„Das war wie wohliges Schlammcatchen”

Am Rande des Konzerts von Dieter „Maschine” Birr im Alten Theater hatte Birgit Ahlert Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit Heinz Rudolf Kunze:

Magdeburg ist das einzige Konzert auf Maschines „Neubeginner”-Tour, bei dem Sie dabei sind. Wie kommt das?
Heinz Rudolf Kunze: Das ist nur ein Hallo-Sagen. Ich wollte mich mal melden und kurz in Erscheinung treten. Ich habe ja an den „Neubeginner“-Album relativ viel mitgeschrieben. Da haben wir abgemacht, uns gegenseitig bei unseren Konzerten besuchen. Ich hier und er kommt zu meinem Konzert in Berlin.

Es liegt also nicht an Ihrer besonderen Beziehung zu unserer Stadt?
Es ist eine große wichtige Station auf der Tour. Ich habe ja vor gar nicht langer Zeit ein Radiokonzert hier gegeben, das war absolut gigantisch. Das ist nicht so üblich, im Kontext eines Senders, dass die Leute so ausrasten und gar nicht aufhören wollen. Wir haben viele Radiokonzerte gegeben, in ganz Deutschland, hier in Magdeburg war es die extremste Reaktion, Leute waren völlig aus dem Häuschen. Bei der letzten Tour hatten wir hier im Alten Theater zweimal gespielt und im vorigen Oktober war es auch wieder rappelvoll. Magdeburg ist eine Hochburg, das kann man sagen.

Das Alte Theater hat eine Größe, die eine besondere, fast intime Atmosphäre ermöglicht.
Eine angenehme Größe, ja, aber wir nehmen jeden Saal wie er kommt. Wir haben’s auch kleiner und größer und wir versuchen immer, unser Bestes zu geben. Bei der Saalgröße kommt es immer auf das Konzert an. Wenn ich solo unterwegs bin, wäre das schon die Obergröße. Ganz allein mit Flügel und Gitarre braucht man eine gewisse Intimität. Mit der lauten, elektrischen Band können wir jede Größenodnung bespielen.

So wie die nächsten Konzerte. Ihre Tour startet in Kürze, am 1. April sind Sie in der Stadthalle.
Die werden größer sein, ja.

Dann präsentieren Sie Ihr aktuelles Album, mit Ihren Lieblingsstücken ...
... Lieblingsstücke würde ich es nicht nennen.

Sondern?
Stücke, die mich gereizt haben, wie einen Tierdompteur – ich wollte sie mal bezähmen. Meine Lieblingsstücke sähen noch ganz, ganz anders aus. Niemand wird ernsthaft von mir erwarten, dass „Ganz in Weiß“ von Roy Black ein Lieblingsstück von mir ist. Aber es war ein Dämon, den ich einfach mal besiegen wollte.

Gab es Stücke, die Ihnen besonders Spaß gemacht haben?
Lieblingsstücke auf dem Album sind ganz eindeutig „Der Musolllini“ (von DAF - d. Red.) und die „Neubauten“ („Haus der Lüge“ - d. R.). „Ideal“ („Ich steh auf Berlin“ - d. R.) – das ist meine Zeit, in der ich angefangen habe. Auch Karat ist drauf. Puhdys und Karat würde man von mir ja noch erwarten, aber die „Münchner Freiheit“ geht schon ein bisschen weiter weg und Roy Black ist dann schon extrem weit weg. Aber das wollte ich, wollte den ganzen Spagat zeigen, den populäre Musik in Deutschland ausmacht seit Jahrzehnten, und die Bandbreite möglichst riesig haben.

Die geht bis zur Punkband Die Toten Hosen.
Naja, das ist ja nun kein extremes Lied von ihnen. Extrem ist Blixa Bargeld mit den Neubauten und „Der Mousollini“, da habe ich mich richtig ausgetobt. Das war wie wohliges Schlammcatchen.

Gab es auch eins, von dem Sie wieder Abstand genommen haben, weil es nicht funktionierte?
Nein. Ich glaub, ich habe eine gute Auswahl getroffen. Ich hatte einen guten Produzenten, zum ersten Mal seit gefühlten 100 Jahren, habe ich mit einem Fremdproduzenten gearbeitet. Wir hatten uns vorher lange unterhalten über die Auswahl und er hat das wunderbar vorbereitet. Ich habe mir dann jeden Song angezogen wie eine Rolle, wie ein Schauspieler, und habe es so lange bearbeitet bis ich fand: Das steht mir, ich kann die Rolle darstellen.

Letztlich eine Frage unabhängig von den Konzerten. Magdeburg möchte Kulturhauptstadt werden. Was meinen Sie, müsste sie dafür haben?
(lacht) Nicht so viele Baustellen! Ich würde dringend empfehlen, sie vorher zu beseitigen. Wir sind mehrfach beim Versuch, in die Innenstadt zu kommen, abgeschmettert worden und im Harz gelandet ... (lacht wieder) Das ist schon krass. Aber ein tolles Publikum zumindest gibt es hier schon. Das Publikum ist reif für den Titel.

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