Die Welt schaut nach Magdeburg

Die Deutsche Theater-Ausstellung 1927 in Magdeburg zählt sicherlich zu den ambitioniertesten Projekten, die es je gegeben hat. Sie war das absolute Highlight in den 1920er Jahren. Das Konzept sah vor, Theater komplett – ohne jede lokale oder thematische Begrenzung – zum Ausstellungsobjekt zu erheben. Das Publikum sollte Stellung zum Phänomen Theater beziehen, seine „Kulturmacht" erkennen und dem Theater zu neuem Aufschwung verhelfen. Nachdem Berlin Jahrzehnte lang als Kulturmetropole galt, kam nun auch die „Provinz" groß heraus.

Die Magdeburger Schau zeigte Bühnenmodelle und Bühnenbilder. Außerdem vermittelte sie einen Überblick über die Entwicklung an deutschen Bühnen, über die Arbeit von Regisseuren, Bühnenbildnern und Architekten. Auch Kostüme, Masken, Regiebuch und Requisiten des Marionettentheaters waren zu sehen. Außerdem bot die Ausstellung Informationen zu Bühnenbetrieb, Beleuchtung und Ausbildung. Die Resonanz beim Publikum war überwältigend und übertraf sämtliche Erwartungen: Tausende und Abertausende kamen – und nach der Wiener Theaterausstellung von 1892 blickte die kulturelle Welt nun auf Magdeburg.

 

Anlässlich der Deutschen Theaterausstellung im Jahre 1927 wird auf dem Ausstellungsgelände im Rotehornpark aber auch eines der schönsten Gebäude des Neuen Bauens errichtet: Die Stadthalle Magdeburg. Gegenüber dem Dom, am Strom gelegen, entstand in kürzester Bauzeit die seinerzeit modernste Stadthalle Deutschlands mit einer der modernsten Orgeln Europas. Von einem „würdevollen Monumentalbau“ wird da geredet. Und in der Tat: dem Magdeburger Stadtbaurat Johannes Göderitz ist ein Baukörper gelungen, der Größe (22 Meter hoch, 100 lang und 50 breit) und Eleganz miteinander verbindet: Der Magdeburger Neue Bauwillen hat sein Werk für repräsentative Ansprüche geschaffen.

Am 28. Mai 1927 öffnet die Stadthalle ihre Türen als Konzert- und Kongresshaus. Die säkularen Orgelmusiken ziehen sonntags bis zu 2.000 Besucher an. Weltberühmte Dirigenten wie Wilhelm Furtwängler oder Otto Klemperer äußern sich begeistert über die Akustik der Stadthalle. Leider ist diesem großartigen Bau nur eine verhältnismäßig kurze, dem eigentlichen Zweck dienende Funktion beschieden. Der Zweite Weltkrieg verändert die Situation grundlegend. Am 1. September 1944 wird die Stadthalle Lazarett. 1945 wird sie durch den großen Luftangriff am 16. Januar in Mitleidenschaft gezogen, schließlich durch amerikanisches Artilleriefeuer während der Befreiung der Stadt stark zerstört. Mehr als zehn Jahre dauert der Wiederaufbau. Er wird möglich durch den Willen der Magdeburger Bürgerschaft. Fast eine Million Mark an Spenden und Arbeitsleistungen setzen die Bezirksparteiführung der SED unter Handlungsdruck. Freilich bringt der Wiederaufbau erhebliche Veränderungen am Baukörper mit sich, die dem ehemals nach oben strebenden Impetus des Gebäudes den Schwung nehmen. Auch der akustische Glanz – erreicht durch den gesamten Innenausbau mit Holz – ist mit dem Wiederaufbau dahin. Die Orgel kann nicht mehr gerettet werden. Trotzdem ist die eigentliche Leistung des Wiederaufbaus die Erhaltung des sonst dem Verfall preisgegebenen Baukörpers, seine Bewahrung für die Zukunft. Am 19. April 1966 wird die Stadthalle wieder der Öffentlichkeit übergeben. (rf)

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