Vom Studium zum Spielmann

Als Flo der Spielmann sorgt Florian Aderhold bei Mittelalterfesten für Stimmung – mit den Liederknechten, Sagax Furor und auch solistisch. Eine Karriere, die so nicht geplant war. Was trieb ihn nach Kaufmannslehre und Studium zum Mittelalter?

Wenn Florian Aderhold sein Gewand trägt, ist er gleichzeitig eine andere Person. Er ist Flo der Spielmann, reißt Possen, unterhält das Publikum mit Spaß und Gesang, mit Lauten und Flötenspiel. Die Kleidung ist den mittelalterlichen Festen angepasst, bei denen er auftritt, seinen markanten Hut hat er sich passend filzen lassen. Im privaten Gespräch fernab der Bühne wirkt er eher etwas schüchtern. Lächelt still, besonnen, überdenkt seine Worte, bevor er spricht. Auf der Bühne ist er spontan, witzelt, hält Zwiesprache mit dem Publikum. Er blüht regelrecht auf. Darin hat er seine Profession gefunden.

Das Musizieren für sich entdeckt hat er eigentlich durch seine Mutter, die das Gitarrespielen erlernen wollte. Der damals 14-Jährige griff sich irgendwann das Instrument und begann nachzuspielen. Mit 16 kam ein Keyboard dazu, dann das Flötenspiel. „Die Tonleitern sind überall gleich“, meint Florian lächelnd, „wenn man das begriffen hat, ist es ganz leicht.“ Dabei hat er nie Noten gelernt. „Wenn ich etwas ein paar Mal gespielt habe, sitzt das“. Manchmal spielte er im Freien – zum Austesten, ob seine Musik gefällt oder für ein Brot und ein Bier. Doch damit den Lebensunterhalt bestreiten? Fraglich. Also entschied sich Florian Aderhold zunächst für einen soliden Beruf. Er machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Um dann festzustellen: „Bis zur Rente möchte ich das nicht.“ Lieber kreativ sein! Journalismus schien ihm passend und er entschied sich für ein Studium in Gelsenkirchen. In die Heimat zurückgekehrt holte ihn die Realität schnell ein. „Es ist schwierig, damit Geldzu verdienen.“ Also besserte er sich neben der journalistischen Tätigkeit sein Einkommen mit Musik auf. Irgendwann reichte jedoch die Zeit nicht mehr für beides „und ich musste mich entscheiden“. Seitdem spielt die Musik die erste Rolle. Reich werde er auch davon nicht, erzählt er dann lachend. Das Materielle sei nicht so wichtig. Er könne davon leben und hat seine Freude daran. Das ist wichtig.

In die Mittelalterszene ist er „hineingewachsen“, erzählt der 39-Jährige. Irgendwann hörte er die Band InExtremo, deren Mischung von Folk, Rock und eigenem mittelalterlichen Stil ihn faszinierte. Seit 2006 gehört er zur Band Die Liederknechte. Sie treten vor allem bei Mittelaltermärkten auf, von Stapelburg bis Salzwedel, von Gommern bis Berlin. Als die Band Sagax Furor einen Lautenspieler suchte, stieg er zusätzlich 2009 mit ein. Aber auch solistisch ist er unterwegs, spielt unterschiedliche Programme an Kulturorten oder bei Firmen- und Familienfesten, mit facettenreicher Musik. Als nächstes tritt er im Glacis auf (dort entstanden auch die Fotos zu diesem Beitrag). Zu Pfingsten findet dort das Spectaculum Magdeburgense statt, wo er mit beiden Magdeburger Bands zu erleben sein wird. Die Liederknechte haben sich für dieses Ereignis etwas Besonderes ausgedacht: Sie präsentieren ihre erste eigene CD. „Jux und Dollerei“ wird sie heißen. Und wer die Band kennt, weiß: Dieser Titel ist Programm. Auch bei den Auftritten.

Alljährlich seit 2002 gehört für Flo das Spectaculum zum festgesetzten Termin. Viel hat sich seitdem verändert, erzählt er. Sowohl die Größe als auch der Ort. Zunächst als Teil des Stadtfestes zu Pfingsten wurde es zum eigenständigen Höhepunkt. Die Ausrichtung anfangs an der Festung Mark war eine andere als jetzt im Park. Geblieben ist das Miteinander, sinniert Florian. „Es ist wie ein Freundestreffen, wenn wir uns wiedersehen.“ Oft sitzen sie außerhalb der Auftritte gemeinsam am Lagerfeuer, erzählen, singen, haben ihren Spaß. So hat der Magdeburger erfahren, dass es viele Gründe gibt, um sich dem Mittelalter zu widmen. Die einen interessieren sich für das Leben, für Handwerk und Technik in früheren Zeiten, widmen sich dem Erhalt. Für die anderen ist es eine willkommene Abwechslung vom Alltag. Ebenso unterschiedlich sind die Besucher: die einen tragen stilechte Gewänder, die anderen Kostüme. Aber „Hauptsache, sie haben Spaß.“

Florian Aderhold möchte allerdings nicht allein auf Mittelalterfeste festgeschrieben werden. Obwohl er Freude daran hat, selbstredend. Doch sein Interesse geht darüber hinaus. Wohin würde es ihn ziehen? „Auf einem Festival zu spielen wäre toll”, sagt er und während er es ausspricht, bringt dieser Gedanke seine Augen zum Leuchten. In Rudolstadt wäre ein Traum, wo sich Folk und Weltmusik treffen.

Gefragt nach seinem größten Wunsch, antwortet er spontan „Gesundheit“, um nach kurzem nachdenklichen Schweigen hinzuzufügen: „Auch wenn es vielleicht profan klingt: Ich wünsche mir Frieden und dass die Gesellschaft mehr zueinander findet, die Spaltung überwindet, politisch wie kulturell. Wenn es allen besser geht, geht es auch mir gut.“ Dann bekommt der Spielmann wieder die Oberhand und mit Glitzern in den Augen verkündet er: „Wenn sich jeder einen Spielmann leisten kann, habe ich ausgesorgt.“ Birgit Ahlert


Flo der Spielmann ist zu erleben mit den Liederknechten und Sagax Furor beim Spectaculum Magdeburgense vom 17. bis 21. Mai in Glacis-Park an der Maybachstraße.

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