Mit Liebe zu feinen Stichen

Kerstin Liebe hat sich der Näherei verschrieben – im besten Sinne. Seit acht Jahren sorgt sie für die Kostüme der „Schaubühne“, mit bezaubernden Kreationen für verzaubernde Märchen. Foto: B. Ahlert

Kerstin heißt nicht nur Liebe, sie hat auch eine große: zu Schneiderei und Theater. Beides führt sie zusammen bei der Schaubühne Magdeburg.

Mit der Schneiderei hat sie bereits früh begonnen. Groß gewachsen und von schlanker Statur war die Auswahl an Bekleidung nicht gerade umfangreich, erzählt sie. Es folgt ein kurzes Schulterzucken, dann ein großes Lächeln. „Es hat mir Freude bereitet“, sagt sie dann. Also begann Kerstin Liebe, für sich Bekleidung zu schneidern. Später führte sie die berufliche Wahl in diese Richtung. Die gelernte Näherin qualifizierte sich zur Textilingenieurin, ist als solche heute im öffentlichen Dienst tätig. Als sich die berufliche Chance ergab, zog sie aus der Nähe von Glauchau nach Magdeburg. Dort hatte sie 2004 zum Theater gefunden und gemerkt: „Das ist meins!”. Die Liebe zum Theater ließ sie auch in der neuen Heimat nach einer Herausforderung suchen. Der Weg führte sie zur Schaubühne.

Bühnenkostüme müssen auffällig sein und die Fantasie anregegen, sagt Kerstin Liebe. Das hat sie gelernt in den Jahren. Bis zum letzten Publikumsplatz muss zu erkennen sein, worum es geht. Groß denken bekommt hier eine besondere Bedeutung. Doch Kerstin Liebe schneidert nicht nur und organisiert die Ausstattung für die Aufführungen der Schaubühne, sie steht auch selbst auf der Bühne. Das Repertoire ihrer Darstellungen reichte bisher von der Kräuterfrau bis zur Königin. In diesem Jahr steht Kerstin Liebe vor einer besonders großen Herausforderung: Das Weihnachtsmärchen erzählt die Geschichte von Pinocchio, angelehnt an „Das goldene Schlüsselchen“ von A. Tolstoi, in der Bearbeitung von G.K.P. Meinecke. Die kleine Holzfigur wird zum Leben erweckt und geht auf abenteuerliche Tour durch die Welt. Sie begegnet vielen Tieren. Und da kommt die große Aufgabe von Kerstin Liebe ins Spiel: Die Tierkostüme dafür herzustellen ist ziemlich aufwändig. 9 verschiedene Figuren gilt es zu gestalten. Seit Wochen ist sie mit der Umsetzung beschäftigt – von der Inspiration bis zum konkreten Nähen. Dabei lässt sie sich von der jeweiligen Geschichte inspirieren, stöbert im Internet oder auch im Fundus des Theaters Magdeburg. Bei den Kostümen gilt es, die jeweiligen Besonderheiten herauszustellen, um letztlich eine Mischung aus Tierfigur und Menschendarstellung zu erreichen. Dafür sucht die Schneiderin passende Stoffe zusammen – aus ihrem privaten Fundus oder Spenden. Manchmal sind es nur Stoffreste, aus denen Ohren, Umhänge und andere Roben entstehen. Die müssen zum Spiel passen und manchmal auch „zaubern“ können wie bei der bösen Fee in „Dornröschen“. Derzeit arbeitet Kerstin Liebe am Dress für den Diener-Pudel. Die Schildkröte ist bereits fertig und auch die Ratte. „Die ist sehr schön geworden“, freut sich die Gestalterin. Andere Kostüme sind in Vorbereitung, wie das Heimchen oder die beiden Verführer Fuchs und Kater. Darauf freut sich die Mittfünfzigerin doppelt, denn auf der Bühne wird sie in die Rolle der bösen Samtpfote schlüpfen. „Das wird bestimmt ein Spaß“, sagt sie lachend. Der Wechsel zwischen Rollen-Typen ist Tradition bei der Schaubühne, die Darsteller können sich von Jahr zu Jahr in anderen Charakteristika „austoben“.   

„Pinocchio“ wird eine wunderbare Geschichte, macht Kerstin Liebe neugierig auf die neue Inszenierung. Premiere ist am 7. Dezember um 9 Uhr im AMO. Weitere Aufführungen gibt es am 8. und 9.12. jeweils um 13.30 und 15.30 Uhr. B. Ahlert

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