Mit 230 Sachen im Clio über die Piste
Sachsen-Anhalts einzige Hoffnung: Dominique Schaak beim internationalen Cup 28.-30. April
Das letzte April-Wochenende gibt den Start in die neue Rennsaison des Motorsports. Auftakt ist am 28. April in der Motorsportarena in Oschersleben mit dem internationalen Renault Clio Cup. Zu den 25 Piloten aus 10 Ländern gehört ein Fahrer aus Sachsen-Anhalt: Dominique Schaak (26). Der gebürtige Hallenser, der seinen Lebensmittelpunkt in Wellen (Hohe Börde) gefunden hat, misst sich mit den besten Rennfahrern seiner Klasse.
Eine Rennkarriere war ihm nicht in die Wiege gelegt. Sie begann mit einem Zufallsbesuch: Sein Vater nahm ihn als Siebenjährigen mit zur Kartrennbahn. Der erste Fahrversuch verlief fast rekordverdächtig: „So langsam war wahrscheinlich noch niemand gefahren“, erinnert er sich heute lachend. „Eine rollende Wasserflasche war schneller.“ Doch der Stachel war gesetzt, der Ehrgeiz erwacht. Am nächsten Tag ging’s wieder auf die Bahn. Und - zack! - jetzt brach er den Rekord wirklich. Den Rundenrekord! Seitdem kommt Dominique Schaak nicht mehr vom schnellen Fahren los. Bereits als Zehnjähriger gewann er die Kartmeisterschaft, weitere Erfolge in unterschiedlichen Kartklassen folgten, Landes- und Deutsche Meisterschaften, bis es ihn 2005 zu den Formelboliden zog. Mit 15 fuhr er sein erstes „großes“ Rennen, Formel 1 Junior, kehrte aus finanziellen Gründen jedoch zunächst auf die Kartbahn zurück.
„Das Faszinierende ist das Gefühl von Freiheit, diese Grenzenlosigkeit“, erzählt der Rennsportler. „Man fühlt sich unantastbar.“ Er genießt diese Freiheit – auf der Rennbahn. Privat hält er sich zurück, fährt einen „kleinen Fanzosen“, ganz ruhig. Austoben könne er sich auf der Rennbahn, sagt er. Auf der Autobahn gibt es zu viele Unabwägbarkeiten. Auf der Rennbahn hingegen kann er genau kalkulieren. Jede Bahn kennt er wie im Schlaf, ob Lausitzring, Hockenheim oder Oschersleben. Er joggt alle Strecken ab, geht sie mit dem Ingenieur durch, verinnerlicht sie. Beim Mentalcoach-Test mit geschlossenen Augen (ohne Fahrzeug), schaffte er alle Bewegungen und Aktionen sekundengenau – bremsen, schalten, einlenken ... Das muss fast automatisch gehen, ohne in Routine zu verfallen. Ständige Anspannung, schnelles Reaktionsvermögen sind Voraussetzung. Adrenalin pur.
14 Rundenläufe gibt es am Wochenende, seine Rundenzeit liegt bei 1:45 Minuten. Das sieht man dem kleinen gelben Raser kaum an. Damit ist natürlich das Auto gemeint. Sein Renault Clio hat mit dem Kleinwagen für junge Mädchen maximal die äußere Hülle gemein. Unter der Haube stecken immerhin 250 Pferdestärken. Damit geht es in einer Geschwindigkeit von 230 km/h über die Rennbahn. Ein Tempo, bei dem man sich keine Schwäche erlauben kann. Weder mental noch körperlich. So befindet sich Dominique im täglichen Training, zu dem Ausdauer- ebenso wie Kraftsport gehört. Mit seinen 72 Kilo und 174 Zentimetern Größe hat er ideale Voraussetzungen als Fahrer. Viel Platz ist in so einem Rennwagen schließlich nicht. Zu leicht sein darf er übrigens nicht, dann wird das Auto mit Zusatzgewichten bestückt.
Dominique Schaak ist bereits verschiedene Wagen gefahren, von Mini bis Lamborghini Huracan GT3, holte drei Mal im Chevrolet den Titel bei der Tourenwagen Challenge, gewann letztlich im vorigen Jahr sogar den Driver-Test der GT Masters, allerdings kaufte sich später ein anderer Fahrer ins Geschäft ein, erzählt er. Talent allein genügt eben nicht. „Es sitzen viele Talente zuhause auf der Couch und hätten gern eine Chance.“ Es gehört auch das nötige „Kleingeld“ dazu. Damit mieten sich Fahrer beim Rennstall ein. Mit mindestens 30.000 bis 45.000 Euro pro Saison, beim Tourenwagen Cup (DTC) im Mini waren es 60.000 Euro. Eventuelle Schäden noch nicht einberechnet. Denn dafür kommt der Fahrer selbst auf. In größeren Wagen kommt man schnell auf 100.000 Euro pro Saison. Die Formel 1 - ja, das wäre ein Traum, doch der ist kaum bezahlbar.
Neben Fahrkunst und Rennstall (Dominique fährt für das Ahrens Racing Team Niedersachsen) sind Sponsoren enorm wichtig. Ohne sie könnte er an keinem Rennen teilnehmen. Deshalb bekommen sie ein lukratives Dankeschön, u.a. mit VIP-Karten für Rennen, Medienwerbung durch internationale Auftritte und sie können „Renn-Taxi“ fahren. Nicht von der Haustür zum Kino, sondern wirklich auf der Rennbahn: mit Dominique Schaak durch die Motorsportarena. Das können übrigens auch andere Motorsportinteressierte buchen.
Jetzt jedoch steht erst einmal der Renault-Clio-Cup Europa in Oschersleben im Mittelpunkt. Die Motorsportarena kennt er gut, bereits sein erstes Rennen hatte er hier gewonnen. Das jetzige wird im Livestream im Internet auf der Seite von Renault-Sport.de übertragen. Birgit Ahlert