Fackeln im Shitstorm
Robin Zöffzig gehört zur jungen Generation Maler. Er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Was bedeutet es heute, freischaffend von der Kunst zu leben?
Spätestens seit seinem neuen Wappen für Magdeburg und der Diskussion um die Frage, wie viel Nacktheit ein Bild zeigen darf, ist der Name Robin Zöffzig auch über die Kunstszene hinaus bekannt. Seine freizügige Jungfrau entfachte Diskussion. Dabei ist gerade dieses Detail eine Hommage an das berühmte Werk „Die Freiheit führt das Volk“ (1830), dessen Erschaffer Eugène Delacroix zu Zöffzigs Vorbildern gehört. Seit der Antike gibt es gezeichnete nackte Körper. In der Renaissance wurden legendäre Nacktdarstellungen geschaffen, wie die Statue des David von Michelangelo. Oder denken wir an seine Malerein … Spätestens seit dem 19. Jahrhundert gehört der Akt zum Kunstgenre, wurde Teil künstlerischer Normalität, was jeder Museumsbesucher bestätigen kann – ob nun Freund solcher Darstellungen oder nicht. Dennoch führen nackte Tatsachen heute zu lautem Aufschreien. Nicht nur, aber auch bei Zöffzigs Werken. Hat ihn diese Reaktion getroffen? Der 33-Jährige verneint. Vielmehr war es ein Test anlässlich einer Ausstellung, die den Künstler nackte Tatsachen schaffen ließ. Bereits vor drei Jahren für eine Ausstellung in Lübben. Damals wurden sogar zwei Brüste ausgestellt. „Abgesprochen mit dem Kuratorium.“ Man wollte die Reaktionen testen. Die kamen. Geballt. Zahlreiche Leserbriefe. Das zeigt, wie Kunst bewegt. „Es hat funktioniert.“ Wenn er daran denkt, fühle er sich wie der Till Eulenspiegel auf seinem Bild, erzählt er lächelnd. Und dass das viel diskutierte Wappen nun sogar im Rathaus seinen Platz gefunden hat, freut ihn. Kunst muss provozieren dürfen. Doch darum geht es Zöffzig nicht in erster Linie. Er mag den Umgang mit Farben und Formen. Das seine neue Ausstellung „Fackeln im Shitstorm” heißt (ab 1. Mai in der Galerie Fabra Ars in der Grünen Zitadelle), habe nichts mit der Reaktion auf die Nacktheit seiner Motive zu tun, sagt Robin Zöffzig. Vielmehr beschäftige ihn die öffentliche Sexismusdiskussion und die Kampagne #metoo. Er möchte mit den Leuten ins Gespräch kommen. Aber auch, dass sie seinen Figuren ins Gesicht gucken. Wer weiß, wohin ihn der künstlerische Weg künftig führt. Es gibt noch viele Möglichkeiten, er möchte sich ausprobieren.
Robin Zöffzig, 1984 in Magdeburg geboren, lebt und arbeitet in der Baumwollspinnerei in Leipzig, einem ehemaligen Werksgelände und heutigen Künstlerdomizil. Er hat Design und Kunst studiert, war Meisterschüler an der Burg Giebichenstein. Seine Ausstellungen führten ihn bis nach China und Korea. Doch er kehrt gern nach Magdeburg zurück, betont er. Er mag das Publikum hier. Im vorigen Jahr war er neben Christian Greacza Kurator des Kunstfestivals Opus Aquanett, vor kurzem stand er im Mittelpunkt der Filmpräsenttion „Schön, dass du da bist“ im Moritzhof. Es folgt die Ausstellung in der Grünen Zitadelle, bis es ihn im Juni ins Weiße Haus nach Berlin führt.
Und so kommen wir letztlich auf die Anfangsfrage zurück: Kann man heutzutage von der Kunst leben? Ohne zu zögern antwortet Robin Zöffzig mit einem Ja. Vorausstzung sei: „Der Ofen muss immer am Laufen bleiben.“ Wer viel tut, hat viel zu verkaufen. Neben großen Bildern, Illustrationen und Auftragswerken hat er eine Dozentenstelle an der Designschule Leipzig, bringt den angehenden Designern die Grundlagen des Zeichnens bei. Ausstellungen sind die Highlights. Wenn man dann noch Bilder verkaufen kann … Gehört er also nicht zu den Künstlern, die sich schwer von ihren Werken trennen? Robin Zöffzig lacht. „Ab einem bestimmten Preis ist jeder bestechlich.“ Dann wird er nachdenklich. Doch, manchmal ist das so, sagt er dann und erzählt von einem Bild, dessen Verkauf ihn anschließend so schmerzte, dass er es wieder zurückkaufen wollte. Doch man müsse Realist sein. Nicht jedes Bild könne bei ihm bleiben. Bei anderen freut er sich, sie öffentlich präsentiert oder bei Sammlern zu sehen. „Dann bin ich versucht, ein Foto davon zu machen“, meint er augenzwinkernd. Doch das würde er ja doch nicht drucken und aufhängen. Also lässt er es. Birgit Ahlert