Liebes-Suche mit kunstvoller Irrfahrt
Anna Bertold befindet sich auf einer Kreuzfahrt durch das Leben und scheint noch immer nicht den richtigen Hafen gefunden zu haben, um das Schiff ihrer Emotionen zu vertäuen. Lange Zeit war sie durch die Welt gereist – zunächst, um der Enge ihrer Heimat zu entfliehen. Doch nach all den Jahren beruflicher Erkundungen auf einem Kreuzfahrtschiff, in denen sie vieles gesehen und auch erlebt hat, zieht es Anna zu ihren Wurzeln zurück. Das Gefühl, wieder zu Hause angekommen zu sein, will sich allerdings nicht so schnell einstellen. Erst eine berauschende Nacht mit einem ihr bis dahin fremden Mann bringt sie ihrer Heimat ein Stück näher. Ein erotisches Abenteuer, von dem Annas beste Freundin Alexandra abrät. Tim, bekannt für seine Frauengeschichten, sei kein Mann für Anna. Trotz aller Warnungen lässt sie sich auf den Unbekannten ein und entdeckt hinter der gutaussehenden Fassade einen Maler und einen Gesprächspartner, der ihre Entde-ckungslust weckt.
Doch die Geschichte wäre zu einfach, wenn Tim als einziger für stärkeren Seegang in Annas Leben sorgen und so das Erreichen des passenden Hafens erschweren würde. Der Pianist Enrik versucht auf seine Weise die Wogen im Meer der Emotionen zu glätten, verursacht jedoch ebenfalls das Gegenteil. Ein atemberaubend schönes Gemälde, ein gefühlvolles Klavierkonzert und wohlformulierte Worte bringen Annas Schiff auf der Suche nach Geborgenheit und Nähe zunehmend ins Wanken. Und auch ihre beste Freundin Alexandra, die als Zuhörerin und Ratgeberin für Annas Dasein eine Konstante bildet, muss – aufgeweckt durch Annas Liebesabenteuer – feststellen, dass das Leben andere Wege geht als die vermeintlich vorgeschriebenen.
Hin- und hergerissen zwischen dem Maler und dem Musiker erhält Anna zudem E-Mails von einem anonymen Schreiber – die Auflösung zu diesem Rätsel gibt diesem intensiven Roman eine Wendung, die nicht unbedingt vorherzusehen ist. Bis die Protagonistin auf ihrer Suche nach dem Richtigen endlich den passenden Hafen ansteuert, hinterfragt sie in Dialogen mit alten, aber auch neuen Bekannten nicht nur die Liebe und das Leben, sondern vor allem ihr eigenes Ich. Thomas Wischnewski erzählt die Geschichte Anna Bertolds in einfühlsamen Worten, eingebettet in philosophische Gespräche und Briefwechsel, die einen tiefen Einblick in das Seelenleben der im Roman agierenden Personen geben und insbesondere zum Nachdenken über die Irrfahrten durch das eigene Leben anregen. Das Einweben der Kunst in ihren unterschiedlichen Gattungen mittels der einzelnen Protagonisten gibt dem Roman zudem einen besonderen Charakter. Und während man beim Lesen über die eigenen Erfahrungen mit der Liebe sinniert, wird man feststellen müssen, dass es nur Wenige gibt, die diese Erfahrungen in solche Worte zu hüllen vermögen. Tina Heinz
Vielleicht Gewissheit
von Thomas Wischnewski
seit Dezember im Buchhandel
Hardcover-Buch, 240 Seiten,
Preis: 22,90 €
ISBN 978-3-9821245-4-4