Singen macht glücklich
Wo man singt, so sagt der Volksmund, da lass dich ruhig nieder. Der Volkschor Magdeburg setzt diese Einladung fort: „Singen macht Freude und ist im Chor am schönsten“. Mit dieser Erkenntnis begrüßen die Sängerinnen und Sänger ihre Gäste auf ihrer Internetseite. Wie das in der Praxis aussieht, wollten wir vor Ort wissen und besuchten eine Probe. An einem Dienstag im Volksbad Buckau.
Stuhlreihen sind aufgebaut im großen Saal. Hier wird nicht gestanden, sondern im Sitzen gesungen. Zunächst gibt es einige Lockerungsübungen. Wie beim Erwärmen im Sport. Einsingen, nach Stimmlage und im Kanon. Tatyana Raygorodska leitet an. Sie ist diplomierte Chordirigentin und Pädagogin der Musiktheorie und steht seit 2002 dem Volkschor vor. Aufmerksam lauschen ihr die Frauen und Männer, folgen ihren Worten und Gesten. „Ein Lied ist wie ein Traum“, singen sie und „Die Sonne scheint so schön“. Sie singen über die Sprache der Musik und „wir schenken euch ein Lied“. Dabei geht Tatyana Raygorodska durch die Reihen, singt mit, gibt stimmliche Unterstützung. Mal erklingt Bass versus Sopran, mal Höhen und Tiefen im Einklang. Mal forte (laut), mal piano (leise), manche Stellen immer wieder, bis auch der letzte Buchstabe des Liedes klar erklingt.
Konzentiert und doch mit einem Lächeln im Gesicht. Singen sorgt für gute Laune, sagt Antje Wagner, die uns zur Probe eingeladen hat. Und es hält jung, so wurde das älteste Mitglied 101 Jahre. Antje Wagner erklärt: Singen ist gut für die Gesundheit. Es kräftigt die Lungen und verbessert das Wohlbefinden. Die Atmung ändert sich, wird tiefer, sodass der Körper mit mehr Sauerstoff versorgt wird. Singen hat eine medizinische Wirkung, sagt Antje Wagner, und es macht glücklich. Auch das trägt zum Wohlbefinden bei. Zu dieser Erkenntnis kam die Magdeburgerin vor zwei Jahren, als sie nach einer Krebserkrankung in der Reha zum Singen kam. Das gab ihr so viel Kraft, dass sie sich nach der Rückkehr sofort auf die Suche machte nach einem passenden Chor in ihrer Heimatstadt. Am besten gefiel ihr der Volkschor. „Das gemeinsame Singen tut mir immer wieder gut und ich freue mich auf jeden Dienstag“, sagt sie begeistert.
Den Chor in seiner jetzigen Form gibt es seit über 60 Jahren. Manche der Sängerinnen und Sänger sind bereits seit Jahrzehnten dabei. Seine His-torie geht jedoch viel weiter zurück: Es ist der älteste Chor der Stadt. Er entstand durch das Zusammenlegen vom Männerchor Buckau und dem Frauenchor Fermersleben. In alten Chroniken ist deren Gründungsdatum mit 1892 und 1912 belegt. In seiner jetzigen Form besteht er seit dem 1. Februar 1958. Rund 40 Frauen und Männer treffen sich einmal in der Woche zum gemeinsamen Singen. Zum Repertoire gehören vor allem traditionelle deutsche Volkslieder. Darunter viele alte, manche sind kaum noch bekannt. Aber auch moderne Lieder werden gesungen, sogar selbstgeschriebene. Dazu klassische und Musical-Stücke sowie – immer wieder ein Erlebnis – Kanons. Weit über 300 Lieder gehören zum Repertoire und an die 60 Weihnachtslieder. Was gesungen wird, wird in der Gruppe entschieden, in der jede Stimmlage vertreten ist. Die letzte Entscheidung trifft die Chorleiterin. Es kommt auch darauf an, wo der Chor auftritt. Um die 30 Mal im Jahr ist er zu erleben. Neben öffentlichen Konzerten u.a. auch in Altenheimen. „Es ist wunderbar zu erleben, wie die Senioren aufblühen und mitsingen“, erzählt Antje Wagner freudestrahlend. Kürzlich trat der Chor beim Jubiläumsfest im Elbauenpark auf und im Oktober nimmt er am XVll. Internationalen Chorfestival „Beati Cantores“ in Bad Salzbrunn in Polen teil. Wer den Chor live erleben möchte, hat am 21.Juni bei der Fête de la Musique Gelegenheit dazu: um 17 Uhr in der Kirche St. Petri.
Wer Lust am gemeinsamen Singen hat, ist gern zu den Proben eingeladen: immer dienstags, 16 bis 19 Uhr, im Volksbad Buckau. Jeder Gast kann zunächst drei Mal unverbindlich dabei sein, singen und zuhören. Wer sich dann für den Chor entscheidet, wird zum Vorsingen eingeladen, bei dem es auch um die Einordnung der Stimmlage geht. (ab)