Salutra – Es lebe der Gesang!
Sangesfreudige Frauen und Männer treffen sich jede Woche in Ottersleben zum Proben. Vor gut zehn Jahren gründeten sie den Salutra-Chor. Ein Besuch.
Brrrr, oooohhhh, jamjamjamjam ... Es summt und knurrt und zischt im Klassenraum der Grundschule in Ottersleben. Männer und Frauen stehen im Halbkreis und geben Geräusche von sich. „Ihr müsst die Töne kauen, riechen“, sagt Stefan Gericke leidenschaftlich. Er ist Leiter des Chores, der sich einmal in der Woche zur Probe trifft. Frauen und Männer frönen ihrer Sangesleidenschaft. Doch bevor es an die schwungvollen Melodien geht, stehen Lockerungsübungen an: für Stimmbänder, Lippen, Gesicht. Auch die Stimme braucht ein „warm up“, um geschmeidiger, variierender, auch kraftvoller zu sein. Dann geht es los: „Wir grüßen euch mit frohem Sang“.
Salutra heißt der Chor. Der Name ergibt sich aus den lateinischen Wörtern „salutare“ für begrüßen und „lutra“ von Lutreae für Otter, der symbolisch für Ottersleben steht. Im hiesigen Heimatverein keimte die Idee, nachdem bei dessen Weihnachtsfeier ein Chor aufgetreten war. Gründen wir doch selbst einen, schlug Werner Schilling vor. Ottersleben hatte schon immer große Chöre, berichtet er. Doch irgendwann war diese Tradition unterbrochen worden. Das sollte sich ändern. Stefan Gericke konnte als Leiter gewonnen werden, der bereits bei anderen Chören tätig ist (Singkreis Magdeburg, Kammerchor). Sangesfreudige Ottersleber waren schnell gefunden, doch zunächst zu wenige. Mit weniger als 15 Sänger/innen bräuchte man nicht beginnen, bekamen sie zur Antwort. Also suchten sie Gleichgesinnte, fragten ringsum, Freunde, Nachbarn, Bekannte. „Manche meldeten ihre Teilnahme nur uns zuliebe und wollten sich wieder zurückziehen, wenn wir ausreichend Personen sind“, erzählt Werner Schilling. Dann lacht er: „Geblieben sind sie alle.“ Weil singen Spaß macht, Freude bereitet – sich und anderen.
Zum Chor gehören derzeit 30 Aktive. Die Jüngsten sind Mitte 40, die älteste 83. Von Beruf sind sie Erzieherin, Krankenschwester, Angestellte, Feuerwehrmann, die als Ausgleich zum Arbeitsalltag singen. Ebenso gehören Senioren dazu, die im Gesang eine Aufgabe gefunden haben. Sie singen vorrangig Volks- und Heimatlieder, wollen traditionelles Liedgut erhalten, erklären Anette Schütze und Manuela Dalichow vom Vereinsvorstand. Wunderbare sind darunter, erzählen sie, viele schon fast vergessen, andere fast Evergreens. „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“, „Was kann schöner sein“. Sie singen „mit Schwung“, erklären sie, holen die traditionellen Weisen ins Heute, um auch andere, jüngere Leute davon zu begeistern.
Ältere erinnern sich, wenn der Salutra-Chor auftritt, beispielsweise in Alten- und Pflegeheimen. Gänsehaut und Tränen gibt es dann beim Publikum. Hervorgerufen durch Erinnerungen an früher, damals, als sie selbst jünger waren und Melodien sangen – und sie singen mit, mit dem Chor. Dann ersticke ihnen selbst fast die Stimme, erzählen Manuela Dalichow und Anette Schütze – vor Freude, so sehr bewegt es sie.
Gern aber würden sie auch Schlager singen, der im Chorgesang eine völlig andere Qualität erhält. Sie lieben es, im Kanon zu singen. „Es tönen die Lieder“ oder „C-a-f-f-e-e“. Bis zu 12-stimmig geht der versetzte Gesang, erzählen sie stolz. Dann folgt ein leises Lachen: „Manchmal ein Wirrwarr … Aber es kommt immer gut an.“ Auch bei Auftritten präsentieren sie diese Vielfalt. Mindestens zwei große eigene Konzerte geben sie jährlich: Im Sommer und zu Weihnachten in der örtlichen Kirche St. Stepanie. Weitere Auftritte erfolgen allein oder mit anderen Chören. Bei der Verleihung des Adelheidspreises beispielsweise waren sie zu erleben und im Rathaus, beim Empfang des Bürgermeisters für die Goldenen Paare der Stadt. Das gab ein Hallo! Denn Chormitglied Barbara Seifert und ihr Mann gehörten zu den Paaren und Freudentränen waren die schönste Anerkennung. Zu den besonderen Erlebnissen gehört zudem das Weihnachtssingen im vorigen Jahr: „mit 12.000 singenden Teilnehmern im Stadion. Das war genial.“
Der Chor ist weit mehr als ein Zusammenschluss von Freizeitsängern. Professionalität ist ihnen wichtig. Zweimal im Jahr treffen sie sich zur Wochenendschulung. Von Freitag bis Sonntag wird gesungen und gelernt. Seit mittlerweile acht Jahren. Ihnen zur Seite steht ein Profimusiker, ebenfalls aus Ottersleben: Andy Wilde. Er gibt ihnen Profitipps, für Atmung und Stimme, Gesangsunterricht. Das hat sie vorangebracht, betonen sie. Und wie zur Bestätigung singen sie. „Wir grüßen euch mit frohem Sang“. Glockenklar. Mehrstimmig. Die Melodie nimmt mit. Gute Laune verbreitet sich.
Singen ist ansteckend. Am liebsten würde man gleich mitsingen. Doch reicht die Stimme dafür? „Aber natürlich“, sagen die Frauen lächelnd, einladend. Nicht jede/r habe vielleicht die beste Stimme, ergänzen sie dann, aber auch das ist Übungssache. Und über „Verstärkung“ würden sie sich freuen. Wer gern mitsingen möchte, kann sich jederzeit beim Chor melden. Entweder beim Heimatverein Ottersleben oder direkt zur Probe: Immer donnerstags, 19.30 Uhr, in der Grundschule, Richard-Dembny-Str. 41. Birgit Ahlert