Baseball-Mekka einmal an der Elbe

Die deutsche Meisterschaft im Mixed Fastpitch Softball fand erstmals im Osten statt. Die Magdeburger Poor Pigs waren perfekte Gastgeber.

Zumindest ein Wochenende lang konnte sich Magdeburg tatsächlich einmal als so etwas wie das Mekka des deutschen Baseballs fühlen. Die Stadt, die nun wahrlich nicht als Hochburg dieser für viele immer noch exotischen Sportart anzusehen ist und für deren Heimteam Poor Pigs in der Vergangenheit spätestens in der dritten Liga Schluss war, beherbergte über 200 Akteure aus ganz Deutschland. Anlass war, Achtung, jetzt folgt ein ziemlich komplizierter Begriff, die deutsche Meisterschaft im Mixed Fastpitch Softball. Kurz und populär gesagt: eine abgewandelte (und verkürzte) Variante des Baseballs. Vielleicht wichtiger jedoch: Es war das erste Mal, dass sich die zwölf Mannschaften, die sich für die Endrunde (die sich durchaus selbstbewusst Champions League nennt) qualifiziert hatten, im Osten der Republik trafen.

Vier Monate hatten Thomas Rochel, der Präsident der gastgebenden Magdeburger Poor Pigs, und seine Mannen in die Vorbereitung des Events investiert. Es war zugleich der Höhepunkt der Feiern zum 25-jährigen Vereinsbestehen. Rochel: „Auf andere Formen, dieses Jubiläum zu begehen, haben wir wegen dieser Endrunde verzichtet.“ Die Anlage am Westerhüsener „Tonschacht“, auf der drei Baseball-Spielfelder (65 mal 18 Meter groß) Platz finden, präsentierte sich denn auch in einem Top-Zustand. 38 Begegnungen fanden an den beiden Tagen statt. „Manch Bundesligist wären froh, eine solche Arena zu besitzen“, lobte Mike Schmitt, so etwas wie der Chef der Champions League. „Organisation und Freizeitprogramm, wie zum Beispiel Stadtbesichtigungen, waren vom Feinsten.“

Obwohl der Gastgeber auf Grund der Ausschreibungen selbst gar keine Mannschaft für die Endrunde stellen konnte, „haben wir uns bemüht“, sagt Rochel, „die Veranstaltung als ein Aushängeschild für die Sportstadt Magdeburg zu präsentieren.“ Sogar eigene Final-T-Shirts ließ man anfertigen. Und den Gästen von den Cologne Travellers, die sich in einem spannenden Finale gegen die Aachen Aixplosives durchsetzten, habe man, fügt der Pigs-Präsident scherzhaft hinzu, „einmal gezeigt, wie ein richtiger Dom aussieht“. Übrigens: Köln und Aachen machen seit 2012 den Champions-League-Titel unter sich aus, das Team vom Rhein sicherte sich in Magdeburg zudem die Meisterschaft zum dritten Mal in Folge.

Im Westerhüsener „Tonschacht“ schwirrten die Bälle durch die Luft. Foto: Peter Gercke

Bei aller Freude und bei allem Stolz, wer sich beim Finale einmal umschaute, Zuschauer hatten sich kaum an den Tonschacht verirrt. Und daran trug die lähmende Glut, die an diesem Hochsommer-Wochenende über der Anlage lag, die wenigste Schuld. Baseball fehlt hierzulande einfach die Popularität. Die für Außenstehende komplizierten Regeln tun ein Übriges. „Natürlich machen wir uns keine Illusion, jemals aus dem Nischen-Dasein herauszukommen“, bekennt Rochol ehrlich. „Wir sind eine typisch uneuropäische Sportart. Es fehlen die historischen Wurzeln. Für Fernsehen und die anderen Medien wie auch für die meisten Sponsoren sind wir, auch auf Grund der auf den ersten Blick komplizierten Regeln, einfach nicht attraktiv genug. Wir werden eine Randsportart bleiben. Damit müssen wir leben, und damit leben wir auch.“

Wer sich an „normalen Tagen“ am Tonschacht umschaut, merkt allerdings schnell, dass die Poor Pigs, die armen Schweinchen, mit dieser Rolle gut zurechtkommen. Aus dem einstigen reinen Uni-Sport eine Sache für die ganze Familie geworden ist. Hier tummeln sich neben den Männern auch Frauen und Kinder. 53 Mitglieder zählt der Verein heute. Der Jüngste ist der Sohn des Präsidenten (sechs Jahre), die Ältesten sind Mitte fünfzig. Neben dem Baseball wird für Frauen das Pendant zum Baseball, der Softball, angeboten.

Und weil Baseball in Magdeburg, wie auch anderswo in Deutschland, ein Sport ist, der zu einem großen Teil von Studenten betrieben wird und somit einer relativ großen Fluktuation unterliegt, legt man am Tonschacht großes Augenmerk darauf, selbst junge Spieler zu entwickeln. Ein eigenes Kinderteam der Pigs, dessen Mitglieder zwischen vier und sieben Jahre alt sind, übt schon fleißig. „Wir gehen in die Schulen, bieten Projektwochen an“, erläutert Rochel. „Unser Sport schult vor allem motorische Fähigkeiten wie die Koordination von Hand und Auge. Zudem ist es gar nicht so einfach, mit einem runden Schläger einen in hoher Geschwindigkeit heranfliegenden Ball, die Profis in der US-Liga erreichen bis zu 160 Stundenkilometer, zu treffen.“

Das Baseball-Team der Poor Pigs spielt seit dieser Saison gemeinsam mit Mannschaften aus Berlin und Brandenburg in einer überregionalen Verbandsliga. Es scheint so etwas wie ein, wenn auch unfreiwilliges, Kennzeichen der „Schweinchen“ zu sein: Für die Mitteldeutsche Liga zu stark (zweimal souverän Meister 2015, 2017), für die Regionalliga, aus der man wieder abstieg, zu schwach. Rudi Bartlitz

Kompakt: Was ist Mixed Fastpitch Softball?

Bei Mixed Fastpitch Softball handelt es sich um eine abgewandelte Form des Baseballs, bei dem Männer und Frauen in einem Team spielen. Die Mixed Softball Champions League (MSCL) ist seit der Anerkennung durch den Deutschen Baseball und Softball Verband im Jahr 2011 die offizielle deutsche Meis-terschaft im gemischtgeschlechtlichen Fastpitch. Gespielt wird im Prinzip nach Baseball-Regeln. Das Besondere: Zu jedem Zeitpunkt müssen mindestens zwei Frauen auf dem Spielfeld stehen. Eine Mindestanzahl an Männern ist nicht gefordert, sodass auch reine Damenmannschaften regelkonform teilnehmen könnten.

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