Gründung und Aufhebung des Klosters Althaldensleben

Kloster Althaldensleben um 1860 von der Gartenseite aus. Sammlung Alexander Duncker.

Nach Wienand entwickelte sich der weibliche Zweig des Benediktinerordens aus der religiösen Frauenbewegung des 12. und 13. Jahrhunderts. Sie hatte „eine christliche Lebensgestaltung zum Ziel, die in der Gemeinschaft in Armut und Keuschheit erstrebt wurde.“ Das bedeutete Verzicht auf Güter und Ehren der Welt, Umkehr vom Weg zum weltlichen Wohlstand und eine Hinwendung zu einem Leben, wie man es in den Evangelien vorgezeichnet fand. „So verschieden die Herkunft des einzelnen und das gesellschaftliche Bewusstsein der damaligen Zeit auch waren, einig waren sich alle in der Auffassung, einbezogen zu sein in den göttlichen Heilsplan, der in die ewige Seligkeit einmündet.“

Der Anwalt dieser frommen Frauen war der Augustiner-Chorherr, Kreuzzugsprediger und Bischof von Accon, Jacob von Vitry (1180 bis 1254), der sich bei Papst Honorius III. im August 1216 für sie einsetzte und von diesem erwirkte, dass sie im Bistum Lüttich, in ganz Frankreich und in Deutschland in Gemeinschaftshäusern zusammen wohnen durften, um einander in gegenseitiger Ermahnung im rechten Tun zu bestärken.  Zwei begnadete Frauen ragen aus der Vielzahl heraus: es sind die unter der geistigen Leitung Jacob von Vitrys stehende Maria von Oignies, Vorbild und Mittelpunkt der Frauenfrömmigkeit im Bistum Lüttich, und Mechthild von Magdeburg, eine der größten Mystikerinnen des Mittelalters. Mechthild lebte 31 Jahre als Begine in Magdeburg unter der geistigen Leitung der Dominikaner und fand 1278 Aufnahme bei den nach den Konstitutionen der Cistercienser lebenden Schwestern in Helfta. In Helfta lebte Mechthild noch 12 Jahre und starb im Rufe der Heiligkeit.

Das Nonnenkloster Althaldensleben stellt eine Besonderheit dar, denn hier gibt es nicht das typische Raumordnungsprinzip der Zisterzienser bei der Klosteranlage. Noch merkwürdiger ist der zugelassene Wechsel der Konfession vom katholischen zum protestantischen Glauben in der Zeit von 1562 bis 1674. Der Grund ist dafür nicht bekannt. Obwohl Haldensleben schon 966 urkundlich als hahaldeslevo erstmalig genannt wird, wurde das Dorf Althaldensleben erst 1938 ein Teil dieser Stadt. In diesem Stadtteil findet man noch heute unübersehbar Reste des einstigen Nonnenklosters. Nach Bock soll Graf Gero von Haldensleben um 965 ein Nonnenkloster unter dem Schutze seiner Burg Althaldensleben gestiftet haben. Er schenkte dem Kloster einen großen Teil seiner Grafschaft zum Unterhalt. Doch die Kämpfe des Herzogs Heinrich der Löwe mit dem Erzbischof Wichmann von Magdeburg im 12. Jahrhundert führten 1167 zur Zerstörung der Burg durch Wichmann und das Kloster blieb nicht unversehrt. Die Nonnen sollen geflohen sein. Erzbischof Albert II. erschien am Himmelfahrtstag 1228 in Althaldensleben zur Einweihung des Klosterkirchhofs und erteilte dem Kloster die Bestätigung als Nonnenkloster der Zisterzienser. Es wurde mit Zisterzienserinnen aus dem 1188 gegründeten Kloster Wöltingerode neu besetzt. Anfangs war Althaldensleben der Jungfrau Maria, dann dem Apostel Jakobus und endlich Johannes dem Täufer geweiht.

Die Äbtissinnen entstammten meist dem Adel der Umgebung. So werden genannt Jutta von Dreileben (1344), Elisabeth von Hordorf (1363), Elisabeth von Grieben (1374) u. a. Auch Patriziertöchter aus den Nachbarstädten fanden Aufnahme, so Johanne Margold aus Neuhaldensleben als Priorin (1416) und die Äbtissin Lucie Knorre aus Magdeburg (1461). Jungfrauen aus niederen Ständen wurden nur als Laienschwes-tern zugelassen, sie legten das Klostergelübde nicht ab und waren nicht streng an den Besuch der klösterlichen Gottesdienste gebunden, unterstützten aber die Nonnen in der Armen- und Krankenpflege und in der Wirtschaft.

Der Jungfernstieg als noch heute vorhandene Straße war einst die Grenze zwischen dem Besitz des Klosters und dem der Stadt. Fast 582 Jahre bis zu seiner Aufhebung durch Dekret vom 17.01.1810 von Jerome Bonaparte (1784 bis 1860) als König von Westfalen existierte dort an der Bever im Grenzgebiet von Altmark und Magdeburger Börde dieses Nonnenkloster und bestimmte maßgeblich die Dorfentwicklung von Althaldensleben. In ganz Ostdeutschland besaß der Zisterzienserorden 101 Nonnen- und 31 Mönchsklöster. Die Reformation in Deutschland 1517 führte zur Aufhebung von 51 Mönchs- und 137 Frauenklöstern. Bauernkrieg und Dreißigjähriger Krieg taten ihr übriges. 1251 verschließen sich die Mönche völlig den Nonnen.

Wolmirstedt wurde im Gegensatz zu Althaldensleben 1732 ein reines adliges Stift. Anstelle der Klosterkirche wurde dort die heutige Stadtkirche 1876 errichtet. Zu Althaldensleben wird bei Dehio erwähnt, dass die dörfliche Siedlung bei der ehemaligen Burg nun dem Kloster zugeordnet und damit von erhöhter Bedeutung sei. Weiter heißt es, dass bis 1828/30 die Klosterkirche zugleich Pfarrkirche gewesen sei. Seit dem 18./19. Jahrhundert wurde zwischen Klosterdorf Althaldensleben und Neuhaldensleben bis 1938 unterschieden. Nach Koch waren große Teile Emdens sowie das gesamte Lindhorst dem Kloster zinspflichtig. Seine Blütezeit erlebte das Kloster unter Äbtissin Sophie von Alvensleben um das Jahr 1570 mit 36 Konventualinnen und 30 Laienschwestern. Diese Äbtissin stellte nach Bock 1562 einen evangelischen Priester an, suchte aber dessen Einfluss zu hemmen und lässt erst seit der Kirchenvisitation 1563 das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen.  1577 bekannten sich sieben Nonnen mit Gertrud von Randau an der Spitze zur evangelischen Lehre und 1624 zählt der evangelische Convent nur noch 9 Mitglieder. Der letzte evangelische Geistliche Georg Schmidt verließ 1640 Althaldensleben und die Seelsorge wurde dem Pfarrer von Hundisburg übertragen. Mit dem Tode von Elisabeth Schultzen als letzte evangelische Nonne ist 1674 das Kloster wieder katholisch. Durch Milderung der Klosterzucht und der haushälterischen Verwaltung erreichte das Kloster am Ende des 18. Jahrhunderts noch einmal eine hohe und letzte Blüte.

Während des Dreißigjährigen Krieges mussten die Nonnen wiederholt fliehen und in der Stadt und im Drömling Schutz suchen. Reste von Frühbeeten findet man heute südlich des Ölmühlenteiches, die aber wohl nicht aus der Klosterzeit zu stammen scheinen, da man zu jener Zeit nur Hochbeete mit meist aus Weide geflochtenen Einfassungen kannte. Zwischen Burgstätte und Kloster gibt der Situationsplan von 1808 einen katholischen und einen evangelischen Kirchhof wider. Ein Wirtschaftshof grenzt unmittelbar östlich an das Klausurgebäude. Im Süden davon werden ein kleiner Garten der Äbtissin und ein großer Klostergarten genannt sowie ein kleiner Küchengarten und ein Baumgarten umgeben den Mühlenteich. Hier in Althaldensleben war die Nutzung der Bever mit einem Seitenflussarm ein wichtiger Punkt. So zweigte man zur Klosterzeit ca. einen Kilometer westlich im Klosterpark Wasser der Bever ab und speiste mehrere Mühlenteiche damit. Von den einstmals 7 Klostermühlen ist in Klosternähe nur die Ölmühle erhalten geblieben, die jetzt schon länger für Wohnzwecke genutzt wird.

Nach Bock wies man der letzten Äbtissin Ludowika Dederich mit ihren elf Conventualinnen eine Pension zu. Sie nahm ihren Wohnsitz vorübergehend in der Domäne Glüsig, ehe sie in Althaldensleben ein eigenes Wohnhaus bezog. Dort starb sie am 01. Februar 1812 im Alter von 84 Jahren. Sie ruht in der Kapelle in Glüsig und ein Grabstein erinnert dort an sie. Die Nonnen dagegen waren wieder in ihre Heimat zurückgegangen. Am 13. März 1810 erwarb das Kloster der Magdeburger Großhändler Johann Gottlob Nathusius. Der Klosterpark wurde ab 1820 Bestandteil des heutigen Landschaftsparks Haldensleben-Hundisburg. Volker A. W. Wittich

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