Finale Furioso

Dass er auf 280 km/h beschleunigen kann, sieht man Dominique Schaaks Wagen, einem Seat Leon Cupra, auf den ersten Blick gar nicht an. Foto: pv

Dominique Schaak ist Sachsen-Anhalts einziger Automobil-Rennfahrer, der diesen Sport professionell betreibt. Seit 2005 sitzt er im Cockpit, zunächst im Kart, später startete er in verschiedenen Formel- und Tourenwagenklassen. Im vergangenen Jahr feierte der Magdeburger mit dem Sieg beim renommierten 12-Stunden-Rennen von Imola den bisher größten Erfolg seiner Karriere. MAGDEBURG KOMPAKT begleitet den 29-Jährigen in diesem Jahr im nationalen und internationalen Rennzirkus journalistisch. Im fünften Beitrag der Serie geht es nun sozusagen um alles.

Noch wirkt Schaak, zumindest äußerlich, ziemlich cool und locker, als wir uns Mitte September treffen. Und doch, der Spannung vor dem Finale der deutschen Langstreckenmeisterschaft (National Endurance Series), in der der Sachsen-Anhalter in diesem Jahr startet, kann auch er sich nicht vollends entziehen. Wie auch? Schließlich liegt er im 350 PS starken Seat Leon Cupra, den er gemeinsam mit seinem Teamgefährten Tamino Bergmeier beim Erfurter HTF-Team steuert, ein Rennen vor dem Finale in Führung. Allerdings hauchdünn. Nur ein Punkt Vorsprung trennt sie von ihren ärgsten Rivalen Chris- tian Ladurner und Sebastian Sommer, die ebenfalls in einem Seat Cupra sitzen.

Seit Saisonbeginn im Frühjahr liefern sich beide Teams ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen. In dem der Magdeburger mit seinem jeweiligen Gefährten – vor Bergmeier war es Heiko Fulscher – im Gesamtklassement stets vorn lag. Kurios: Einen Sieg fuhren sie in den fünf bisherigen Läufen noch nie heraus, aber sie standen stets auf dem Podium. „Diese Konstanz ist es vor allem, was HTF auszeichnet“, unterstreicht Schaak. „Unser Wagen hatte nie ernsthaft technische Probleme. Das Team, und das sind einschließlich Mechanikern und Reifenmännern an den Rennwochenenden immerhin zwölf Leute, leis-tet hervorragende Arbeit. Sie haben einen Superjob gemacht, das Auto war, wie wir sagen, haltbar.“

Vor dem letzten Lauf Mitte Oktober auf dem traditionsreichen Nürburgring haben es Schaak und sein Kompagnon nun also selbst in der Hand, am Ende in der Gesamtwertung ganz oben zu stehen, den Titel zu erobern. Sie müssen nur vor Ladurner/Sommer die schwarz-weiß karierte Zielflagge sehen. „Wir müssen das Qualifying abwarten. Wenn wir da vorn sind, wollen wir das Ding auf Biegen und Brechen nach Hause bringen. Wenn wir hinter ihnen stehen, müssen wir allerdings alles riskieren, sozusagen die Brechstange auspacken. Wir wollen den Sieg. Unbedingt. Denn wenn wir, die in Führung liegen, jetzt sagen würden, wir wollen die Vizemeisterschaft, dann hätten wir etwas falsch gemacht.“

Ein Erfolg in einer Langstrecken-Meisterschaft wäre für Schaak Neuland. Denn Wettbewerbe über eine längere Distanz besitzen eigene Gesetze. In der National-Endurance-Serie sind sie zwischen drei und vier Stunden angesetzt, zwei Piloten wechseln sich im Cockpit ab (Schaak: „Die Fahrzeit für den Einzelnen variiert zwar, aber jeder muss mindestens zweimal eine halbe Stunde im Wagen gesessen haben“). Der Pilot erläutert die Eigenheiten der Langstrecke so: „Bei Sprintrennen, die über eine halbe Stunde gehen, musst du eine schnelle Runde nach der anderen abspulen. Immer nur Volldampf, Volldampf, Volldampf. Auf der Langstrecke musst du vor allem konstant fahren, auf die Bremsen Rücksicht nehmen, du musst lernen, nicht die Reifen kaputtzumachen - und du musst trotzdem schnell sein.“ Das schlaucht durchaus.  Wenn der Magdeburger nach einem solchen Wettkampf aus dem Boliden klettert, zeigt die Waage für ihn schon eineinhalb bis zwei Kilo weniger Gewicht als beim Start an. Für einen Mann mit einem „Kampfgewicht“ von rund 70 Kilo durchaus bemerkenswert.

Obwohl das Finale Furioso also noch bevorsteht, geht der Blick des Selfmade-Man, der sich vom Training, über die Reisen, die gesamte Saison-Finanzierung bis zu Vermarktung und Sponsorenkontakten um alles selbst kümmert, schon über das Saisonende hinaus. „Ja, ein, zwei Wochen relaxen sind dann erst einmal angesagt. Aber danach kommen schon die ersten Tests. Möglicherweise sogar in Spanien oder Italien, das hängt vom Wetter ab.“ Ab Januar geht es, vorerst abseits der Rennstrecken, weiter: hartes körperliches Training („Mehrere Stunden kommen da täglich zusammen“), ärztliche Tests, Beantragung der neuen Lizenz und so weiter. „2019“, meint er rückblickend, „war gewissermaßen ein Zwischenjahr. Wenn auch, unabhängig vom Ausgang auf dem Nürburgring, ein für mich alles in allem erfolgreiches. Ich habe viel gelernt – und natürlich auch so manches Lehrgeld gezahlt.“

Und es scheint sich ausgezahlt zu haben. Denn 2020 wird Schaak das Team wechseln. Wohin, das darf er noch nicht sagen. „Bis die Zielflagge auf dem Nürburgring gefallen ist, stehe ich noch bei HTF Erfurt unter Vertrag. Erst danach darf ich mitteilen, wo ich im nächsten Jahr fahren werde.“ Eines verrät er schon einmal: Es ist ein sehr bekannter Name in der großen Welt der schnellen Autos ... Rudi Bartlitz

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