder Schwimmerin Franziska Hentke sehen wir als Markenbotschafter. Und dass unter den Fußballern und deren Fans das Auto ein häufiges Gesprächsthema ist, muss ich sicher nicht extra betonen. So entstehen Kontakte, die irgendwann möglicherweise im Kauf eines Autos münden. Es profitieren also beide Seiten.“ Doch neben sportlichen Leuchttürmen wie SCM und FCM sponsert das Unternehmen, darauf legt der Chef großen Wert, viele kleine Vereine, „egal ob es sich nun um einen Reitsportklub aus Niedersachsen, Fußballer aus Burg, Oschersleben und Bernburg oder Radfahrer aus Braunschweig handelt. Oder eben die Ruderer, die beim Städteachter-Vergleich Halle – Magdeburg an den Start gehen.“
„Es ist schon toll, was Magdeburg und die Region im Sport auf die Beine stellen“, schwärmt Schubert. Dennoch: Sportlich schlägt sein Herz, das kann und will er nicht verhehlen, besonders für den Handball. „Der besitzt hier eine sehr große Tradition. Das ist ein Sport, der hier in der Gegend stark gelebt wird.“ Was er nicht sagt: Er setzt sich schon mal am Wochenende ins Auto, um den SCM, ganz Fan, zusammen mit der Familie zu einem Europacup-Spiel ins fast 800 Kilometer entfernte Dünkirchen zu begleiten.
Ach so, bevor wir es vergessen, Schubert ist auch kommunalpolitisch ständig auf Achse: Vorsitzender der Oschersleber CDU-Stadtratfraktion, Vorsitzender des örtlichen Motorsportklubs („Ich bin es seit ewigen Zeiten und werde es wohl bis an mein Lebensende bleiben.“). Und so ganz „nebenbei“ ein Unternehmen mit 350 Mitarbeitern führen, wie schafft man das? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: durch ein festes Lebensregime. „Ich arbeite von 7 bis 23 Uhr, und das täglich. Sieben Tage in der Woche. Zu meinen unumstößlichen Regeln gehört: jeden Tag Sport. Ich stehe um fünf Uhr auf, danach eine Stunde Sport, davon 30 Minuten schwimmen, den Rest nennen wir mal allgemeine Fitness.“
Und hat er sportlich noch einen Wunsch offen? Schuberts Blick verklärt sich leicht: „Bevor ich Sechzig bin, möchte ich zusammen mit meinen beiden Söhnen (18 und 25 Jahre, d. Red.) noch einmal ein richtiges 24-Stunden-Rennen fahren. Mit allem Drum und Dran. Das habe ich mir fest vorgenommen. Es wäre in der Tat ein Traum!“ So können wohl nur Menschen denken, in deren Adern tatsächlich Benzin fließt … Rudi Bartlitz