„max bill – DAS ABSOLUTE AUGENMASS“
Das Bauhaus Weimar und Dessau prägte über ein Jahrzehnt in den zwanziger Jahren die bildende Kunst, die Architekten und Stadtplaner und erhielt mit Unterstützung der Stadt Dessau 1925 ein neues Bauhausgebäude. Die Leitung für das Schulgebäude hatte Walter Gropius mit den Fachbereichen Kunst, Design und Architektur. Auf Antrag der Nationalsozialisten entzog (schon 1932) die Stadt Dessau so die finanzielle Unterstützung des Bauhauses und schloss das Gebäude. Auch der Umzug nach Berlin unter Mies van der Rohe wurde von den Nationalsozialisten 1933 beendet …Gründe lagen in der Architektursprache, dem städtebaulichen Verständnis, der politischen Haltung und dem gesellschaftlichen Aufbau. Viele Meister und ihre Schüler waren zu diesem Zeitpunkt schon aus Deutschland emigriert.
Der Bauhausschüler Max Bill verließ 1928 Dessau nach einem Unfall in der Theatergruppe des Bauhauses und kehrte in die Schweiz zurück. Wiederholt hat er in der Schweiz Emigranten aus Deutschland aufgenommen, sich politisch engagiert und antifaschistische Positionen vertreten.
Im Zweiten Weltkrieg waren viele deutsche Städte flächendeckend zerstört worden – eine Antwort auf den Überfall Polens 1939, auf das Morden der Zivilbevölkerung in Coventry 1940 und auf den dogmatisch unbeugsamen Siegeswillen der Nationalsozialisten. Der Architekt und Rüstungsminister Albert Speer lenkte schon 1943 einen Arbeitsstab zum Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte – zentral in seiner Verantwortung in Berlin und nationalsozialistisch vom Gigantismus geprägt. 1945 wurde Deutschland durch die Alliierten von den Nationalsozialisten befreit. Es begann die Suche nach den Vermissten, Toten und Verletzten, dann das Aufräumen, das Atemholen, die Neuorganisation und die Diskussion über den Wiederaufbau der deutschen Städte.
In Ost und West wurde bis 1949 das Neue Bauen des Bauhauses, der Funktionalismus, als positiver Beitrag zur deutschen Moderne und zum Wiederaufbau nach dem Krieg diskutiert – bis hin zur Farbigkeit. Die Stadtplaner, Architekten, die Meister und ihre Schüler sowie Bewunderer aus verschiedenen Kunstrichtungen begannen wieder zu arbeiten und tauschten ihre Gedanken aus. So 1947 Hermann Henselmann „Generation ohne Nachfolge“ und Hans Scharoun „Gedanken zur neuen Gestalt der Stadt“ sowie 1948 Karl Leyendecker „Die Stadt der besseren Zukunft“.
Waren Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe prägend für das Bauhaus, so waren die Gedanken von Bruno Taut in seiner Magdeburger Gruppe Grundlage für die Diskussion der städtebaulichen Entwicklung – auch die oftmals prägende Farbigkeit.
Der Neue Bauwille in Magdeburg ist das an der Rationalität orientierte Formverständnis, bestimmt durch die schlichte Funktionalität und den sozialen, genossenschaftlichen Gedanken – auch beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Nicht nur die Meister des Bauhauses kehrten nach Deutschland zurück, sondern auch ehemalige Schüler wie Max Bill. 1953 – zwanzig Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten – entstand unter seiner Leitung die Hochschule für Gestaltung in Ulm, am Vorbild des Bauhauses in Dessau orientiert. Max Bill leitete den ersten „Lehrstuhl für Umweltgestaltung“. Eröffnet wurde diese Hochschule durch Walter Gropius umgeben von den damaligen Honoratioren und Politikern.
Der Schweizer Max Bill (22.12.1908 bis 9.12.1994) war einer der größten Künstler des vergangenen Jahrhunderts. Bauhausschüler, Bildhauer, bildender Künstler, Designer, Architekt, Erbauer und Rektor der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Er war ein engagierter Antifaschist, protestierte gegen die atomare Aufrüstung und den Vietnamkrieg und setzte sich nachhaltig für den Umweltschutz ein.
Was steckt hinter den Gestaltungsprinzipien von Max Bill? In seinem dokumentarischen Porträt „max bill – DAS ABSOLUTE AUGENMASS“ sucht der Schweizer Regisseur Erich Schmid die Antworten im Spannungsfeld zwischen Kunst und Politik, zwischen kreativer Vision und gesellschaftlicher Verantwortung. Max Bill`s leidenschaftliches Fazit war „wir können nur in Bildern denken, träumen, erinnern“.
Im IBA-Shop Magdeburg wird zur Zeit vom Stadtplanungsamt die Ausstellung „Magdeburger Moderne“ gezeigt. Diese ist ein Beitrag der Landeshauptstadt Magdeburg zum Bauhausjubiläum. Die gesellschaftlichen Reformen, besonders das Genossenschaftswesen, der sozial bestimmte Siedlungsbau und die funktional, materialgerecht gestalteten Bauten stehen dabei besonders im Vordergrund.
Gemeinsam mit der Wohnungsgenossenschaft 1893 wird am 31. Januar, um 17 Uhr im OLI Kino der Film über das Lebenswerk von „max bill – DAS ABSOLUTE AUGENMASS“ gezeigt. Dr. Eckhart W. Peters