Die Musikmaschine der Renaissance

Am 7. April erklang nach fast zehn Jahren die Musikmaschine, das wohl originellste Instrument; Neubau im einstigen Zisterziensermönchskloster Michaelstein im Blankenburger Ortsteil Oesig. Die verbriefte Klostererwähnung reicht ins Jahr 1152 zurück. Vielleicht werden sich Besucher fragen, wer der geniale Planer dieses Instruments war. Der Schöpfer hieß Salomon de Caus und lebte von 1576 bis 1626. De Caus war ein französischer Architekt, Ingenieur und Physiker, der nach Reisen in Italien und einem längeren Aufenthalt in Belgien am Hofe des Erzherzogs Albert 1610 an den Hof Jakobs I. von England übergesiedelt war. 1614 trat er in pfälzische Dienste und siedelte 1620 nach Paris über, wo er 1626 starb.

Die bedeutendste Gartenschöpfung des frühen 17. Jahrhunderts in Deutschland war der „Hortus Palatinus“ am Heidelberger Schloss. Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz verpflichtete Salomon de Caus für das gewaltige Unternehmen. Man vermutet, dass seine Berufung nach Heidelberg mit der Heirat Friedrichs V. 1613 mit der Tochter Jakobs I. zusammenhängt. Er hat den Heidelberger Garten nie ganz vollenden können und dafür 1620 die Entwürfe geliefert. Ist diese Anlage bis auf Reste auch untergegangen, so blieb ihre Einzigartigkeit doch anschaulich in einem durch Text erläuterten Stichwerk von ihm überliefert. Dieser viel gelobte Hortus Palatinus wurde als „achtes Weltwunder“ gepriesen und noch heute gilt das Schloss Heidelberg als berühmteste Schlossruine der Welt! Nach den rheinland-pfälzerischen Denkmalpflegern Ketterer und Metz handelt es sich hierbei um die Perle der Kurpfalz und Inbegriff malerischer Burgenromantik. Schon um 1300 gab es dort eine wehrhafte Burg, welche im Laufe der Jahrhunderte zu einer der repräsentativsten Residenzen der Hochrenaissance entwickelt wurde und die Familiengeschichte der Wittelsbacher eindrucksvoll widerspiegelt. Bevor sich Salomon de Caus in Heidelberg als Gartenarchitekt einen Namen machte, dokumentierte er 1615 bereits in einem seiner Werke diese Wasserorgel als „magische Maschine“. Sie besteht aus drei Wasserrädern aus Eichenholz, die eine Stiftwalze sowie die Bälge einer Orgel und eine Nymphe mit Delphin in einem Wasserbecken bewegen. Ihr Erfinder konnte sie wegen des 1618 beginnenden Dreißigjährigen Krieges angeblich nicht mehr selber bauen. Erst 1998 vor 21 Jahren wurde dieses einzigartige Instrument durch Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen als Forschungsprojekt nach seinen Beschreibungen nachgebaut. Wie groß muss das Erstaunen gewesen sein, dass diese originelle Wasserorgel tatsächlich funktionierte.

Vor 16 Jahren, 2003, erwarb schließlich die Stiftung Kloster Michaelstein dieses Instrument und zeigte es bis 2009 in der Alten Scheune. Eine Umnutzung des Gebäudes führte 2010 zur Einlagerung der Wasserorgel. Nun wird sie der Öffentlichkeit wieder dauerhaft gezeigt. Jeder, der das Instrument in Funktion sehen kann, wird davon fasziniert sein. Man kann nur hoffen und wünschen, dass die prächtige Anlage in der Instrumentensammlung des Klosters Michaelstein nicht nur für mehr touristischen Zuspruch sorgt, sondern auch der „Blütenstadt am Harz“, der Stadt Blankenburg, einen besseren Bekanntheitsgrad beschert. Es ist dem leider viel zu früh verstorbenen verdienstvollen Dirigenten des Telemann-Kammerorchesters und Musikwissenschaftlers Dr. Eitelfriedrich Thom (1933 - 1993) zu verdanken, dass dieses Kleinod klösterlicher Bau- und Gartenkunst schon früh in seiner Bedeutung erkannt und zu DDR-Zeiten dort mit der Sanierung bereits begonnen wurde. Ab 1968 war das Kloster Spielstätte dieses noch heute existierenden Orches-ters und Michaelstein wurde zu einem klangvollen Namen in der Musikwelt der Klassik.

Ganz im Sinne der zisterziensischen Manier „Porta patet, cor magis“ (Das Tor steht offen, noch mehr das Herz) konnte Hilde Thoms aus Blankenburg zu Lebzeiten Dr. Thom 1988 davon überzeugen, auf der Südseite des ehemaligen Refektoriums (Speisesaals der Zisterziensermönche) diesen eins-tigen Kräuter- und Heilpflanzengarten nach den Plänen des schweizerischen Klosters St. Gallen zu rekonstruieren. Ihm folgte der Gemüsegarten auf der Ostseite der Klausur. Dieser Klosterplan aus der Schweiz gilt heute noch als idealtypischer Plan einer Benediktinerabtei und ihrer Gartenanlagen. In Blankenburg gab es bereits mit dem Volkmarskeller im oberen Klostergrund eine Erstbesiedlung, die zu Quedlinburg gehörig mehr den Status einer Einsiedelei besaß. 1152 bestätigte jedenfalls Papst Eugen III. als Zisterzienser die Neugründung an der Stelle, wo man nun seit über 800 Jahren dieses ehrwürdige Kloster findet. Gründerin war die Quedlinburger Äbtissin Beatrix mit Mönchen aus Kamp bzw. Altenkamp vom Niederrhein.

Ein anderer Papst Innocenz III. bestätigte im Jahre 1210 dem Kloster seine sämtlichen Besitzungen und zählt dazu auch die Weinberge, von denen man einen nordöstlich der Klausur im Gelände unschwer erkennen kann. Um die gartengeschichtliche Entwicklung dieses einstigen Zisterziensermönchsklosters zu verdeutlichen, sollte dieser Hügel wieder zum Weinberg gemacht werden. Ebenso wäre im Inneren der Klosterklausur die Rekonstruktion des nachweisbaren einstigen Kreuzgartens wünschenswert. Alles wohltuend ergänzt durch die anmutige Teichlandschaft aus früherer Klosterzeit und die einstige Umfassungsmauer sollte man zumindest durch geschnittene Hecken andeuten.

Bedauerlich ist, dass man in Michaelstein keine Vorstellung von der einstigen Größe der Klosterkirche bekommt, was man am Kloster Walkenried im Südharz durch Streifenfundamente vorbildlich machte. Vorgelagert nach Norden befand sich der Baumgarten als zugleich einstiger Friedhof der Mönche und Streuobstwiese, die auch wieder als solche rekonstruiert werden sollte. Das Kloster Michaelstein wurde 1997 als Gründung vom Bundesland Sachsen-Anhalt in eine Stiftung mit einem Musikinstitut für Aufführungspraxis überführt und dort 2002 die Landesmusikakademie angesiedelt. Seit 2005 verwaltet die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt dieses Kloster. Simon Sosnitza betreut heute das Museum mit den Klostergärten. So kann man davon ausgehen, dass es dort zunehmend besser gelingt, Klos-tergeschichte mit rekonstruierten Gartenbereichen und dem klingenden Instrumentenmuseum eindrucksvoll zu verbinden. Vielleicht kann es 2021 zum 875-jährigen Klosterjubiläum neuen Glanz innerhalb und außerhalb der dortigen Klostermauern geben und mit der neuen mobilen Präsentation der Wasserorgel eine würdige Gedenkstätte für dieses Universalgenie Salomon de Caus im Ostharz entstehen. Volker A. W. Wittich

Weitere Informationen zum Kloster Michaelstein unter: www.kloster-michaelstein.de

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