Ein Dutzend Fragezeichen

Grübelt Cheftrainer Jens Härtel (2.v.l.) bereits über den Kader für die nächste Saison? Foto: Peter Gercke

Bei Zweitliga-Aufstiegskandidat 1. FC Magdeburg laufen zum Saisonschluss fast die Hälfte aller Spielerverträge aus. Wer bleibt, wer geht?

Kaum zu glauben! Es verbleiben nur noch ein Dutzend Spieltage, dann wird in der 3. Fußball-Bundesliga schon wieder zum Halali geblasen. Und zwölf Runden vor Ultimo haben die Magdeburger Fans noch allen Grund zu Optimismus: Ihre Blau-Weißen steuern trotz der Rostock-Niederlage weiter Zweitliga-Kurs. Es deutet einiges darauf hin, als könnte das Sehnsuchtsziel diesmal wirklich erreicht werden: Zu einem Nichtaufstiegsplatz hat der  FCM immerhin noch sechs Punkte Abstand – selbst wenn Cheftrainer Jens Härtel nach wie vor den Mahner gibt.

„In unserem ersten Drittligajahr“, so der 49-Jährige, „hatten sich zwar Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue einigermaßen klar abgesetzt. Aber ansonsten geht es in dieser Liga stets ganz eng zu. Wie eng, das haben wir in der vergangenen Spielzeit selbst zu spüren bekommen, als wir am Ende noch auf Platz vier abgerutscht sind.“ Zur Erklärung: Bis zur drittletzten Runde hatte der FCM noch auf dem Relegationsplatz gestanden, war aber noch von Jahn Regensburg abgefangen worden. Härtel weiter: „Ich rechne wieder damit, dass die Entscheidungen über den Aufstieg und die Qualifikation für die Relegationsspiele erst ganz spät fallen werden.“

Dennoch, die Frage, die – mag sie noch so spekulativ sein – heute schon viele bewegt, lautet: Wäre das Team, mit dem der Klub in das Abenteuer zweite Liga gehen würde, denn tauglich für diese Klasse? Ja, mehr noch: Mit welchem Kader würden die Elbestädter dort überhaupt antreten? Welche Akteure bleiben, welche gehen, wer wird neu verpflichtet? Wer mit den Mechanismen und Gepflogenheiten im heutigen Profi-Fußball nur einigermaßen vertraut ist, weiß, dass er zu diesem Zeitpunkt aus der Chefetage eines Vereins keine (oder nur eine ganz allgemein gehaltene) Antwort auf diese Frage erhält – zu angedachten Zugängen schon gar keine. Eine Ausnahme gibt es beim FCM: Härtel bleibt Trainer. Der auslaufende Vertrag mit dem Coach wurde bereits im Januar bis Mitte 2019 verlängert. Außerdem wurde eine Option auf ein weiteres Vertragsjahr festgehalten – im Falle eines Zweitligaaufstiegs. "Wir wollten Planungssicherheit ", kommentierte FCM-Geschäftsführer Mario Kallnik den Abschluss.

Alle anderen angelaufenen Vertragsgespräche wurden, so Kallnik am Wochenende, angesichts der noch ungeklärten Aufstiegsfrage erst einmal bis Ende März „hintenangestellt“. Also lohnt allemal ein Blick auf den derzeitigen Kader. 26 Kicker stehen derzeit beim FCM unter Vertrag. 15 von ihnen haben deutlich mehr als die Hälfte aller Partien bestritten. Sie ließen sich, selbst wenn man die permanente Härtelsche Rotation in Rechnung stellt, als Stammspieler bezeichnen.  Die anderen elf kamen nur auf eine signifikant geringere Zahl von Spielen, drei blieben ohne jeglichen Einsatz.

Eine weitere interessante Kennziffer ist die Vertragsdauer. Da zeigt sich, dass von den 26 Kontrakten in diesem Sommer immerhin ein Dutzend ausläuft – es betrifft also fast die Hälfte des gesamten Kaders. Im Einzelnen sind das: Jan Glinker, Felix Schiller, Richard Weil, Gerrit Müller, Andreas Ludwig, Tobias Schwede, Marius Sowislo, Dennis Erdmann, Julius Düker, Mario Seidel, Andre Hainault und Florian Pick.

Sicher, bei den Zwölf gilt es, gehörig zu differenzieren. Da sind zum einen Akteure, die der FCM auf jeden Fall gern halten würde (Schwede), bei Erdmann verlängert sich der Vertrag automatisch, wenn er noch ein weiteres Spiel bestreitet. Dann gibt es eine Gruppe, die – wenn die Signale nicht trügen – um einen neuen Vertrag bemüht ist (u.a. Weil, Schiller, Düker). Torhüter Glinker würde, wie er jetzt sagte, kein Vertragsangebot erhalten, bliebe der FCM in der dritten Liga. Und dann sind da noch diejenigen, denen der Verein definitiv keine neue Arbeitsvereinbarung unterbreiten wird (Ludwig, Müller).

Gerade bei Ludwig, im Sommer 2017 noch als Königstransfer vom niederländischen Erstligisten FC Utrecht verpflichtet, zeigt sich, wie eng im Fußball oft der Grat zwischen Hoffnung und Missverständnis ist. Der Mann mit Erstliga- und Zweitligaspielen für Hoffenheim, Aalen und 1860 München passt, so der Coach, einfach nicht in die Härtelsche Spielweise. Sein Marktwert verringerte sich laut Branchendienst „tranfermarkt“ binnen eines halben Jahres um mehr als die Hälfte – von 750.000 Euro auf 350.000 Euro. Kleine Frage am Rande: Wäre gerade diese Inkompatibilität Ludwigs mit dem FCM-System nicht schon im Vorfeld absehbar gewesen?

Offen ist die Situation bei Kapitän Sowislo. Der 35-Jährige sieht in einem Aufstieg so etwas wie die Krönung seiner Karriere und möglicherweise den Abschluss seiner Laufbahn an. Offen ist ebenso, ob der FCM mit dem oft verletzten kanadischen Ex-Nationalspieler Andre Hainault und dem dritten Torhüter Mario Seidel ein Vertragsangebot unterbreitet. Der vom 1. FC Kaiserslautern ausgeliehene Pick, der Härtel bisher nicht von seinen Qualitäten zu überzeugen vermochte, wird wohl in die Pfalz zurückgehen.

Zwei ganz heiße Themen am Heinz-Krügel-Platz sind die aufstrebenden Jung-Stars Michel Niemeyer  (22) und Tobias Schwede (23). Beide, das flüstern die berühmten Spatzen seit Wochen vom Dach der MDCC-Arena, drängt es mit Macht in die zweite Liga. Bei Niemeyer („Am liebsten würde ich natürlich mit dem FCM in die zweite Liga gehen.“), an dem Bundesligist FC Augsburg und Zweitligist Fortuna Düsseldorf Interesse haben sollen, halten die Blau-Weißen zumindest noch einen Vertrag bis 2019 als Faustpfand in den Händen. Schwede hingegen könnte im Sommer ablösefrei wechseln. Auch bei ihm wäre wohl ein Aufstieg der elegan-teste Weg, ihn weiter an Magdeburg zu binden. Rudi Bartlitz

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