Mehr als nur Spiel und Spaß
Die Pinnwand im Flur hängt voller Zettel – der Speiseplan für die Woche, die Schließzeiten, Hinweise an die Eltern. An der gegenüberliegenden Wand: kleine Handabdrücke mit Namen und Datum versehen. Im Badezimmer eine Töpfchen-Parade, die darauf wartet, gereinigt und desinfiziert zu werden. Und im Spielzimmer? Dort sieht es recht ordentlich aus. Bücher, Kuscheltiere und Spielzeug wurden an die dafür vorgesehenen Orte geräumt. Stille erfüllt die Räumlichkeiten in der Hans-Löscher-Straße. Nur ein leises Klappern des Geschirrs ist zu vernehmen, als Jasmin Zinn den Tisch abräumt. „Es ist Mittagspause, die Kinder schlafen jetzt bis etwa 14 Uhr“, erklärt die 25-Jährige. Zeit für sie, all das zu erledigen, was liegen bleibt, wenn die Kleinen wach sind.
Jasmin Zinn ist Tagesmutti und betreut die „Stadtfeldhummeln“, eine kleine Gruppe von Kindern im Alter von null bis drei Jahren – die jüngste „Hummel“ derzeit ist zehn Monate jung. Dieses berufliche Ziel hatte sie sich bereits nach dem Schulabschluss gesetzt, als sie eine zweijährige Ausbildung zur Sozialassistentin und anschließend eine dreijährige Ausbildung zur Erzieherin absolvierte. „Für meine Tochter, die kurz nach meiner Abschlussprüfung zur Welt kam, habe ich keinen Kita-Platz gefunden und sie daher bei einer Tagesmutti untergebracht. Ich mag das familiäre an dieser Betreuungsform. Man kann in solch kleinen Gruppen ganz anders auf Kinder eingehen … es ist individueller als in größeren Einrichtungen. Und deshalb wollte ich auch diesen Weg gehen.“ Nach ihrer Ausbildung arbeitete Jasmin zunächst in einem Hort, bis sich durch einen glücklichen Zufall die Gelegenheit ergab, als Tagesmutti tätig zu werden. „In dieser Wohnung wurden vorher auch Kinder betreut und die zwei zuständigen Personen haben das aufgegeben. So hatte ich die Chance, die Räumlichkeiten zu übernehmen und hier etwas Eigenes aufzubauen.“
Der erste Weg führte zum Jugendamt. „Dort musste ich ein Konzept für die Kinderbetreuung abgeben und alle Nachweise vorlegen, die man für den Beruf als Tagesmutter braucht“, erzählt die 25-Jährige. Das Jugendamt erteilt die Pflegeerlaubnis, die jede Person benötigt, die mehr als 15 Stunden pro Woche gegen Geld maximal fünf fremde Kinder länger als drei Monate betreuen möchte. Und diese Erlaubnis erhält man nur, wenn man neben einem Konzept auch ein Führungszeugnis vorlegen sowie einen Erste-Hilfe-Kurs und diverse Versicherungen nachweisen kann. „Das Jugendamt überprüft auch regelmäßig, ob man alle Auflagen erfüllt. Dazu gehört beispielsweise, dass ein Kühlschrank mit Thermometer vorhanden sein muss, ebenso eine Geschirrspülmaschine – aus Hygienegründen.“ Auch Desinfektionsmittel soll vorrätig sein und in den Räumlichkeiten muss gekennzeichnet werden, wo sich der Verbandskasten befindet. „Als Tagesmutter muss ich auch alle zwei Jahre meine Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen und zwei Weiterbildungen im Jahr absolvieren.“ Und all dies stets in Abstimmung mit dem Jugendamt. Selbst die Schließzeiten – beispielsweise während der Weihnachtsfeiertage und dem Jahreswechsel oder im Sommer – muss sich Jasmin behördlich genehmigen lassen. „Ich habe zwar viele Freiheiten, muss mich jedoch dem Jugendamt unterordnen – und das ist auch in Ordnung so.“
Für Jasmin, deren Tochter gleich nebenan bei den etwas älteren „Flitzpiepen“ (drei bis sechs Jahre) betreut wird, beginnt der Arbeitsalltag um 7 Uhr. Dann bereitet die 25-Jährige alles vor, lüftet die Räume, stellt die Heizung an, schneidet Obst und richtet das Frühstück an. „Die Kinder trudeln nach und nach ein. Im Anschluss an das gemeinsame Essen ist Spielzeit oder wir basteln und malen, bevor wir gegen 10 Uhr rausgehen. Ob wir dann einfach einen Spaziergang machen oder zum Spielplatz gehen, hängt vom Wetter ab.“ Umziehen, Hände waschen, je nach Alter wickeln – alles selbstverständlich und fest in den Tagesablauf integriert. „Das Mittagessen wird geliefert. Ich muss jedoch immer messen, ob es eine Temperatur von mindestens 65 Grad hat – der Hygiene wegen – und das auch dokumentieren.“ Zwischen 12 und 14 Uhr, nachdem Jasmin eine Geschichte vorgelesen oder ein Lied gesungen hat, ist Mittagsruhe. Dann hat die Tagesmutter Zeit, all die Dinge zu erledigen, die in jedem Haushalt anfallen. Vom Aufräumen der Spielsachen bis hin zum Befüllen der Geschirrspülmaschine. „Bevor die Kleinen wieder aufwachen, bereite ich noch die Vesper vor – eine Schnitte, Obst und Gemüse, auch mal Kekse oder Kuchen.“ Nachdem die Kinder schließlich am Nachmittag von ihren Eltern abgeholt wurden, bleibt Jasmin allein zurück und erledigt die Arbeiten, die nicht ganz so viel Spaß machen. Erneut muss aufgeräumt, saubergemacht und gelüftet werden. Den Müll bringt sie zum Schluss raus. „Das sind alles Dinge, die dazugehören. Man kann eben nicht den ganzen Tag basteln und spielen. Aber das Lächeln eines Kindes entschädigt für all die Aufgaben, die man vielleicht nicht so gern erledigt.“ Tina Heinz