Digitales Lernen: Chancen für die Bildung

Das digitale Lernen ist den Kinderschuhen entwachsen. Die bislang vorherrschende Wissensvermittlung „nach dem Push-Prinzip“ hat zwar die Medienvielfalt und -nutzung verändert, Lernmethoden oder -inhalte haben sich aber nicht im gleichen Maße weiterentwickelt. Schulen verantworten heute meist noch selbst die Planung, Bereitstellung, den Betrieb und die Administration der kompletten IT-Infrastruktur. Damit findet man an Schulen gewachsene, extrem individuelle Netzwerke und Lösungen, die sich nur mit hohem persönlichen Einsatz der Lehrkräfte sowie hohem finanziellen Aufwand des Schulträgers betreiben lassen.
Da das Angebot an digitalen Lerninhalten stetig wächst – und mit ihm die weitreichenden Vorteile, die sich Institutionen im Bildungsbereich dadurch bieten – ist eine Sammlung digital aufbereiteter und ständig aktualisierter Lerninhalte, die jedem Beteiligten immer und überall zur Verfügung stehen, nun der nächste logische Entwicklungsschritt. Bessere Lernergebnisse durch den Einsatz eines optimalen Medien-Mixes, örtlich und zeitlich unabhängige sowie system- und geräteübergreifende Vermittlung der Inhalte: All das trägt letztlich zum Erfolg eines ambitionierten pädagogischen Konzeptes bei.
Um dies zu gewährleisten, ist die Definition der pädagogischen Anforderungen an eine IT-Architektur essentiell. Hierzu gehört es, geeignete didaktische Methoden sowie aktuelle und zukünftige schulpolitische Themen herauszukristallisieren. Es muss dabei sichergestellt werden, dass die IT-Architektur die didaktische Wahlfreiheit und die Autonomie der Lehrkräfte zulässt und unterstützt.
Zudem sollte der Paradigmenwechsel von der passiven Wissensvermittlung zum aktiven Wissenserwerb bekräftigt werden. Denn dieser gewinnt durch die weltweit mit hoher bildungspolitischer Priorität postulierten Forderung nach mehr individueller Förderung und somit nach Individualisierung des Unterrichts an Bedeutung. Weil durch diese Individualisierung die eigenaktive und damit verständnisintensive (konstruktive) Erschließung und Aneignung von Wissen ins Zentrum rückt, werden kognitive Lernwerkzeuge, die den subjektiven Wissenserwerb unterstützen, zu einer Schlüsseltechnologie für das zukunftsorientierte Lernen.
Im Europäischen Maßstab gibt es bereits Konzepte für eine moderne, informationstechnologische Lernumgebung der neuen Generation – einer „persönlichen Lernumgebung“ im Primär- und Sekundärbereich. Hierbei sollen sowohl die unterschiedlichen individuellen Lernstile von Schülerinnen und Schülern aber auch der Zugriff über diverse technische Geräte berücksichtigt werden. Das Land Sachsen-Anhalt und die Otto-von-Guericke Universität sind an dem EU-Projekt IMAILE beteiligt, in welchem persönliche Lernumgebungen definiert werden.
Um unterschiedliche Konzepte in ein sinn- und wirkungsvolles Lernen umzusetzen, ist es wichtig, sich nicht vordergründig auf die Hardware und den digitalen Content, sondern auf die Software zu fokussieren, die als universelles Werkzeug für den Wissenserwerb Lernende in ihren zunehmend selbstverantworteten Lernprozessen unterstützt. Für diese neue Kategorie von Lern- bzw. Wissenswerkzeugen müssen also zwei grundlegende Fragen beantwortet werden: Was bedeutet Wissen? Und: Wie gelingt Lernen? Das Lernziel der Wissenskompetenz als Schlüsselkompetenz für zukunftsorientiertes Lernen – so sieht es auch die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) im Kontext von PISA – gibt darauf eine Antwort: Schülerinnen und Schüler sollen zunehmend in der Lage sein, sich Wissen eigenverantwortlich, selbstorganisiert und somit verständnisintensiv aneignen zu können.
Bildung ist die beste Investition in die Zukunft einer Gesellschaft. Auch zwölf Jahre nach der ersten PISA-Studie hat das Thema nichts an Bedeutung verloren. Das Bildungssystem in Deutschland kann und muss gezielt optimiert werden, um die soziale und wirtschaftliche Stellung unseres Landes langfristig zu sichern. Nur in einer Umgebung, in der Struktur, Lösungen, Inhalte und das pädagogische Konzept perfekt aufeinander abgestimmt sind, können unsere Schüler erfolgreich lernen und wachsen. Olaf Kleinschmidt

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