Domprobst und Baumeister
Giovanni Simonetti (1652 – 1716) – Magdeburger Domprobst und mehr. Ein Porträt anlässlich seines 365. Geburtstages am 14. Dezember 2017.
Giovanni Simonetti wurde 1652 als Sohn des Maurermeisters Simone Simonetti in Roveredo im schweizerischen Kanton Graubünden geboren. Sein Bruder war Giulio Simonetti. Er lernte in Italien die Baukunst, Bildhauerei und Arbeit in Gips. Simonetti entwickelte sich vom Maurermeister hin zum in Deutschland und in Osteuropa gefragten Stuckator; vor allem in Kurbrandenburg und an den Fürstenhöfen in Anhalt. Bevor er in Deutschland tätig wurde, soll er sich in Böhmen bei größeren Bauten wie dem Bau des Czernini-Palastes in Prag ab 1670 beteiligt haben.
Dorothea, Witwe des Herzogs Christian von Lüneburg, ließ in Schwedt an der Oder als zweite Ehefrau von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandeburg einen Neubau errichten, bei welchem Simonetti die Stuckierung übernahm. In Kurbrandenburg wurde er beim Bau des Friedrichwerderschen Rathauses in Berlin in den Jahren 1672 bis 1678 und ab 1675 beim Bau des Junkerhauses in Frankfurt/Oder tätig. Vermutlich war er bei der Stuckierung des Jagdschlosses Klein-Glienicke bei Potsdam beteiligt. Simonetti war 1701 bis 1708 Ausführender der Deutschen Kirche in Berlin nach Entwurf von Martin Grünberg.
1680 wurde er im Breslauer Dom in Schlesien und bei der Stuckierung zweier großer Seitengewölbe der Elisabethkapelle tätig. Nur zwei Jahre später berief Kurfürst Friedrich Wilhelm Simonetti als Hofstuckator nach Berlin. Bereits 1683 wurde er zum Hofmaurermeister ernannt, weshalb Simonetti auf dem Friedrichswerder in Berlin vorerst sesshaft wurde. 1687 tat er sich besonders durch seine Arbeit als Baumeister in Barby/Elbe beim Bau des zweigeschossigen Barockschlosses nach Plänen von Johann Arnold Sehring für Herzog Heinrich von Sachsen-Weißenfels hervor.
Überliefert ist neben den Zeichnungen von Simonetti von der Haupt- und Gartenfront des ab dem 31. Mai 1681 errichteten Schlossneubaus von Zerbst durch den Baumeister Cornelis Ryckwaert 1699, dass er nach dem Tode von Ryckwaert am 9. November 1693 – zu diesem Zeitpunkt gab es nur einen flügellosen Mittelbau in Zerbst – sein Nachfolger wurde. In den Kammerrechnungen bis 1708 wird Simonetti als bestallter Fürstlicher Anhalt-Zerbster Hof- und Landbaumeister aufgeführt.
Zuvor hatten sich beide schon beim Bau der Zerbster Trinitatiskirche ab Februar 1682 mit kirchlicher Weihe am 16. Oktober 1696 verdient gemacht. Diese protestantische Kirche war nach der Reformation am 31. Oktober 1517 der erste Bau eines Gotteshauses in Anhalt. In Anlehnung an die Amsterdamer 0osterkerk als Bau von Daniel Stalpert entstand ein Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes, in dessen Ecken quadratische Anbauten gesetzt sind. Im Kircheninneren gibt es eine von allen Seiten sichtbare Kanzel. Somit ist der Prediger überall gut verständlich zu hören. Die große Altarschauwand mit seitlichen Durchgängen ist das Werk von Simonetti von 1690. Für die gewaltige ziegelgedeckte Pyramide als Bedachung gab es in Holland kein architektonisches Vorbild und was noch erstaunlicher ist: Es fand keine Nachahmung.
Das Zerbster Schloss war das größte und bedeutendste Barockbauwerk in Anhalt. Die dreiflügelige Anlage entstand in verschiedenen Etappen von 1681 bis 1748. Zunächst der Mittelbau für den Fürsten Carl Wilhelm von Anhalt-Zerbst nach Plänen von Ryckwaert. Danach, bis vermutlich 1743, der linke westliche Schlossflügel ausgeführt unter Johann Christoph Schütze und in der Zeit von 1744 bis 1749 unter Friedrich Friedel angeblich nach Plänen vom preussischen Baumeister Georg Wenzeslaus Freiherr von Knobelsdorff (1699 – 1753) der östliche Flügel. Der Westflügel wurde auch Wohnsitz der späteren russischen Zarin Katharina II. bis zu ihrer Abreise am 8. Januar 1744 per Kutsche an den Zarenhof in St. Petersburg.
Belegbar durch um 1747 entstandene Zeichnungen von Knobelsdorff sind Simonettis Entwürfe für das Dessauer Residenzschloß, wo er beim Johannbau von 1748 bis 1751 mitwirkte. Nach Udo von Alvensleben gehen die Gestaltung des Mittelsaals, mit seinem kolossalen Stuckplafond, und die schwere prunkvolle Architektur der im einstigen Westflügel auch untergebrachten Kapelle auf Simonetti zurück. Alles fiel am 16. April 1945 einem Luftangriff mit Brandbomben zum Opfer, wodurch alle Schlossflügel ausbrannten. Ein Teilabriss folgte später. Hierbei blieb lediglich die Ruine des Ostflügels erhalten. Sie wird seit einiger Zeit über einen städtischen Förderverein rekons-truiert.
In den Jahren 1708 bis 1711 war er im Auftrage von Herzog Heinrich von Sachsen-Barby als Bauleiter beim Bau der Probstei am Magdeburger Dom tätig, um sie auch zu stuckieren. In jener Zeit siedelte er auch nach Magdeburg über. 1712 wird er in Barby als fürstlich-sächsischer Baumeister genannt und drei Jahre später erfolgt seine letzte Erwähnung in der Region um Magdeburg.
Am 4. November 1716 starb Simonetti in Berlin und galt als der bedeutendste Stuckator in der Zeit des führenden Meisters des norddeutschen Barock Andreas Schlüter. Dipl. Ing. Volker A. W. Wittich, Magdeburg