Auf den Spuren der Vorfahren

Entdeckungen am Ringheiligtum Pömmelte

Da lockt ein geheimnisvoller Ort, wenige Kilometer südlich von Schönebeck, wo vor vielen Jahrtausenden Menschen zu Opferhandlungen und religiösen Zeremonien zusammenkamen, vielleicht sogar zu sportlichen Wettkämpfen. So lässt es sich schlussfolgern aus den Funden, die die „Wissenschaftler des Spatens“ zutage brachten.

Wie hat man diese Anlage entdeckt? Das ist eine Frucht des Flugwesens und der Fotografie. Auf Luftaufnahmen erscheint ein Kornfeld dort etwas dunkler, wo vor langer Zeit Bauten standen, selbst wenn das Jahrtausende zurückliegt. Denn an Stellen, wo Erde bewegt wurde, gibt es stärkeren Pflanzenwuchs. So entdeckte man Anfang der 90er Jahre zwischen Schönebeck und Barby auf Feldern dunkle Ringe, die auf eine vorgeschichtliche Anlage hindeuteten.

Was weiß man inzwischen? Auf dieser leicht erhöhten und somit vom Elbehochwasser geschützten Fläche errichteten unsere Vorfahren vor 4.300 Jahren eine größere Siedlung und dazu ein ringförmiges Heiligtum. Es bestand aus eingerammten Baumstämmen in mehreren Ringen, so wie wir es heute – nach der Wiedererrichtung – erneut sehen.

Wie kommt man hin? Von der A14, Abfahrt Schönebeck, oder aus der Richtung Gommern kommt man zu einem Kreisel, von dem aus es in Richtung Pömmelte/Barby geht. Hier wird schon auf das Ringheiligtum hingewiesen. Bei der kleinen Ansiedlung Zackmünde – also schon bevor man nach Pömmelte kommt – zweigt ein schmaler, asphaltierter Weg ab, der zur Anlage führt. Die Wege vom Parkplatz zum Ringheiligtum sind mit grünem Glassplitt belegt. Tafeln und Bodenplatten geben reichlich Information. Vergessen Sie aber nicht, sich zunächst einmal ganz einfach zu freuen an diesem gut gestalteten und optisch attraktiven Ringheiligtum! So etwa werden es schließlich auch die Menschen der Steinzeit gesehen und erlebt haben.

Woher die Farben und Dekors der Stämme? Man hat sie nicht hier gefunden. Die Archäologen kennen aber von anderen Orten solche Muster und haben sie hierher übertragen. Was ist da alles zu sehen! Besondere Stelen zeigen Pfeil und Bogen. Die Stämme sind geschmückt mit Fruchtbarkeitssymbolen oder einfachen Mustern. Auch Totenkulte werden bildlich ausgedrückt. Vorherrschend aber ist überall der Kreis. Er ist Zeichen für die Sonne, aber auch Sinnbild einer damals bis hin zu Stonehenge in Südengland verbreiteten alles umfassenden Auffassung von Kosmos, Unendlichkeit und Geheimnis. Zudem lässt das Rondell die Menschen ihre Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft spüren. Es gibt in unserem Gebiet – wie in ganz Europa – viele solcher Ringanlagen, teils bisher nur registrierte, teils schon wiederhergestellte wie auch die Anlage von Goseck.

Die klug gewählten Lücken in den Palisaden, durch die die Sonne im Jahreslauf scheint, stellen einen Kalender dar zur Bestimmung der Festzeiten von Sommer- und Wintersonnenwende, aber auch zu landwirtschaftlichen Zwecken, nämlich zur Bestimmung der Zeiten für Aussaat und Ernte. Rings um die Anlage verlaufen Gruben. Besonders dort wurden die Archäologen fündig und stießen auf Gräber und Opfergaben. An einigen Bestatteten ließ sich nachweisen, dass sie eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Das lässt auf Menschenopfer schließen. Die Funde sind im Salzlandmuseum im alten Rathaus von Schönebeck-Salzelmen ausgestellt.

Von einem Beobachtungsturm aus hat man einen guten Blick auf das gesamte Rondell und in die weite Landschaft. Derzeit bewegen sich neben dem Ringheiligtum wieder die Bagger. Weitere Siedlungsspuren sollen erschlossen werden. Die Anlage ist frei zugänglich und glücklicherweise bisher noch von Vandalismus verschont. An den Autokennzeichen sieht man, dass sich inzwischen das Ringheiligtum Pömmelte als Anziehungspunkt deutschlandweit herumgesprochen hat.

Meine Frau und ich waren schon über zwanzigmal dort und haben bereits viel Schönes erlebt: Die Eröffnung in großer Runde mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff sowie Jugendgruppen, die durch Kostüme und Tänze ein „Steinzeit-Feeling“ erzeugten. Es fanden Konzerte statt mit den Schönebecker Philharmonikern. Und es gibt gute, verständliche und kindgemäße Führungen, in denen mit langem Bandmaß die riesigen zeitlichen Größenordnungen der Anlage augenfällig gemacht werden. Da wird einem der große geschichtliche Rahmen der Menschheit bewusst und man fühlt sich verbunden mit jenen, die hier vor Jahrtausenden in Mühe und Not, aber auch mit Feier und in Freude lebten. Und man kann anhand der Bilder die Weltsicht dieser Leute erahnen und erkennen, was ihnen heilig war und wie sie ihre Beziehung zu dem ausgedrückt haben, was uns übersteigt. Schließlich nennen auch wir diesen Ort ein Heiligtum. Dieter Müller

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