Sag mir, wo die Bilder sind …

"Junges Paar". Günter Glombitza (*27.05.1938 Breslau/Schlesien; † 29.05.1984 Magdeburg). Maler & Grafiker, Schüler v. Bernhard Heisig. Das Bild löst bei Betrachtern Diskussionen über das sozialistische Menschenbild aus.

Sag mir, wo die Bilder sind, wo sind sie geblieben? Wo sind alle die Bilder und Grafiken geblieben, die in den letzten 20 bis 30 Jahren der DDR von Magdeburger Künstlern geschaffen wurden? Sie alle erhielten öffentliche Aufträge und schufen Werke für öffentliche Gebäude, für Betriebe, Dienststellen, Kulturhäuser oder Schulen. Viele von diesen Werken wurden nach dem Zusammenbruch der DDR abgehängt und eingesammelt. Und wo sind sie jetzt? Wer kennt noch die Namen dieser Maler?

Viele Magdeburger kannten sie, denn sie arbeiteten nicht in Elfenbeintürmen, sondern waren auch in der Stadt zu treffen. Nachmittags manchmal im Café Liliput, dass es leider nicht mehr gibt oder abends im Weinstudio Grün-Rot am Hasselbachplatz, das zu DDR-Zeiten ein beliebter Treffpunkt von Künstlern aller Sparten, auch Lebenskünstlern und von Studenten war. Den Ort gibt es heute noch, aber er heißt jetzt anders und ist eher ein Treffpunkt der Yuppies.

 

Günter Glombitza.

Es ist schwierig alle Namen aufzuzählen, aber ein paar sollten doch genannt werden: Sie hatten meist in Leipzig oder Dresden studiert und kamen Anfang der siebziger Jahre nach Magdeburg und mischten die dort ansässige tonangebende Kulturszene ganz schön auf. Da war zum Beispiel Eckhard Schwandt, fleißig und ideenreich, der wegen Republikfluchtsversuch verhaftet und 1986 von der BRD freigekauft wurde. Von ihm findet man als einem der wenigen noch Bilder im öffentlichen Raum und zwar im Gesellschaftshaus. Oder Helmut Biedermann, viele kennen ihn noch, den langhaarigen Bohemien, der mit seiner Frau Christine, die Bühnenbildnerin war, nach Magdeburg kam. Seine Gemälde waren sehr expressiv und er war enorm produktiv. Heute lebt er im Oderbruch. Unvergessen ist für mich sein Spiegelkabinett auf einer Bezirkskunstausstellung. Diese regelmäßig stattfindenden Ausstellungen waren immer eine gute Gelegenheit, das Schaffen unserer Künstler zu verfolgen. Warum gibt es solche regelmäßige Landesausstellung nicht mehr? Wenn man Biedermann doppelt sah, dann war man nicht betrunken, sondern sein Zwillingsbruder Hans, ebenfalls ein Maler, kam aus Brandenburg zu Besuch. Dessen Grafikzyklus – geboren aus einer schweren Operation – ist mir heute noch unvergesslich, als er im damaligen Klub der Intelligenz in der Hegelstraße ausgestellt wurde. Zwei Zwillingsbrüder mit fundamental anderem Malstil.

 

"Maria Stuart". Helmut Biedermann (*24.06.1940 Halle (Saale)). Malerei, Grafik, Plastik, Kunst am Bau, Theaterplakate, Bühnenbild.

Oder der Bühnenbildner Volkmar Förster, der auch ein begabter Maler war mit seinen Bildern, die anfangs etwas an die naive Kunst erinnerten. Nach dem Fortgang des Regisseurs ging auch er bald vom Theater weg und erwarb einen leer stehenden und fast verfallenden Gasthof in Eschenbach bei Schöneck. Dort veranstaltete er in Jahresabständen die Eschenbacher Festspiele, wo sich viele Magdeburger Schauspieler, Maler und Musiker trafen.

Michael Emig machte zw. 1963 & 1967 eine Ausbildung bei dem Maler & Grafiker B. Grothe in Naumburg. Er besuchte die Abendakademie für Grafik & Buchkunst Leipzig. Nach seinem Diplomabschluss im Jahr 1976 übersiedelte er nach Magdeburg.

Auch Michael Emig, der fleißige und akribische Maler, wie sie nur die Leipziger Schule hervorbrachte, hat Magdeburg verlassen. Wo sind seine vielen nachdenklichen Bilder? Günter Glombitza lebte in Zerbst und war berühmt wegen seiner surrealistischen Gemälde. Wo sind sie? Das Ehepaar Linge, sie Malerin, er Bühnenbildner, gingen auch in den Westen. Ebenfalls die Malerin Petra Bammes. Die schlanken Gestalten auf den Gemälden Günter Gabriels – unvergessen. Auch an Jochen Aue wäre zu denken. Oder an Siegfried Wagner, dem man viele Jahre die Mitgliedschaft im Künstlerverband verwehrte und der zäh um seine Anerkennung rang. Wo findet man Bilder von Günter Pilling, ein Mitbegründer des Verbandes nach dem Krieg zog später nach Leipzig, wo er verstarb. Der „Autodidakt“ Hans Both aus Calbe/Saale, etwas eigenbrötlerisch, in sich gekehrt und enorm produktiv. Es ist mir unmöglich, alle die „Damaligen“ zu nennen, die die reichhaltige Magdeburger Szene der Malerei ausmachten.

"Ausblicke". Eckard Robert Schwandt. Farbradierung/Farbaquatinta, 1978. Maler, Bildhauer & Grafiker, *1942, lebt & arbeitet in Hanau-Steinheim. Er studierte an der Hochschule f. Bildende Künste Dresden. Seit 1991 Kulturbeauftragter d. Burg Ronneburg.

Alle diese Menschen haben ein vielgestaltiges Werk hinterlassen. Vieles davon war an manchen Orten bis zum Ende DDR zu sehen. Wo ist es geblieben? Und wo ist das Magdeburger Museum oder die Magdeburger Gemäldegalerie, die diesen wichtigen Künstlern eine Heimstatt bietet? Es scheint sie nicht zu geben. In diesem Zusammenhang noch eine letzte Frage: vor dem Kunstmuseum befand sich eine ausdrucksvolle Plastik, die an Käthe Kollwitz erinnerte, vor der mancher nachdenklich und meditierend stehen blieb. Sie ist fort. An ihrer Stelle ein metallener „Baum“, den man bestenfalls als „ganz hübsch“ bezeichnen möchte. Wo aber ist die Käthe Kollwitz verblieben – eine Frage, auf die mancher Magdeburger gern eine Antwort hätte. Dr. Paul Franke

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