Nachname inklusive

Man heiratet aus vielen Gründen – nehme ich an. Die einen trauen sich aus Liebe, die anderen wegen des Geldes und dann gibt es noch die, die wegen des Nachnamens heiraten. Heutzutage ist es wohl eher modern, dass jeder seinen eigenen Nachnamen behält. Meine Stiefmutter trägt seit diesem Jahr jedoch den gleichen wie mein Vater, der findet, dass das einfach dazugehört, und somit wie ich. Passenderweise war das nicht die einzige Namensänderung 2018.

Mein Bruder wollte heiraten – aus Liebe. Nach einem etwas skeptisch klingenden „aha“, gefolgt von einem Schulterzucken meinerseits stellte sich mir die Frage, wieso mein Bruder denn sowas machen wollte. Nur aus Liebe? Ja, er schien die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Aber deswegen unbedingt heiraten? Das Geld konnte es einfach nicht sein. Jedoch drängte sich mir ein weiterer Gedanke auf. Er würde doch nicht etwa…nein, so sehr verabscheute er den Namen nicht, oder?

Ich entschied mich dafür, einfach auf seinen großen Tag zu warten. Und der rückte immer näher. Die Hochzeit sollte im engsten Kreis von etwa 70 Personen stattfinden, mit Tanz, Spielen und sonstigem Geplänkel. Meine Verwandten reisten selbstverständlich auch an. Und als wir uns bei sengender Hitze ins Auto quetschten und zum Standesamt fuhren, war ich mir meines vorangegangenen Gedankens ziemlich sicher. 

Im Standesamt passierte es: Mein Bruder tauschte seinen alten Nachnamen gegen den seiner jetzigen Frau. Ein Name, der allzu häufig in Deutschland vorkommt. Und zack, war ich einzigartig in dem Raum des Standesamtes. Weit und breit kein anderer Altkrüger zu sehen. Stattdessen ein ganzer Haufen mit allzu geläufigen Nachnamen. Nun war er also nicht nur den Rest seines wenig geliebten Vaters los, sondern konnte auch in der Menge untertauchen – jedenfalls soweit das für einen 1,95 Meter großen Mann möglich ist.

Unsere Familie schaute verdutzt drein. Für sie war das offenbar eine kleine Überraschung. Dabei ist die Nachnamensvielfalt bei uns sehr groß. Und doch erscheint es etwas eigenartig – in unserer ach so gleichberechtigten Zeit –, wenn ein Mann den Nachnamen seiner Frau für sich entdeckt.

Ich freue mich für ihn, dass er seine große Liebe heiraten konnte und gleichsam den nicht so schönen und ungeliebten Nachnamen wenigstens auf den Papieren losgeworden ist. Auf dem Klingelschild wird er wohl noch eine Weile glänzen. Auch wenn mir oft gesagt wird, dass es doch ein schöner Name sei, einprägsam und nicht so häufig, kann ich meinen Bruder auf viele Weisen verstehen. Und ich schaffe es auch irgendwann, den Namen gegen einen anderen einzutauschen – in der Hoffnung, diesen weder buchstabieren noch mehrmals sagen zu müssen. Sophie Altkrüger

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