Cybermobbing: Tatort Schule

Tatort Schule. Beispiel 1: Während der Studienfahrt einer 12-Klasse eines Magdeburger Gymnasiums fotografieren Schüler heimlich ihren Chemielehrer. Die Situation ist intim. Er ist dabei, sich umzuziehen.  Nach Rückkehr der Klassen breiten sich die Fotos wie ein Lauffeuer über den Messangerdienst Whatsapp aus. Mit unterhaltsamen Sprüchen und Bearbeitungen machen sich die Schüler hinter dem Rücken des Lehrers über ihn lustig. Er bemerkt vorerst nichts. Die Fotos werden im Unterricht getauscht. Um so auffälliger die Schüler lachen, je mehr grübelt der Lehrer. Er fühlt sich zunehmend unwohl. Schüler schweigen, wenn er sie anspricht. Das Geschehen an einem Magdeburger Gymnasium ist kein Einzelfall mehr.
Offensichtlich sinkt an Schulen der Respekt gegenüber Lehrern. Die Nutzung digitaler Medien im Alltag verleiten einige Schüler zu anonymen Beleidigungen oder Bloßstellen von Mitschülern und Pädagogen.
Dieses so genannte Cyber-mobbing ist an Schulen weit verbreitet. Schüler, die andere mobben, sind sich in den vielen Fällen keiner Schuld bewusst. Es seien doch „nur ein paar Nachrichten“ und diese wären außerdem als „Spaß“ gemeint. Opfer haben da eine andere Perspektive.
Beispiel 2: Wieder an einem Gymnasium in der Region Magdeburg. In diesem Fall ist die Unachtsamkeit eines Lehrers Auslöser für Cybermobbing.  Hier wurde eine Software verwendet, mit der Unterrichtsmaterialien zwischen Lehrern und Schülern ausgetauscht wurden. Normalerweise sollte es nicht dazu kommen, dass sich pikante Urlaubsfotos zwischen den Daten befinden. Anstatt dem Lehrer das Missgeschick über fälschlicherweise kopierte Nacktfotos mitzuteilen, machten sich auch hier Schüler über ihn lustig und verbreiteten die Bilder. Ihre Rechtfertigung: „Ich finde, sowas sollte man als Lehrer nicht irgendwo posten. Gerade in der heutigen Zeit, in der jeder ein potenzieller Hacker ist“, sagte eine Schülerin. Der Lehrer sei selbst Schuld, wenn er solche Bilder zugänglich macht. Er hätte vorher kontrollieren können ob die richtigen Materialien bereitgestellt wurden. Das eigene Handeln blenden die Schüler aus. Die Folgen kalkulierten die betreffenden Jugendlichen nicht ein bzw. nahmen sie sogar wissentlich in Kauf.
Auf der Videoplattform „YouTube“ gibt es mittlerweile etliche Videos mit Lehrern, die unfreiwillig zum Gespött wurden. Auf Snapchat, Instagram und Co. werden täglich Bilder vom Unterricht hochgeladen und mit beleidigenden oder demütigenden Sprüchen versehen. Nicht nur auf Bildern und in Filmen werden Lehrer der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern ebenso in Audiodateien. Das Unterrichtsgeschehen wird mitgeschnitten und ebenfalls weitergeleitet.
Die Schikanierung und der erlittene, psychische Leidensdruck interessiert die Täter in der Regel nicht. Cybermobbing kann vielerlei Folgen haben. Zum Einen für die Opfer, die manchmal mit schweren psychischen Beeinträchtigungen kämpfen müssen. Zum Anderen für die Täter, da sich Gemobbte juris-tisch gegen solche Attacken wehren können. Glimpflich geht es ab, wenn es nach so einem Geschehen ein klärendes Gespräch zwischen Eltern der Täter, mit Kollegen und Vorgesetzten gibt.
Die Nutzung von Social-Media-Kanälen wird sicher nicht zurückgehen, sondern eher zunehmen. Es erscheint notwenig, auf Cybermobbing durch Aufklärung im Unterricht und innerhlab von Projekttagen zur Mediennutzung aufmerksam zu machen. Schließlich könnte heute jeder davon betroffen sein, und sicher möchte niemand unter den möglichen schamhaften Folgen leiden. Anna-Louisa Wiehe

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