Gut Reisen vom „Centralbahnhof“
Da, wo heute der Hauptbahnhof steht, ragten ursprünglich die Mauern der Festung Magdeburg in den Himmel. Da die Stadt als festes Bollwerk verschlossen war, bauten die Bahngesellschaften ihre Bahnstrecken vor den Mauern der Stadt. Natürlich verfügten sie über eigene Bahnhöfe.
Sieben kleinere Bahnhöfe gab es bereits in der Stadt, denn jede Gesellschaft unterhielt ihre eigenen Anlagen – untereinander mit allerlei Provisorien verbunden. Dadurch war die Leistungsfähigkeit begrenzt und das Schienengewirr groß. Um einen reibungslosen Durchgangsverkehr und Anschlüsse an den Fernverkehr zu gewährleisten, war eine moderne Anlage erforderlich. Und auch die Reisenden verlangten mittlerweile nach einem komfortablen Bahnhof. Der erste Bahnhof war ab 1846 am Elbufer entstanden; hier endeten die Schienen ganz in der Nähe des Doms. Mächtige Erdaufschüttungen waren erforderlich, um die Gleisanlagen aufzunehmen, denn in der von Wällen umgebenen Stadt herrschte akute Platznot. Um die Bahn überhaupt durch die Stadt führen zu können, war die Installation von drei Toren an den Wällen erforderlich. Reste der Magdeburger Eisenbahntore zeugen am Elbufer noch von dieser Vergangenheit. Den Passagieren standen provisorische Aufenthaltsräume zur Verfügung, und auch der Fahrkartenschalter war zunächst ein Notbehelf. Bereits 1852 hatten die Planungen für einen neuen Hauptbahnhof begonnen. Allerdings dauerte es weitere 20 Jahre, bis sich Magistrat, Bürgerschaft, Ministerien und Eisenbahngesellschaften über Ort und Ausführung geeinigt hatten.
Mit der zunehmenden Industrialisierung und wachsenden Bedeutung Magdeburgs wuchs der Platzbedarf für Bahnhöfe. Ein zentraler Bahnhof war jedoch an dieser Stelle nicht zu realisieren. Sowohl die Stadt Magdeburg als auch verschiedene Eisenbahngesellschaften führten langwierige Verhandlungen mit den Militärbehörden, um ein nicht mehr benötigtes Festungsgelände zu kaufen. 1870 konnten die führenden Eisenbahngesellschaften 33 Hektar des Festungsgeländes im Westen erwerben und legten sofort den Grundstein für einen neuen zentralen Bahnhof. Entstanden ist ein Gebäude mit Sandsteinfassade, das Ähnlichkeit mit einem italienischen Palazzo hatte. Auch das „Vestibül“, die prachtvolle Eingangshalle, hieß die Reisenden stilvoll willkommen: Der neue „Centralbahnhof“ konnte sich sehen lassen. Eigentlich handelte es sich dabei gleich um zwei Bahnhöfe: Die Berlin-Potsdam-Madgeburger Eisenbahngesellschaft nahm 1873 das Westgebäude in Betrieb, den Ostteil teilte sich die Magdeburg-Halberstädter ab 1874 zunächst mit der Magdeburg-Leipziger Eisenbahngesellschaft. Die Bauarbeiten waren aber erst um das Jahr 1893 vollständig abgeschlossen. Ronald Floum