Blinddarmentzündung bei Kindern: Die einfach schwierige Diagnose

Oberarzt Dr. med. Hardy Krause

Etwa jeder Zehnte hierzulande trägt seit seiner Kindheit am unteren rechten Bauch eine Narbe. Dort haben Ärzte einst den Blinddarm entfernt. Die Appendektomie, wie der chirurgische Eingriff bezeichnet wird, gehört zu den häufigsten Operationen überhaupt. Jährlich wird sie in Deutschland mehr als 100.000 Mal vorgenommen. „Auch in der Kinderchirurgie ist das Entfernen des Wurmfortsatzes (landläufig als Blinddarm bezeichnet) die häufigste Operation im Bauchraum“, weiß Dr. Hardy Krause, Leiter des Arbeitsbereiches Kinderchirurgie und Kindertraumatologie am Universitätsklinikum Magdeburg.

Eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) ist meist eine bakterielle Entzündung des Wurmfortsatzes, einem Anhängsel des Blinddarms. Die ersten Symptome bestehen häufig aus Schmerzen, die zunächst in der Nähe des Bauchnabels und in der Magengegend auftreten. Innerhalb weniger Stunden verlagern sich die Beschwerden in den rechten Unterbauch. Weitere Symptome sind Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung, belegte Zunge und Fieber. „Gerade bei Kindern sollte man diese Symptome immer vom Arzt abklären lassen“, weiß der Oberarzt und ergänzt: „Die Eltern sollten sensibilisiert sein, dass dahinter auch eine Blinddarmentzündung stecken kann. Der Kinderarzt wird zunächst untersuchen, ob eine Gastroenteritis z. B. eine Virusinfektion durch Rota- oder Noroviren vorliegt.“

Bei Verdacht auf eine Blinddarmentzündung werden drei Untersuchungen durchgeführt: das Abtasten des Bauches, die Blutuntersuchung und das Ultraschallbild (Sonographie). Diese liefern in Kombination bestenfalls die eindeutige Diagnose. Dr. Krause: „Bei sehr kleinen Kindern ist die Diagnose häufig schwierig. Sie können meist aufgrund ihres Alters den Schmerz nicht richtig lokalisieren und die Symptome wechseln oder sind nicht typisch. Daher sind bei der Diagnose viel ärztliche Erfahrung und ein gewisses Bauchgefühl nötig. Trotz aller Möglichkeiten ist bei den Kindern unter  zwei Jahren die Rate der verspäteten Diagnose sehr hoch.“ Bei Verdacht auf eine Appendizitis bleibt das Kind zunächst zur Beobachtung im Krankenhaus. Es darf in dieser Zeit nichts essen, da dies bei einer Vollnarkose zu Komplikationen führen kann und der Darm möglichst wenig arbeiten soll. Häufig wird nach der Diagnose einer akuten Appendizitis entschieden, mittels einer Operation den entzündeten Wurmfortsatz zu entfernen. Dabei wird entweder die offene Operation mit Bauchschnitt oder der minimalinvasive laparoskopische Eingriff angewendet. Nach einem Aufenthalt von circa fünf Tagen im Krankenhaus werden nach ungefähr zehn Tagen die Fäden gezogen. Danach soll sich das Kind noch weitere drei Wochen etwas schonen.

Prinzipiell kann man zwischen einer einfachen und einer zerstörerischen Blinddarmentzündung unterscheiden. Die Symptome fallen bei der zerstörerischen Form heftiger aus, da dort das entzündete Gewebe nach und nach zerfällt. Der Kinderchirurg warnt: „Bei der zerstörerischen Form ist die Wahrscheinlichkeit einer Perforation erhöht. Wenn der entzündete Wurmfortsatz aufplatzt und Bakterien sowie Darminhalt in die Bauchhöhle gelangen, kann dies unbehandelt zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen, den es unbedingt zu vermeiden gilt.“

Was zur Entzündung geführt hat, kann häufig nicht gesagt werden, da es oft keinen konkreten Auslöser gibt. Eine Blinddarmentzündung nimmt in den meis-ten Fällen aber einen positiven Verlauf: Wenn die Kinder rechtzeitig eine geeignete Behandlung bekommen, erholen sie sich in der Regel wieder vollständig. Um bei einer Blinddarmentzündung Komplikationen zu verhindern, ist es wichtig, bei ersten Symptomen frühzeitig einen Arzt aufzusuchen. Jacqueline Heß

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