„Eisbären will jeder retten, an mich denkt niemand!“

Leben ist Veränderung. Am Ende des Jahres rückt das Weihnachtsfest unweigerlich in den Mittelpunkt und mit ihm der Weihnachtsmann. Dessen Angelegenheiten, einmal Geschenke zu verteilen, erscheinen unveränderlich. Doch der Schein trügt. Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmann über Wandel, Anpassungszwänge und menschliche Ignoranz.

Weihnachtsmann, ist es dieses Jahr wieder wie im vergangen: Du kommst am Heiligen Abend und verteilst Geschenke?
Weihnachtsmann: So wird es wohl noch einmal sein. Ob das in Zukunft so weitergeht, dafür kann ich keine Garantie übernehmen.

Wie meinst Du das? Weihnachten ist immer.
Das glaubt man. Doch überall ist Klimawandel. Da ändert sich auch das Weihnachtsklima. Ich bleibe am Nordkap nicht davon verschont. Sitze doch jetzt öfter schon auf Sand als im Schnee. Irgendwann kann ich nicht mehr mit dem Schlitten aufbrechen. Was dann? Wie soll ich zu den Kindern kommen?

Verstehe. Und das, obwohl Du mit Rentier getriebenem Gefährt eine vorbildliche CO2-Bilanz vorweisen kannst.
Richtig. Die Menschheit will die Eisbären retten, die gefährlichsten Raubtiere der Welt, aber denkt kein bisschen an den Weihnachtsmann und meine Lebensgrundlage.
Du könntest doch jedem Geschenk einen Aufklärungsflyer beilegen.
Wer liest schon Beipackzettel mit Risiken und Nebenwirkungen?

In ganzer Konsequenz hieße das, Du siehst deine Existenz bedroht?
Ja. Nur interessiert das niemanden. Als Weihnachtsmann ist man genauso selbstverständlich, wie alles, an was Menschen glauben. Bis es eben eines Tages vorbei ist. Und dann ist die Jammerei meistens groß.

Moment mal, gegen menschliche Einflüsse beim Klimawandel engagieren sich weltweit Millionen Leute.
Protest ist toll, Glauben noch toller. Gleichzeitig machen Europäer und Amerikaner ihre Lebensweise zum weltweiten Vorbild, verteufeln aber alles, was sie selbst ausmacht. Ist schon komisch, wie religiös für das Gute gegen den Wandel gelabert wird, um gleichzeitig weiter und schneller durch die Welt zu jetten oder in immer größer werdenden Wohnungen immer mehr Klimbim zu stellen.

Also ich glaube, der Trend geht zum Selbermachen.
Naivling. Um etwas selbst zu machen, muss man ja noch mehr Rohstoffe für die eigene Weiterverarbeitung heranschaffen.
Du bist zynisch. Das passt nicht zum Weihnachtsmann.
Ach was? Früher habe ich mal Socken und Pullover, Gebäck und Bücher zu Weihnachten verschenkt. Heute schleppe ich Computer, Smartphone und diesen ganzen Kram in die Wohnstuben. Da soll man nicht zynisch werden?

Was wäre ein Ausweg?
Ich mache es wie die Eisbären: Wenn man gefährlich ist, wollen dich Menschen retten. Anstatt Geschenke zu bringen, komme ich im nächsten Jahr und nehme sie einfach weg. Sollen die doch mal die Auswirkungen des Klimawandels sehen. Es ändert sich nämlich ebenso das Weihnachtsklima.

Das sind keine schöne Aussichten.
Papperlapapp, das sind beste Aussichten. Menschen ändern nur etwas, wenn das Kind schon im Brunnen liegt. Davor ist der Glaube, dass alles gut werde. Dieses Jahr ist die letzte Chance, nächstes wird nicht gegeben, sondern genommen.

Aber Schenken ist doch etwas Schönes.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Der Weihnachtsmann kann auch in der Wüste wohnen und mit Kamelen zum Fest erscheinen. Es glaubt doch ohnehin jeder, was er will. Warum sollte ich mir über Geschenketrubel den Kopf zerbrechen?  (tw)

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