Die Schilddrüse: Kleines Organ – große Wirkung
Die Schilddrüse des Menschen umlagert unterhalb des Kehlkopfes die Luftröhre und wiegt durchschnittlich etwa 18 bis 25 Gramm. Dieses kleine Organ nimmt im menschlichen Stoffwechsel eine wichtige Stellung ein und die Schilddrüsenhormone haben großen Einfluss auf alle Stoffwechselvorgänge und auf verschiedene Organe wie Herz, Muskulatur, Knochen, Haut und das Nervensystem.
Zwei wichtige Erkrankungen dieses Organs sind die Unterfunktion und die Überfunktion der Schilddrüse. Um diese feststellen zu können, erkundigt sich der Arzt nach den Beschwerden des Patienten und seiner medizinischen Vorgeschichte (Anamnese). Die anschließende Untersuchung erfolgt durch ein Abtasten der Schilddrüse. „Dies ist aus meiner Sicht sehr wichtig, da man dabei die Größe des Organs und eventuelle Knoten erfühlen kann“, so Oberärztin Dr. Kirsten Reschke aus der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie Magdeburg. Zudem wird die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut bestimmt. Das TSH ist dafür ein wichtiger Marker, da dieses ein schilddrüsenstimulierendes Hormon ist. Wenn der TSH-Wert normal ist und keine klinischen Hinweise für eine Schilddrüsenfunktionsstörung bestehen, kann man davon ausgehen, dass die Schilddrüse normal funktioniert. Zusätzlich werden auch die peripheren Schilddrüsenhormone T3 und T4 bestimmt. Wenn eine Über- oder Unterfunktion diagnostiziert oder eine Autoimmunerkrankung vermutet wird, werden zusätzlich noch die Schilddrüsenantikörper bestimmt. Eine wichtige Ergänzung zu den Untersuchungen ist die Ultraschalluntersuchung, da sie zusätzliche Informationen liefert, u.a. über die Größe des Organs und vorhandene Knoten.
Die Schilddrüsenunterfunktion tritt im Erwachsenenalter in einer Häufigkeit von circa fünf Prozent auf. Typische Beschwerden der Unterfunktion resultieren daraus, dass im Vollbild der Erkrankung Hormone fehlen. Es fehlt die „Energie für den Motor“ und alle Stoffwechselprozesse laufen auf Sparflamme. Zu den Beschwerden gehören u. a. Müdigkeit, Schlappheit, Frieren, langsamer Puls, trockene Haut, struppiges Haar, Verstopfung, Wassereinlagerung (Ödeme), Gewichtszunahme, bei älteren Patienten ist Verwirrtheit möglich. Dr. Reschke: „Viele Symptome sind sehr allgemeine Symptome, die auch im Alltag auftreten und daher nicht so spezifisch sind. Heutzutage wird aber bei einzelnen Symptomen viel öfter an die Schilddrüse gedacht.“ In den meisten Fällen führt eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zu der Unterfunktion (chronische Schilddrüsenentzündung Hashimoto). „Hierbei erfolgt eine reine Hormonersatzbehandlung mit dem Präparat L-Thyroxin. Wichtig ist, dass die Einnahme circa 30 Minuten vor dem Frühstück mit einem Glas Wasser erfolgt. Andere Lebensmittel oder Getränke könnten sonst die Aufnahme des Medikamentes in das Blut beeinflussen. Das Ziel der Behandlung ist ein TSH-Wert im Normbereich. Die Symptome verschwinden in der Regel nach einigen Monaten der Tabletteneinnahme. Die Medikamente müssen jedoch lebenslang eingenommen werden, um den Hormonspiegel im Gleichgewicht zu halten“, so Dr. Reschke. Daher ist eine anschließende regelmäßige Kontrolle beim Arzt wichtig.
Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen wirkt sich nachteilig auf das Wachstum und die Entwicklung des Körpers aus. „Gerade in frühen körperlichen Entwicklungsphasen, also während der Embryonalzeit und im Kindesalter, kann ein Mangel an Schilddrüsenhormonen zu schwerer körperlicher und geistiger Unterentwicklung führen. Das Spurenelement Jod muss mit der Nahrung aufgenommen werden und ist für den Schilddrüsenstoffwechsel unbedingt erforderlich. Der tägliche Jodbedarf liegt für Erwachsene bei etwa 0,2 Milligramm (mg). Über den Magen-Darm-Trakt gelangt das Jod aus der Nahrung ins Blut und von dort zur Schilddrüse. „Hier wird das Jod nach mehreren Zwischenschritten in die Schilddrüsenhormone eingebaut“, so die Stoffwechselexpertin.
Bei der Schilddrüsenüberfunktion hat der Motor zu viel Energie und dies führt zu typischen Beschwerden wie schnellem Puls, Herzklopfen, Nervosität, Schlaflosigkeit, Zittern, Unruhe, Schwitzen, feuchte Haut, Durchfall, Gewichtsverlust. Häufigste Ursachen für eine Überfunktion sind: Schilddrüsenknoten (heiße Knoten), eine Autoimmunerkrankung (die Basedow-Erkrankung), aber auch eine zu hohe Dosierung von Schilddrüsenhormonen. Die bei einer Überfunktion eingesetzte Behandlung zielt darauf ab, die Bildung von Schilddrüsenhormonen durch Medikamente zu hemmen. Liegen heiße Knoten als Ursache einer Schilddrüsenüberfunktion vor, wird eine Radiojodbehandlung oder Operation zur definitiven Behandlung geplant. Beim Morbus Basedow wird versucht, den Schilddrüsenstoffwechsel durch eine einjährige Behandlung mit Schilddrüsenhormonblockern (Thyreostatika) zu normalisieren. „Die Erkrankungen der Schilddrüse sollten nicht unterschätzt werden, da sie zu Beschwerden führen, die die Lebensqualität deutlich mindern können. Das Abklären der Beschwerden durch einen Arzt ist auf jeden Fall ratsam“, so Dr. Reschke. Jacqueline Heß