Genussvoll reisen – mit Buch, Wein und Fantasie

Lesen ist wie reisen, nur mit weniger Bewegung.   Ich erinnere mich noch gut, wie mir „Der alte Mann und das Meer“ zum ersten Mal begegnete. Ich fühlte mich nach Kuba versetzt, ohne das Land je gesehen zu haben. Die Fantasie lief auf Hochtouren. Bei den Erinnerungen sehe ich mich noch wie damals am Meer sitzen und in die Weite schauen. Bücher waren für mich schon immer Türen, durch die hindurch ich andere Welten betreten konnte, interessanten Figuren begegnen und verrückte Dinge erleben. Ob es Reisen in andere Länder sind oder unglaubliche Fantasygeschichten. Aber auch die Sicht der bekannten Dinge, wie von regionalen Autoren formuliert, sind interessant und erweitern den Blick darauf.

Mein Zuhause ist von Büchern bevölkert, und so habe ich über Alternativen nachgedacht.
E-Books beispielsweise. Sie erleichtern vor allem das Handgepäck bei Reisen. Auch Buchtausch ist eine gute Alternative. So kann man Autoren und Geschichten kennenlernen, auf die man vielleicht selbst gar nicht gekommen wäre.

Aber manche Bücher brauche ich nach wie vor in Papierform und zuhause, um sie immer mal wieder in die Hand zu nehmen. Meist befinden sich kleine Zettelchen zwischen den Seiten, um besondere Stellen schnell wiederzufinden ... Sich zu erinnern. Neu zu erleben. Es kann sehr reizvoll sein, Geschichten mit zeitlichem Abstand noch einmal zu lesen. Nicht selten entdeckt man andere Gedanken, andere Feinheiten – schließlich bringt man eigene Erfahrungen, eigenes Leben mit ein. Und wie sich Bilder je nach Stimmung anders präsentieren, entfaltet sich auch die Fantasie anders je nach Lebenslage ... Das bringt Überraschungen.  

Andererseits gibt es Bücher, bei denen lohnt es sich, die Autoren lesen zu hören. Besonders unterhaltsam ist das bei unseren Kabarettisten, die auch bei dieser Buchmesse wieder vertreten sind. Da liebe ich es, sie bei Lesungen zu erleben! Weil niemand anderes so betonen kann, wie es geschrieben und ursprünglich gemeint ist. Das Faszinierende: Anschließend, beim eigenen Lesen, höre ich regelrecht ihre Stimme weiter in meinem Kopf, als ob sie weiter vorlesen. Ein herrliches Vergnügen. Ansonsten mag ich Hörbücher eher weniger. Weil sie der eigenen Fantasie zu wenig Freiheit lassen. Und weil es mir nicht schnell genug geht. Ich bin eine Schnellleserin. Im Urlaub schaffe ich schon mal ein Buch pro Tag. Wenn mich eine Geschichte fesselt, geht das auch ohne Urlaub. Und wirkt gleichzeitig als Urlaub vom Alltag.

Am besten ist, wenn man beides verbinden kann: Die gedankliche Reise und die örtliche. Es ist ein besonderes Gefühl, an Plätze zu reisen, über die man gelesen hat. Espresso trinken in Venedig bei Donna Leon oder Mojito in Havanna. Womit ich wieder bei Hemingway bin. Der machte ja nicht nur von sich reden als Literat und Abenteurer, sondern ebenso wegen seiner Leidenschaft zu jenem Minz-Getränk. Jahre nach der Novelle brachte mich eine Reise zu dem Ort, wo sie entstanden sein soll. Südwestlich von Havanna, Finka mit Blick zum Meer. Vielleicht an derselben Stelle stehend wie Hemingway, zwar ohne Mojito, aber den Kopf voller Fantasie, auf die Wellen schauend. Da! Zeigt sich was am Horizont?!

Der Mojito mag etwas für heißere Gefilde sein, ich bevorzuge je nach Wetter eher Kaffee und Tee. Oder einen guten Wein. Nicht irgendeinen zum Durstlöschen. Sondern einen, der so besonders ist wie die Geschichte, in die ich mich vertiefe. Doch mit Wein ist es oft wie mit der Literatur – es gibt eine große Auswahl und von außen ist meist schwer einzuschätzen, ob es wirklich passt. Für mich eine gute Ratgeberin ist Jennifer Stein, von Bottle & Pipe in Magdeburgs Innenstadt. Die Beratung ist individuell, und schnell hat Frau Stein herausgefunden, wohin die Reise bei mir geht. Die kulinarische. Ob leichter Sommertropfen oder der besondere Rote zum besonderen Anlass. Jetzt hat sie mir einen Portwein empfohlen. Ganz ehrlich – danach hätte ich nicht selbst geschaut. Doch auf Sherry und Port haben sie sich spezialisiert, wie ich erfuhr. Die edlen Tropfen sind bis 60 Jahre alt. Erlesenes aus Portugal. Und nachdem wir ausführlich über den Wein philosophieren, reise ich gedanklich in jenes Land. Was erwartet mich dort? Neben gutem Wein? Ich denke an Yann Martel („Schiffbruch mit Tiger“) und seinen neuen Roman „Die hohen Berge Portugals“. Zuvor lasse ich mich jedoch von der Buchmesse inspirieren und versorge mich mit genüsslichem „Futter“ für meine Fantasie.    Birgit Ahlert

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