Schifffahrt auf der Elbe und 125 Jahre Magdeburger Hafen 2
Die Gunst der Lage der Stadt an der Kreuzung einer nordsüdlichen und einer westöstlichen Handelsstraße erhob Magdeburg zu einem der größten Warenumschlagplätze des mittelalterlichen Deutschlands. Die Stadt zog die Händler an sich, bereicherte sich an ihnen und sandte sie dann weiter in die Welt hinaus. Magdeburg entwickelte sich zu einer bedeutenden Umschlags- und Handelsmetropole. Der gesamte Hafenbetrieb erfolgte insbesondere am linken Elbufer. Der Zwischenhandel dominierte und bestimmte die wirtschaftliche und politische Struktur des Gemeinwesens der Stadt. Mitte des 13. Jahrhunderts bildete sich in Magdeburg das sogenannte Stapelrecht heraus, d.h. ankommende Waren mussten am Ort gestapelt und drei Tage lang zum üblichen Preis angeboten werden. Ende des 13. Jahrhunderts ist Magdeburg folgerichtig auch freie Stadt der deutschen Hanse.
Das sich in den Jahrhunderten entwickelte Abgabensystem für Handeltreibende behinderte den Warenaustausch. Trotz vieler Bemühungen hatte der Magdeburger Rat dem Landesherrn das Zollrecht auf der Elbe nicht abringen können. Denn diese Steuern bildeten eine der wichtigsten Einnahmequellen des Erzstifts. Für einheimische Kaufleute stellte der Bischof den Handel auf dem Wasserweg jedoch zollfrei. Die Salzgewinnung insbesondere im Raum Halle erforderte das Sieden große Mengen an Holz. Wenn auch in grauer Vorzeit das Flößen von Holz für alle denkbaren Verwendungen betrieben wurde, so entwickelten sich mit der technischen Salzproduktion eigene Transportströme und Umschlagaktivitäten. Dem Kloster zu Neuberg bei Halle erteilte der Erzbischof Wichmann zu Magdeburg im Jahre 1152 die Freiheit, mit einem Schiff Salz zu transportieren und auf dem Rückweg Brennholz für den Siedeprozess zu laden. Vielleicht war dieses Brennholz zum Flößen weniger geeignet, als das sonstige Nutzholz.
Einen großen Anteil am Fernhandel nahm Getreide ein. Die Kaufleute hatten sich schon Anfang des 11. Jahrhunderts das Recht erstritten, alle Kornlieferungen, die zu Lande und zu Wasser Magdeburg berührten, drei Tage in der Stadt stapeln zu lassen. Mit diesem „Stapelrecht" war für die Zunft der Kaufleute das Vorkaufsrecht verbunden. Die externen Händler mussten für die Niederlegung ihrer Waren in den Ratsspeichern auch noch Gebühren entrichten. Den Bäckern und Bierbrauern der Stadt räumten die Kaufleute die „Vorhand“ ein, das Erstkaufsrecht. Die Gilden stellten auf diese Weise eine kontinuierliche Grundversorgung der Einwohner Magdeburgs sicher. Der Rat hatte mit dem Stapelrecht den Transport von Getreide auf der Elbe und zu den Seehäfen weitgehend monopolisieren können. Im Lauf des 15. und 16. Jahrhunderts weitete er den Katalog der niederzulegenden Handelsgüter noch aus: Alle Waren, die auf dem Landweg und zu Schiff Magdeburg erreichten, mussten drei Tage lang in der Stadt feilgeboten werden. Somit konnten die Großhändler Angebot und Nachfrage sichten, ohne die Produktionsorte der Waren selbst bereisen zu müssen. Die Einnahmen aus diesem Zwischenhandel begründeten im Wesentlichen den Reichtum Magdeburgs im ausgehenden Mittelalter.
Anfang des 19. Jahrhunderts erhielt die Elbschifffahrt einen professionellen Charakter. Im Jahre 1812 wurde der Elbpegel Magdeburg installiert und seit dieser Zeit bis heute täglich gemessen. Eine Revolution bei Handel über die Wasserwege bedeutete die Dampfschifffahrt. 1814 legte der Weimarer Kongress Rahmenbedingungen für die Elbschifffahrt fest. Die Artikel 108 bis 117 bezogen sich auf die internationale Flussschifffahrt. Der Artikel 109 betrifft die „Freiheit der Schifffahrt“, in dem jeder Fluss bis zur Mündung frei sei und der Handel niemandem untersagt werden darf. Der Artikel 113 regelte die Arbeiten am Fluss. Jeder Uferstaat wurde verpflichtet, auf seinem Gebiet die Unterhaltung der Leinpfade für die Schiffszieher sowie Arbeiten am Strombett vorzunehmen. Die politischen Voraussetzungen für die maschinengetriebene Schifffahrt waren damit gegeben. Die Dampfschifffahrt auf der Elbe begann. 1818 trifft der erste Dampfer in Magdeburg ein. Nach Literaturvergleich muss es das erste in Deutschland gebaute Dampfschiff „Prinzessin Charlotte von Preußen“ gewesen sein. Übrigens: Der erste Dampfer auf dem Rhein fuhr 1816. Am 16. Mai 1818 trifft die „Prinzessin Charlotte“ nach 74-stündiger Fahrt mit Gütern aus Hamburg in Magdeburg ein. Schiffsmüller und Segelschiffseigner beobachteten diese Entwicklung mit Argusaugen und verhinderten noch zwei Jahrzehnte lang die Einrichtung einer Schifffahrtslinie; die erst 1837 ihren Betrieb aufnahm. Zehn Magdeburger, in erster Linie Kaufleute, hatten die Dampfschiffahrts-Compagnie gegründet. Ihre Elbedampfer beförderten 1845 bereits 26.000 Fahrgäste und 15.000 Tonnen Frachtgut. Stromaufwärts wurden die schweren Lastkähne allerdings auch im 19. Jahrhundert noch lange getreidelt: Treidler (auch „Bomätscher“ genannt) zogen die Kähne an Seilen elbaufwärts – besonders über die stark abschüssige Strecke am Domfelsen. Eine mühevolle Aufgabe, die heute noch im deutschen Vokabular ihre Begriffe hat: „Zieh Leine", wenn er endlich gehen soll oder „trödeln", wenn es zu langsam geht. Bergab war das Schiffen leichter. Die Antriebskraft gab der Fluss gratis, wobei das Manövrieren eines Schiffes beim Treiben im Strom mit entgegenkommendem Schiffsverkehr, Sandbänken, Stromschnellen, Kurven und auch immer häufiger anzutreffenden Schiffsmühlen Können erforderte. So war der Hafen als Endpunkt einer Reise nach getaner Arbeit und erhaltenem Lohn für die Schiffer ein Ort der Erholung und der Ort, an dem das Geld ausgegeben wurde. Ähnlich wie in den Seehäfen waren die Hafenkneipen und Stadtschänken Stellen der Begegnung, der Lieder und der Fröhlichkeit. So lebte die Stadt auch vom Hafen.
Ab 1866 setzten sich die Kettenschlepper durch, und nach 1900 machten die neuen Raddampfer auch diese mechanische Hilfe überflüssig. Ein Dampfschiff benötigte für die Strecke Hamburg-Magdeburg elbaufwärts 40 Stunden, stromabwärts sogar nur 14 Stunden. Die Eilsegelschiffe hatten dafür zwei bis drei Wochen benötigt. 1842 entstand ein Schutzhafen im Anschluss an die Zollelbe, etwa 40 Jahre später der städtische Handelshafen in der Neustadt. Sein Becken bot Platz für 100 Dampfer; die Kailänge betrug vier Kilometer. 1908 nahm der Industriehafen den Betrieb auf. Die beiden Elbbrücken – Zollbrücke und Lange Brücke – entstanden 1880 bis 1882.
Mit den ersten Kanalbauten in Deutschland werden die natürlichen Wasserstraßen vernetzt. Die Schiffe werden größer. Die Schiffe der Salzflotte, von Lüneburg zum Beispiel, sind etwa 12 Meter lang und 2,5 Meter breit und tragen etwa 150 Säcke Salz. Das entspricht 7,5 Tonnen pro Schiff.