Geschieden nach vielen Ehejahren?
Früher war alles besser! Wer kennt diesen Satz nicht und viele von uns halten diese Feststellung auch für zutreffend. Wird diese Meinung im Zusammenhang mit der Familie und dem Familienleben vertreten, wird oft an die Großfamilie gedacht: Mehrere Generationen leben unter einem „Dach“: Großeltern, Eltern, Kinder und Enkelkinder. Alle leben friedlich zusammen, jeder unterstützt jeden: bei der Landwirtschaft, bei der Kinderbetreuung, bei Krankheiten, in finanziellen Angelegenheiten. Alle unterstützen sich gegenseitig, je nach Alter und Fähigkeiten. Dies war unverzichtbar, denn das Sozialstaatprinzip ist eine Errungenschaft aus der jüngeren Vergangenheit.
Der Wandel von der Groß- zur Kleinfamilie bis hin zum Single-Haushalt hat vor knapp einhundert Jahren eingesetzt. Einhergehend damit hat auch ein weitreichender Wertewandel stattgefunden. Dies äußert sich auch darin, dass Familienleben heute in der Regel in Kleinfamilien mit maximal zwei Kindern stattfindet; oft im eigenen Haus.
Kommt es zu ernsthaften und länger andauernden Konflikten zwischen den Eheleuten fehlt oft die schlichtende Funktion der Eltern und Schwiegereltern und auch die verschiedenen Möglichkeiten zur Streitschlichtung (z. B. Mediation), werden nur wenig genutzt. Für etwa 38 Prozent der Ehepaare endet ein Dauerkonflikt mit der Scheidung. Betrachtet man die Statistik, dann weist diese aus, dass z. B. in Magdeburg die Quote der Scheidungen nach 25 Ehejahren seit 1998 von ca. 8 Prozent auf knapp 20 Prozent gestiegen ist. Und darunter finden sich vermehrt auch solche Verbindungen, die erst im Ruhestand und nach mehr als 40 Ehejahren getrennt werden, oft mit schwierigen Versorgungsfolgen. Es gilt als sicher, dass diese „grauen“ Scheidungen nicht allein mit der höheren Lebenserwartung zu begründen sind. Vielmehr hat der erwähnte Wertewandel auch zum weitgehenden Wegfall gesellschaftlicher Ächtung geführt, wenn sich ein Ehepaar scheiden lässt. Schließlich lassen sich auch bekannte Politiker und höchste kirchliche Repräsentanten scheiden! In vielen Ehen besteht zudem ein Grundkonsens: Der Bund fürs Leben muss nicht „lebenslänglich“ bedeuten.
Der gemeinnützige Interessenverband Unterhalt und Familienrecht e. V. (ISUV) rät: Insbesondere beim Scheitern langjähriger Ehen sollten die Eheleute gut überlegen, ob es unbedingt eine Scheidung sein muss oder ob eine Trennung „genügt“. Dies ist in vielen Fällen mit beiderseitigen Vorteilen – z. B. geringere Gefahr der Altersarmut –, aber auch mit einigen rechtlichen Fallstricken verbunden. Diese können per Vertrag als Trennungsvereinbarung weitgehend ausgeschlossen werden. Auf jeden Fall sollten sich Betroffene rechtzeitig rechtlich informieren. Diese Informationen bietet ISUV bei öffentlichen Veranstaltungen und in persönlichen Gesprächen an. Trauen und informieren Sie sich! Manfred Ernst
Die nächsten Veranstaltungen zum Thema „Ehe gescheitert: Getrennt leben, verheiratet bleiben? – Vorteile nutzen, Risiken kennen“ finden am 5. Juni in Dessau, am 11. Juni in Stendal und am 5. November in Magdeburg statt.