Trinkwasser aus verschmutzten Flüssen
Wasser ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen des Menschen. Doch die Weltbevölkerung steigt und Industrie sowie Landwirtschaft verbrauchen die wertvolle Flüssigkeit zur Erzeugung von Produkten enorm exzessiv. In mancher Region der Erde verfügen Menschen nur eingeschränkt über sauberes Trinkwasser. „Im afrikanischen Niger können nur 42 Prozent der Bevölkerung auf sauberes Trinkwasser zurückgreifen, in Afghanistan sind sogar nur 22 Prozent und in Somalia 29 Prozent“, erklärt Martin Drewes. Der gebürtige Wolmirstedter beschäftigt sich seit 2013 mit der lebensspendenden Flüssigkeit. Kürzlich gründete er gemeinsam mit Martina Findling das Unternehmen „Inflotec“, das stromunabhängige Wasserreinigungsanlagen in Länder oder Krisengebiete bringen will, in denen es zeitweilig oder dauerhaft zu wenig sauberes Trinkwasser gibt. Das klingt nicht nur gut, sondern ist sogar eine kleine Genialität. Doch bevor Martin Drewes seine Nase tief in die Materie steckte, studierte der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker und spätere Kfz-Meister von 2009 bis 2015 Maschinenbau an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Seinen Abschluss, Master of Science, machte er mit einer Arbeit über die Gewinnung elektrischer Energie durch eine dezentrale Wasserkraftanlage. Dabei reifte schnell die Erkenntnis, dass man mit kleinen Wasserkraftanlagen zwar ausreichend Antriebskraft erzeugen kann, aber der Wirkungsgrad bei der Umwandlung in elektrische Energie für Elektromotoren zu gering ausfällt.
Der Gedanke, dass man mit der Antriebskraft etwas anfangen könnte, lies Martin Drewes nicht mehr los. Das Problem verschmutzter Gewässer war ihm gegenwärtig. Bei der amerikanischen Weltraumbehörde NASA fand er ein Patent für die Wasseraufbereitung. Das Verfahren wird beispielsweise in der Weltraumstation ISS verwendet, um aus Brauchwasser und Urin Trinkwasser für die Besatzung herzustellen. Martin Drewes konstruierte eine schwimmende Anlage in der ein Schaufelrad in einem fließenden Gewässer eine Pumpe antriebt. Dadurch kann ein kontinuierlicher Prozess zur Wasserreinigung in Gang gesetzt werden. Verschmutztes Flusswasser durchläuft dabei mehrere Filter und wird am Ende mit Mineralien angereichert. Die Drehung des Rades wirbelt das Flusswasser auf und versetzt es zusätzlich mit Sauerstoff, sodass ein Algenwachstum angeregt wird. Das fördert außerdem Selbstreinigungsprozesse um den Bereich der Anlage. Das Reinigungsschiffchen kann so energieunabhängig betrieben werden. Bevor die Filter gewechselt werden müssen, erzeugt Martin Drewes Erfindung 3.000 bis 4.000 Liter Trinkwasser.
Martin Drewes Konstruktion kann einfach und schnell in Betrieb genommen werden. Die Instandhaltung ist enorm einfach. Jederzeit kann man sie an einem anderen Ort neu stationieren. Selbst in Katastrophenfällen, wenn die Infrastruktur zusammengebrochen ist, kann das kleine Trinkwasserwerk eingesetzt werden.
Über das Versuchsstadium ist die Erfindung längst hinaus. Für den technischen Prozess hat sich der Ingenieur ein Patent gesichert. Derzeit laufen noch verschiedene rechtliche Zulassungsverfahren. Um die Trinkwassergewinnung vermarkten zu können, suchte sich Drewes eine Geschäftspartnerin. Martina Findling bringt die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse mit und kümmert sich außerdem ums Marketing. International agierende Partner zur Markteinführung stehen bereits in den Startlöchern und möchten der Magdeburger Erfindung Wege nach Afrika, Asien und Lateinamerika ebnen. Martin Drewes und Martina Findling haben mit der stromlosen Anlage für sauberes Wasser die Vision entwickelt, Menschen in Gebieten mit unzureichender Trinkwasserversorgung zu helfen. Sie sind auf den Weg, das Vorhaben umzusetzen. Thomas Wischnewski