Wachablösung im Immunsystem
Forscher des Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation (GC-I³) der Universitätsmedizin Magdeburg zeigen erstmals, dass zwischen Dendritischen Zellen und Mastzellen im lebenden Organismus zielgerichtete Kontakte mit spannenden funktionellen Konsequenzen stattfinden. Dendritische Zellen sind wichtige Zellen der angeborenen Immunabwehr, die den Körper an Grenzflächen wie Haut und Schleimhaut gegen Krankheitserreger schützen, indem sie das erworbene Immunsystem alarmieren. Sie erkennen eindringende Keime, nehmen diese auf und präsentieren Bestandteile der körperfremden Moleküle – die Antigene – auf ihrer Oberfläche anderen Zellen des erworbenen Immunsystems, den T-Zellen. Dadurch werden die T-Zellen aktiviert, vermehren sich und starten dann Abwehrmechanismen gegen die Erreger. Mastzellen wurden hingegen bisher vor allem als Vermittler unerwünschter allergischer Reaktionen angesehen. In der jüngeren Vergangenheit konnten Forscher, darunter auch Prof. Anne Dudeck am Institut für Molekulare und Klinische Immunologie, jedoch zeigen, dass Mastzellen wichtige Funktionen bei der Immunabwehr erfüllen. Einen völlig neuen Mechanismus, bei dem Dendritische Zellen in entzündeter Haut mit Mastzellen interagieren und ihnen dadurch für die Immunabwehr wichtige Moleküle und somit Funktionen übertragen, veröffentlichte das Team um Prof. Dudeck kürzlich im Fachjournal Journal of Experimental Medicine.
Mit Hilfe intravitaler Multiphotonen-Mikroskopie bei einer Entzündungsreaktion in der Haut konnten die Forscher nun live beobachten, wie diese beiden Zelltypen miteinander interagieren. Interdisziplinäre Analysen lieferten überraschende Erkenntnisse: vor der Auslösung einer Entzündungsreaktion patrouillierten Dendritische Zellen mit hoher Geschwindigkeit durch die Haut, dabei zeigten sie kein Interesse an den gleichmäßig im Gewebe verteilten, statischen Mastzellen. Wurde eine Entzündungsreaktion der Haut ausgelöst, änderte sich dieses Verhalten dramatisch, nach wenigen Minuten hörten die Dendritischen Zellen auf sich zu bewegen und verharrten für mehrere Stunden an Ort und Stelle. Dann jedoch wurden sie wieder mobil und begannen nun auf einmal, die stationären Mastzellen nicht nur zu kontaktieren und gleichsam abzutasten, sondern sogar langlebige und enge Kontakte mit ihnen zu formen.
Jan Dudeck, einer der beiden Erstautoren der Studie betont die Relevanz dieser Entdeckung: „Die Vermutung liegt nahe, dass der neu beobachtete Mechanismus dazu dient, dass die Dendritischen Zellen das Gewebe nicht unbewacht zurücklassen, sondern ihre „Waffen“ an die Mastzellen übergeben, sodass diese während der Abwesenheit der Dendritischen Zellen deren T-Zell-aktivierende Funktion vor Ort, im entzündeten Gewebe wahrnehmen können.“