„Propeller-Wälder“ - Dominanz der Windenergie
Das Land um Magdeburg und seiner Börde ist flach. Weithin sichtbar sind hier die neuen Stahltürme der Windenergieanlagen. Seit 1990 wachsen vielerorts riesige Propeller-Wälder aus dem Boden. So schimpfen Kritiker über die „Verschandelung der Landschaft“. Initiatoren, Forscher, Betreiber und Hersteller der Windparks erkennen hier die Zukunft. Bis Ende 2015 listete eine Tabelle 2.605 Windräder in Sachsen-Anhalt auf. Das Landesministerium für Landwirtschaft und Energie resümierte, dass die Windkraft derzeit mit 32,4 Prozent der wichtigste Stromlieferant in Sachsen-Anhalt ist. Der Windanlagenbauer ENERCON ist Großarbeitgeber in Magdeburg. Die Auricher Mutter unterhält 16 Betriebe in der Elbestadt. Rund 5.000 Mitarbeiter sind in der Region beschäftigt. Nach den Wende-Produktionseinbrüchen der Industrieregion markiert die Neuansiedlung des Rotoren- und Generatorenherstellers einen starken Aufwind.
Die Ressourcenwende befürwortet auch Dirk Nowak. Er ist Vorsitzender im Verein für erneuerbare Energien im Jerichocher Land e.V. Gemeinsam mit Bürgermeister von Biederitz und Bürgern sowie Firmen strebt er die komplette Eigenversorgung von sieben Ortslagen an. Summarisch schon 104 Prozent der Elektroenergie werden hier eigenproduziert. Insgesamt steht allerdings noch ein komplexer Sanierungsbedarf an. Aufgeschlüsselt ist es im „Masterplan zur autarken Energieversorgung der Gemeinde Biederitz“ zu lesen, den Forscher der Universität Magdeburg erarbeiteten.
Aber auch Kritik verstummt nicht. Bauern und Bürger klagen über die „Verspargelung“ der Landschaft und Lärmbelastung. Moniert werden „laxe“ Baugenehmigungen. Während in den Altbundesländern zumeist die Landratsämter nach Bürgerbefragungen die Entscheidungen treffen, hat in Sachsen-Anhalt das Landeswirtschafts- und Energieministerium den Hut auf. Hier wird mit Priorität dafür gestimmt. So in Möckern, wo das Landratsamt dagegen war. Die Windenergie liege hier heute schon weit über dem Sollwert. Neue Bauplätze lägen in windarmen Gegenden. Initiatoren des „Storchenhofes“ Loburg verwiesen auf den nahen Großtrappendurchzug, Milanbesatz und das Auswilderungsgebiet. Die Landesbehörde argumentiert pragmatisch pro neuer Energien: ,Autos überfahren wesentlich öfter Vögel, als Windräder sie schreddern. Trotzdem werden Kfz nicht verboten.‘ (Quelle: Ludwig Schumann, MAGDEBURG-KOMPAKT, Nr. 81). Resümee: Mal säuselt der Wind, mal stürmt er. Uwe-Otto Drewitz